Die Interstellaren Freihändler: Science-Fiction-Zyklus (German Edition)

und stellen. Ich persönlich zerre Sie zum Schafott, Sie widerlicher Piratenschuft.«
    »Viel Erfolg«, sagte die Stimme aus dem Raumanzug. »Denken Sie sich vorher eine Methode aus, die Gäste zu beruhigen, nachdem wir abgeflogen sind. Männer – an die Arbeit!«
    Die Piraten schlossen den Kapitän zusammen mit allen Offizieren auf der Brücke ein, verschlossen die Schotts und programmierten das Zeitschloss auf 150 Minuten. In allen Teilen des Schiffes trieben die Piraten die Passagiere in Speise- und Gesellschaftssäle zusammen und sonderten das Servicepersonal ab. Dabei achteten sie darauf, keinen Medienvertreter wegzusperren oder zu betäuben. Dann begann das systematische Plündern der Gästekabinen und der Gäste selbst, wobei die Piraten nachdrücklich, aber nicht grob vorgingen; gutaussehende Frauen behandelten sie mit einer seltsamen Noblesse, und Kinder verschonten sie. Zwei, drei Stunden lang dauerte das Chaos, das sich aus hysterischen Ausbrüchen, dumpfer Resignation und zitternder, feiger Bereitwilligkeit zusammensetzte. Brieftaschen, wertvolle Uhren, Halsketten, Ringe und Armschmuck, Perlendiademe, Orden von Militärjacken, Broschen von Jackenaufschlägen, Zierwaffen – alles, was wertvoller war als 50 Ecum wanderte in die Raumsäcke der Piraten. Den Kindern, denen das Spektakel behagte, ließ man die Stofftiere, die Plastiksaurier und die TriâViso-Spiele. Schweigend arbeitete sich die Phalanx der Raumpiraten durch das Schiff, und einer nach dem anderen verließ die Queen, schwer an der Beute schleppend. Zuletzt bahnten sich drei Piraten den Weg auf das Musikerpodium des größten Saales; dröhnend bat eine Stimme um Ruhe und fuhr fort:
    »Hochgeschätzte Passagiere, Gäste von Terra Travel Tourism! Sie haben eben eine unfreiwillige Leistung des Reiseveranstalters Ihrer Wahl miterlebt. Die Kosten einer solchen Show sind beträchtlich; die so genannten weißen Piraten kassieren die Umlage direkt von Ihnen. Wir wünschen weiterhin ungetrübtes Reisevergnügen, bezaubernde Tage auf dem Gastplaneten und risikolosen Rückflug. Wir werden Sie nicht mehr belästigen.«
    Nach einer wirkungsvollen Pause schloss der Pirat:
    »Wir bedanken uns bei den anwesenden Medienvertretern. In Zukunft werden auf allen Flügen der TTT solche Events durchgeführt. In etwa zwei Stunden gibt das Zeitschloss die Brücke wieder frei.
    Auf Wiedersehen. Weiterhin guten Flug!«
    Nacheinander verließen die Piraten die Queen. In den Schleusen wurden Zählappelle abgehalten. Die Lancelot schien leer und verlassen zu sein, aber Minuten später schalteten sich die Magnete der Hilfstrossen ab, und je mehr Schleusen sich schlossen, desto mehr schwand der Eindruck, die Lancelot sei ein havariertes Schiff. Die Taue trieben wie die gekappten Fangarme eines Riesenkraken umher, als die Düsen des kleinen Schiffes zündeten und die Lancelot binnen der nächsten Stunde zu einem Lichtpünktchen zwischen den Nebel werden ließen, auf dem Flug zu einem namenlosen Planeten.
    Der Flug durch die äußeren Schichten der Gashülle schmolz den Lack und alle Verzierungen von der Hülle des Schiffes und verwandelte die riesigen Buchstaben in Aschepartikel. Unter den Buchstaben kamen andere Lettern zum Vorschein: das L verschwand, dann veränderten sich ANC ... aus E wurde I ... , ein S folgte, daraufhin erschienen FR und ANCIS und D und RAKE ..., und als das Schiff, hinter sich einen herrlichen Partikelschweif, die Gashülle verließ und den Hyperraumsprung zu einer Wasserwelt einleitete, lautete der Name wieder korrekt: Francis Drake.
     
    Die Drake landete in einer mächtigen Dampfwolke. Alle Teile der Raumanzüge, die verräterisch sein mochten, wurden mit Hilfe des Wasserballasts im Ozean Greb Maplehoneys, über einem 9000 Meter tiefen Meeresgraben versenkt. Ein Teil der ehemaligen Piraten zog sich in eine Ferienkolonie zurück, vier Händler – Malinowski, Nadoor, Spitfire und Tajiri – und verschiedene Sekretärinnen, Pilotinnen und Freundinnen starteten wieder mit der Drake in Richtung Terra. Etwa zur gleichen Zeit erreichte der Alarm Kapitän Kruum Berghs die Einheiten der Raumgarde.
    Die Händler waren nicht vermessen genug, die Raumgarde zu unterschätzen. Seit drei Jahrzehnten war dies der erste Fall von Raumpiraterie, der mit nicht erlahmendem Ehrgeiz und steigender Verbissenheit verfolgt werden würde. Das Diebstahlgut, dessen Wert einige Milliarden Ecum betragen mochte, war mit den Piraten davongeflogen; es gab Aufnahmen des Schiffs, der