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Die Intrige

Titel: Die Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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besonders respekteinflößend. Es hörte sich einfach nur albern an.
    Doch Richard starrte hinauf, geradewegs auf die Stelle, an der Chip stand. Ein Ausdruck des Entsetzens überzog sein Gesicht.
    »Ich sehe dich«, flüsterte er.

Achtzehn
    Es war schwer zu sagen, wer von beiden fassungsloser aussah, Richard oder Chip.
    »Ich … ich …«, stammelte Chip und starrte hilflos auf seine Hände.
    Katherine wollte zu ihm und hätte vor lauter Eile fast eine der steinernen Statuen umgerannt. Jonas streckte den Arm aus, um sie aufzuhalten.
    Es ist nur eine Illusion, wollte er ihr versichern. Eine optische Täuschung. Ich habe auch gedacht, ich würde etwas sehen, aber nur, weil Chip seine Sache so gut macht … Richard kann ihn nicht sehen. Chip ist für alle aus dem fünfzehnten Jahrhundert unsichtbar. Hast du das vergessen? Und wir sind es auch.
    Doch Richards Augen folgten sowohl Katherines als auch Jonas’ Bewegung.
    »Ihr seid zu mehreren?«, murmelte er. »Kinder? Und in welch seltsamen Gewän-«
    Jetzt war es Jonas, der an sich herabsah. Er war nicht mehr unsichtbar und auch nicht mehr durchsichtig. Seine Hände waren nicht länger gläsern, sondern wiederfleischfarben. Er konnte sogar erkennen, dass das H der HARRIS MIDDLE SCHOO L-Aufschrift auf seinem Sweatshirt allmählich abzublättern begann. Und an einer durchgewetzten Stelle am Knie seiner Jeans hing ein Faden herab. Die phosphoreszierenden Streifen seiner Turnschuhe leuchteten.
    Jonas war wie gelähmt.
    Wie kann es sein, dass wir nicht mehr unsichtbar sind?, fragte er sich verzweifelt. Wir sollten nicht mitten im fünfzehnten Jahrhundert in Klamotten aus dem einundzwanzigsten herumstehen. Das ist zu gefährlich für die Zeit. Und … für uns.
    Richard wandte sich halb um, als wollte er seine Wachen rufen.
    Doch Katherine, die jetzt ganz ruhig war, trat vor.
    »Das ist das, was die Menschen im Himmel tragen«, sagte sie. »Können Sie … Ich meine, erkennen Sie Ihre eigenen Neffen denn nicht?« Sie zeigte zuerst auf Chip und dann auf Alex, der so regungslos zwischen den Statuen stand, als wäre er selbst aus Stein. »Sie haben sich verändert durch das, was sie, äh, durchgemacht haben. Ihr tragischer Tod … hat sie verwandelt. So ist es nun mal.« Sie senkte die Stimme und schaute Richard böse an. »Nicht, dass Sie das Himmelreich jemals sehen werden, nach dem, was Sie getan haben.«
    Richard sah von Chip zu Alex.
    »Die Geister meiner Neffen verfolgen mich?«, murmelte er heiser.
    »Und damit hören wir so schnell nicht mehr auf!«, drohte Chip.
    Im hinteren Teil des Heiligtums erklangen Schritte.
    »Richard?«, rief jemand leise. »Alle warten.«
    »Buckingham«, murmelte Richard. Entschlossenheit leuchtete in seinen Augen – vielleicht war es der Entschluss, nicht an Geister zu glauben. »Mylord«, rief er seinem Freund zu. »Würdet Ihr …«
    Jonas wollte lieber nicht abwarten, bis er herausfand, was Richard zu sagen beabsichtigte.
    »Lauft!«, rief er.
    »Hier entlang!«, stimmte Alex ihm zu.
    Er führte die anderen hinter den Statuen zu einer kleinen Tür in der rückwärtigen Wand des Heiligtums. Als er mit aller Kraft an ihr zerrte, schwang sie auf. Vielleicht gibt es noch keine Türschlösser, überlegte Jonas zusammenhanglos. Dann blieb keine Zeit mehr für weitere Überlegungen, denn er hatte genug damit zu tun, eine dunkle, gewundene Treppe hinunterzusteigen. Er horchte angespannt auf Schritte hinter sich, auf Schritte von Leuten, die keine Turnschuhe trugen. Alles, was er hörte, war das Getrappel von Chips Nikes auf den steinernen Stufen und Katherines verängstigtes Keuchen.
    Die Treppe endete in einem langen dunklen Korridor, der hier und da von Fackeln an der Wand erleuchtet wurde.
    »Verfolgt uns jemand?«, fragte Alex und blieb stehen.
    »Ich kann nichts hören bei Katherines Gekeuche«, meckerte Jonas, der selbst heftig schnaufte. »Halt mal die Luft an!«
    Katherine atmete ein und blies lautlos die Backen auf. Jonas tat das Gleiche. Jetzt hörte er nur noch das Blut in seinen Ohren rauschen. Er gab es auf.
    »Wir müssen hier raus!«, sagte er und sah sich hektisch um.
    »Aber nicht so, wie wir aussehen«, wandte Katherine ein.
    »Regt euch ab«, sagte Chip. »Richard wird seine Wachen schon nicht auf Geisterjagd schicken.«
    »Glaubst du wirklich, dass er uns für Geister gehalten hat?«, fragte Jonas.
    »Na ja, nachdem er uns gesehen hat, hat er sicher nicht mehr geglaubt, dass sich lediglich sein schlechtes Gewissen zu Wort

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