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Die Inselvogtin

Die Inselvogtin

Titel: Die Inselvogtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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dass du nicht mit einer Wilden das Bett teilen musst?«
    »Genau.«
    Maikea merkte, wie ihr die Augen zufielen.
    »Gute Nacht «, murmelte sie.
    »Gute Nacht.« Jantje rückte ein Stück näher heran. Es war nicht zu eng, im Gegenteil, es tat Maikea gut. Endlich war sie nicht mehr so allein.

5
    D ie Männer unterhielten sich im Flüsterton.
    Angeblich waren Soldaten des Fürsten unterwegs. Wie immer, wenn sich die Situation zuspitzte, schickte Georg Albrecht seine Salvegarde los, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Eine Ordnung im Sinne des Fürstenhauses. Für diese Männer handelte es sich jedoch vielmehr um Zensur und Unterdrückung.
    Im engen Hinterzimmer brannten nur zwei mickrige Kerzen. Zu viel Licht wäre gefährlich. Man könnte es vielleicht von der Straße aus sehen. Um diese Uhrzeit hielt sich normalerweise niemand mehr in der Werkstatt auf. Und je weniger man von den anderen Mitstreitern wusste und sah, desto weniger würde verraten werden, sollten die Soldaten einen von ihnen doch eines Tages erwischen und in die Zange nehmen.
    Auch ihr Anführer, den sie nur den Weißen Knecht nannten, kannte die wenigsten Männer beim Namen. Aber er kannte ihre Schicksale, denn sie alle hatten unter dem Machtstreben des Fürsten gelitten, jeder auf seine Art.
    »Dem Fürsten geht es von Tag zu Tag schlechter «, wusste einer von ihnen zu berichten. Er hatte nach dem Bürgerkrieg fast vier Monate im Gefängnis gesessen, weil er auf der Pfefferstraße einem Soldaten zwei Finger abgeschlagen hatte. Und auch danach hatte er ständig unter Beobachtung gestanden und war für das geringste Vergehen gleich wieder inhaftiert worden. Zuletzt, weil er dem Bäcker gegenüber erwähnt hatte, dass sich die Deichpflege in Dornum immer schwieriger gestalte aufgrund der verpfändeten Steuergelder.»Aufrührerische Reden «, hatte das Hofgericht befunden. Erst seit acht Wochen war er wieder frei.
    »Georg Albrecht, der uns gottesfürchtiges Hungern aufzwingen will, er frisst sich langsam zu Tode, wenn ihr mich fragt. Das fette Essen, das träge Herumsitzen … Kein Wunder, wenn sein adeliges Blut verklebt und das Herz schlappmacht.«
    »Sofern er eines hat «, rief ein anderer dazwischen. Er war jünger als die anderen, ein Hitzkopf.
    »Nicht so laut!«, mahnte der Weiße Knecht.
    »Aber es ist doch wahr! Wozu haben wir in Ostfriesland diese besondere Art der Freiheit, wenn wir nicht reden dürfen?«
    »Genau! Unsere Vorfahren haben dafür gekämpft, sie haben Deiche und Straßen gebaut und die Felder bestellt, weil sie fest daran glaubten, dass sich niemand hier jemals durch Fürstenhäuser oder Kirchenhäupter einschränken lassen muss. Will ich denn den Glauben meines Vaters und Großvaters verraten?«
    Es war wie so oft, wenn sie sich trafen. Irgendwann kochte die Stimmung hoch, dann war es beinahe unmöglich, das halbe Dutzend Männer ruhig zu halten. Dabei hatten sie heute Nacht noch einiges zu besprechen.
    »Wenn ich überlege «, sagte wieder der Erste,» dass auch Mitglieder des Cirksena-Geschlechts den Freiheitsbund zugesichert haben, von dem die Nachfahren jetzt anscheinend nichts mehr wissen wollen, dann … «
    »Das ist doch schon dreihundert Jahre her.«
    Der Hitzkopf stand auf, sprang auf den Tisch und zeigte seine geballten Fäuste.»Aber die Macht der Cirksena beruht auf diesem Schwur. Es ist richtig, dass wir den Fürsten immer wieder daran erinnern. Zur Not mit Gewalt.«
    »Dann landest du im Gefängnis. So wie ich.«
    »Das ist mir egal! Wenn man für die Wahrheit ins Gefängnis gesteckt wird, dann stimmt doch etwas nicht.« Der Hitzkopf zuckte mit den Achseln und setzte sich wieder hin.
    Damit hatte er natürlich recht, das war auch dem Weißen Knecht klar. All die Rechte, die schon im Mittelalter am Upstalsboom beschlossen worden waren und den Charakter der Küstenbewohner geprägt hatten, wurden in den letzten Jahren mit Füßen getreten. Kanzler Rudolph Brenneysen wollte für Ostfriesland den Absolutismus. Alles würde dann in Fürstenhand liegen: Religion, Steuergelder, Gesetzgebung. Nur den ungeliebten Deichbau, der Geld verschlang und harte Arbeit bedeutete, wollte man den Ständen überlassen. Es wurde gemunkelt, im Fürstenhaus würden täglich zehn Gänge und mehr als Mahlzeiten gereicht, die Herrscher kleideten sich in Samt und Brokat, während sie dem Volk Fleiß und fromme Bescheidenheit verordneten.
    Die Macht der Cirksena lag im Freiheitsbund begründet; der Urahn Ulrich I. würde sich wohl im Grabe

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