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Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Titel: Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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dreißig und der ältere von uns beiden. » Ja. Ich habe nich das Verlangen, eine andere Frau zu heiraten.«
    » Das solltest du aber. Nich die Hochzeit an sich war der Fehler; es war die Braut.«
    » Sprich nich schlecht von den Toten, Jaimie.«
    » Nein, das tue ich nich. Ich spreche nich schlecht über sie, ich sage nur die Wahrheit. Sie war stürmisch, und sie hat diese Seite in dir hervorgelockt. Du wärst ruhiger und gesetzter geworden, hättest du ein anderes Mädchen geheiratet. Jemanden wie meine Tess.«
    Ich konnte mich gerade noch rechtzeitig davon abhalten, mich zu schütteln. Tess war rein äußerlich attraktiv, aber sie hatte die Seele einer Pedantin, die Vorstellungskraft einer Selberzecke und absolut keinen Sinn für Humor. Das Einzige, was Tessrym zum Lächeln brachte, war der Anblick von gekochtem Essen oder gut gewebtem Stoff.
    Ich legte rasch meinen Tagaird und mein Hemd ab und bückte mich, um mich zu waschen.
    Er sprach dessen ungeachtet weiter. » Ich liebe dich wirklich sehr, Bruder, aber deine stürmische Art hat mich häufig beunruhigt.«
    Das Wasser tropfte immer noch an mir herunter, während ich ihn erstaunt anstarrte. » Meine stürmische Art? Was für eine stürmische Art?«
    » Oh, komm schon, du weißt, was ich meine. Du bist wie Onkel Garwin, immer darauf aus, nach unten zu gehen. Und dann, wenn du hier bist, experimentierst du immerzu mit deinen Kräutern und deinen Heilgetränken, oder du liest deine Bücher, auch wenn du bereits der beste Arzt bist, den wir auf dem Dach haben. Und zwar mehr, als normal wäre, Junge.«
    » Es könnte sein, dass du einmal mehr als glücklich über meine Fähigkeiten sein wirst. Dann nämlich, wenn ein Kind von dir krank wird.«
    Er zuckte mit den Schultern und lächelte mich schuldbewusst an. » Oh ja, da gebe ich dir recht. Weshalb ich dir auch keine Vorwürfe mache. Aber es macht mir Sorgen, trotzdem, denn ich sehe nich, dass du glücklich bist, Junge. Du passt nich in die Form.«
    In die Form passen. Bei der Schöpfung, wie oft hatte ich den Ausdruck gehört, während ich aufgewachsen war. » Du musst in die Form passen, Kel.« – » Zerbrich die Form nich, Junge.« – » Du musst deinen Platz finden, und du wirst ihn nich finden, solange du nich in die Form passt.«
    Ich sagte gereizt: » Ich bin ein Hochländer, Jaimie. Ich gehöre hierher, und ich habe nie etwas getan, das auch nur ein einziges Tharngesetz gebrochen hätte, seit ich ein Junge war.« Zumindest nicht in der Himmelsebene.
    » Nein, natürlich nich«, sagte er hastig. » So etwas würde ich dir auch nie vorwerfen. Aber für die meisten von uns is die Form der natürliche Ort, an dem wir uns aufhalten. So sollte es sein. Es bekümmert mich, dass du es nie so empfunden hast.« Er wechselte das Thema, sich bewusst, dass es Orte gab, die ich nicht aufsuchen wollte. » Dieses Mädchen, das du mitgebracht hast, die Junge. Ich habe noch nie eine solche Schönheit gesehen.« Er verdrehte die Augen.
    Ich versuchte, seine Stimmung aufzunehmen. » Und das sagst du als verheirateter Mann! Schäm dich! Komm, gib mir mal das Handtuch.«
    Er warf es mir zu. » Tess würde mir die Augen auskratzen«, sagte er reuevoll. » Aber tatsächlich is es so, wenn mich überhaupt irgendein Mädchen in Versuchung führen könnte, dann wäre es die da. Schade um ihren Arm.« Er versetzte mir einen leichten Schlag auf den Rücken und verließ das Zimmer.
    Kaum war die dicke Wolldecke, die als Tür diente, wieder an ihren alten Platz zurückgeschwungen, wurde sie erneut gehoben. Es war meine Mutter. Einen Augenblick stand sie einfach nur da und rührte sich nicht. Ich wusste, was sie tat; sie nahm meinen Geruch in sich auf. Es gab ein Sprichwort in der Himmelsebene: Der Nase der Mutter kann man nicht entrinnen. Wer immer das erfunden hat, hatte eine Mutter, die genauso war wie meine; sie war der Fluch meiner pubertären Existenz gewesen, da sie immer genau wusste, wenn ich jemanden begehrte, und auch, welches Mädchen es war. » Du bist in größeren Schwierigkeiten, als du erzählt hast«, sagte sie unverblümt.
    Mütter. » Vielleicht.« Ich ging zu ihr und berührte ihre Wange, um sie zu beruhigen, aber mein Geruch erzählte ihr zweifellos eine andere Geschichte. Sie hätte vieles sagen können, aber das war nicht ihre Art. Sie ließ mich ihre Liebe spüren, ihre Unterstützung und ihre Sorge. Sie umhüllte mich mit den Gerüchen meiner Kindheit, der Sicherheit und Liebe, die einst mir gehört hatten.

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