Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Inselvogtin

Die Inselvogtin

Titel: Die Inselvogtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
Vom Netzwerk:
halber, wie es schien. Diese nickte.
    »Und euch beide brauche ich wohl kaum zu fragen?«
    »Wir dürfen mit nach Aurich und Soldaten werden?«, platzte Weert heraus.
    »Ihr habt eure Tapferkeit bewiesen. Zwar müssen wir morgen noch das Einverständnis des Fürsten abwarten, aber ich bin mir sicher, er wird meine Ansicht teilen, dass man mutigen Jungen wie euch eine Chance geben sollte.«
    »Wann werden wir uns auf den Weg machen?« Weert konnte es kaum erwarten. Würde sich sein Traum von einem anderen Leben endlich erfüllen? Daran hatte er beim Ersinnen seines kleinen, gemeinen Planes nicht im Entferntesten gedacht, so berechnend war er nicht. Aber das eine fügte sich so wunderbar zum anderen, dass er tatsächlich glauben mochte, das Schicksal belohne ihn für seinen bösen Streich.
    »Wir haben eine große Kutsche geordert. Darin ist auch noch für euch beide Platz. Also rennt los und holt eure Siebensachen. Die fürstlichen Hoheiten werden nun ihre neuen Kleider angezogen bekommen. Danach wollen wir bald aufbrechen.«
    Weert nahm Rudger, der stumm und steif neben ihm stand, an die Hand und zog ihn hinaus auf den Flur, die Treppe hinauf bis in den Schlafsaal der Jungen. Dort ergriff er in Windeseile die wenigen Sachen, die in den Beutel passten, und verteilte aus einer großzügigen Laune heraus das Zuckerbankett, das er im Bäckerladen für ein paar Interna aus dem Waisenhaus erhalten hatte, unter den kleineren Kindern, die schon in ihren Betten lagen.
    »Ab heute nächtigen wir nicht mehr im Stroh, sondern auf bequemen Matratzen!«, rief er zum Abschied und verließ die Schlafstätte, ohne sich ein weiteres Mal umzuschauen. Er war froh, das Waisenhaus endlich verlassen zu können.
     

     
    Die Kutsche stand bereits auf dem Hof. Brenneysen instruierte gerade den Wagenlenker und begutachtete die Sitzflächen, als eine kleine Gruppe Soldaten angeritten kam. Die Männer sahen aus, als hätten sie sich einen verheerenden Kampf geliefert. Ihre Gesichter wirkten alles andere als zufrieden.
    »Kanzler, wir haben eine schlechte Botschaft … «, rief einer der Soldaten.
    Brenneysen seufzte.»Ich ahne es schon: Der Weiße Knecht ist uns wieder mal entwischt!«
    »Er hat einen verdammt schnellen Gaul gestohlen. Und dann ist er mit dem Kind durch den Wald. Wir haben keine Ahnung, wohin sie geritten sind. Eventuell in Richtung Deich, wir könnten morgen bei Tagesanbruch die Häuser kontrollieren.«
    »Ach, das könnt ihr euch schenken «, entgegnete der Kanzler.»Ich werde alle Männer in Aurich postieren. Der Schutz der Fürstenfamilie ist jetzt oberstes Gebot!«
    »Entschuldigt, Kanzler, aber der Weiße Knecht hat noch das Kind, dieses Mädchen … «
    Brenneysen dachte kurz nach.»Ich denke, sie werden die falsche Geisel freilassen, sobald sie den Schwindel bemerken. Das Kind schwebt in keiner Gefahr. Ein Waisenmädchen ist für den Weißen Knecht bedeutungslos. Er wird sie so schnell wie möglich fortschicken. Das soll nicht mehr unsere Sorge sein.«
    Die Soldaten blickten verwundert drein, und auch Weert fragte sich, ob er richtig verstanden hatte. Wollte man Maikea Boyunga einfach so ihrem Schicksal überlassen?
    Der Kanzler räusperte sich.»Nun, und wenn die Fürstin, der Pastor oder irgendjemand anderes fragen sollte, was mit dem Kind ist, dann antwortet, es sei alles gut gegangen. Wir wollen niemanden beunruhigen.«
    Die Soldaten schienen mit dieser Auskunft zufrieden zu sein. Sie wendeten ihre Reitpferde und entfernten sich. Weert war sprachlos und überlegte gerade, ob er seinen Mund öffnen sollte, als die Fürstin und ihr Stiefsohn aus dem Haus kamen. Beide hatten sich umgezogen und trugen nun wesentlich schlichtere Kleidung.
    Carl Edzard verabschiedete sich von Jantje. Man sah ihm an, dass er sich nur ungern von diesem Mädchen trennte. Dann halfen ihm zwei Soldaten in die Kutsche, in der Sophie Caroline bereits Platz genommen hatte.
    »Das Hemd kratzt ganz schrecklich «, beschwerte er sich und rieb sich mit der Hand zwischen Hals und Kragen.
    »Das Hemd kann Euch heute vielleicht das Leben retten, denn es verbirgt Eure adlige Abstammung «, antwortete Kanzler Brenneysen. Dann wies er Weert und Rudger ihre Plätze auf dem Kutschbock zu und nahm selbst neben der Fürstin Platz.»Auf geht’s nach Aurich, Kutscher. Ich möchte, dass du diesen Ort so schnell wie möglich hinter dir lässt.«
    Diese Aufforderung entsprach auch Weerts Wunsch. Und je mehr sich die Pferde ins Geschirr legten und je größer der

Weitere Kostenlose Bücher