Die Inselvogtin
es dir denken … «
Maikea kannte die grausamen Einzelheiten von ihrer Arbeit. Die herrische, stets schlecht gelaunte Fürstin Wilhelmine machte ihrer Freundin das Leben schwer.»Aber vielleicht hätte ich da doch eine Kleinigkeit für dich … Nimm einfach das hier.« Flink griff sie sich eine Handvoll Schnee und ließ sie Maikea ins Genick rieseln.
Maikea kreischte los und musste gleichzeitig lachen, während sie selbst einen Angriff startete. Ausgelassen rannten sie durch das verschlungene Labyrinth, bis sie völlig außer Atem und mit Schnee übersät waren. Auf einer Parkbank ließen sie sich schließlich erschöpft nieder und pusteten Nebelwölkchen in die Winterluft.
Jantje hielt sich den Bauch, als habe sie Schmerzen.
»Alles in Ordnung bei dir?«, fragte Maikea.
Jantje nickte.»Ich sollte weniger naschen. Wenn man so eine Leibesfülle mit sich herumschleppt, geht einem schnell die Puste aus.« Sie lehnte ihren Kopf an Maikeas Schulter.»Ich hoffe, wenigstens ein anderer lieber Mensch hat dich mit einem Geschenk bedacht!«
»Es gab zumindest so etwas wie einen Versuch. Leider war es aber kein lieber Mensch … Weert Switterts hat mich gefragt, ob ich ihn heiraten will.«
Jantje sah ihre Freundin entsetzt an.»Dieser Idiot. Erst verurteilt er fünf Juister zum Tode, und dann … «
»Er hat was?«
»Oh.« Jantje stockte und begann mit verlegener Geste den Schnee von ihrem Wollmantel zu klopfen.»Ich dachte, du hättest bereits davon gehört.«
»Wenn ich in meinem Zimmer sitze, bekomme ich gar nichts mehr mit. Bitte erzähl mir, was weißt du?«
Jantje berichtete nur langsam. Angeblich hatten sich ein paar junge Männer aus Juist gegen Bestechung dazu hinreißen lassen, nach einem Schiffbruch den Anteil an der Strandung zu unterschlagen. Ihre Freundin tat sich schwer damit, das merkte Maikea ihr an. Wahrscheinlich schämte sie sich für den Fürsten, der immerhin sein Siegel unter das unmenschliche Urteil gesetzt haben musste.
»Wann ist das alles passiert?«
»Ach, der Fall selbst liegt schon etwas zurück, aber die Verhandlung war letzte Woche. Und die Vollstreckung des Urteils … «
»Du meinst die Hinrichtung?«
»Ja, sie soll noch in diesem Jahr stattfinden.«
Maikea holte tief Luft. Wie hatte ihr ein solcher Skandal entgehen können? Und warum hatte Weert ihr bei ihrem Besuch eben kein einziges Wort davon gesagt?
»Hat Carl Edzard dir die Namen der Männer genannt?«
»Ich habe versucht, sie mir einzuprägen.« Jantje kniff konzentriert die Augen zusammen.»Ich weiß, sie waren alle Schiffer. Bengt und Tammo und Eyke … «
»Eyke, der Schiffer, soll hingerichtet werden?«
»Hör mal, Maikea, offensichtlich hat er einen schweren Betrug begangen. Zudem muss er bei seiner Verhaftung noch gedroht haben, den Preußen bei der Übernahme des Landes behilflich zu sein. Solche Menschen müssen die Todesstrafe bekommen, zur Abschreckung! Sonst fangen im Volk alle damit an, sich das Eigentum des Fürsten in die Taschen zu stecken und aufrührerische Reden zu schwingen.«
»Wie kannst du so etwas sagen, Jantje?«
»Es ist so. Carl Edzard sagt es, das Gesetz sagt es, sogar in der Bibel steht: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist.« Sie griff nach Maikeas Hand.»Ich kann ja verstehen, dass es dich aufregt, besonders wenn du die Menschen kennst. Aber Carl Edzard muss eine strenge Hand beweisen, damit das Volk ihn endlich ernst nimmt.«
»Ich wette, das hat Weert ihm so eingebläut «, schnaubte Maikea.»Denk doch mal nach, Jantje. Ist es nicht viel eher so, dass das Volk seinen Fürsten dafür hassen wird?«
»Warum?«
»Auf den Inseln sind die Menschen bettelarm. Sie leben in kleinen, maroden Hütten und essen nur das, was die Natur ihnen gibt. Fische, Kaninchen, Beeren und Kräuter. Wenn im Winter die Vorräte ausgehen und fast das ganze Vieh geschlachtet ist, kann eine gestrandete Schiffsladung die letzte Hoffnung sein. Aber nun schau dir mal dieses Schloss an, in dem dein lieber Carl Edzard lebt! Es ist riesig, genau wie der Vorratsraum, der Weinkeller und der hässliche Garten hier.« Maikea verwünschte den wütenden Ton, in dem sie auf ihre beste Freundin einredete, doch was sie soeben gehört hatte, versetzte sie einfach in Rage.»Er lässt die Männer hängen, weil sie ihm angeblich etwas wegnehmen, dabei besitzt er bereits alles im Überfluss!«
Jantje sprang auf.»Wie kannst du nur so etwas Schreckliches über ihn sagen? Er ist ein wunderbarer Mensch!«
»Das mag er in deinen
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