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Die Intrige

Titel: Die Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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bedeuten? Jonas brauchte wirklich eine bessere Übersetzung. »Erhebung«, kam das nicht von »hochheben«? Aber was hat das mit einem König zu tun? Oh, vielleicht jemanden zum König erheben?
    »Aber Eduard V.
war
König«, wandte Chip fest und unnachgiebig ein. »Was ist mit ihm geschehen? Er ist doch nicht verschieden?«
    Schön, jetzt brauche ich also auch eine Übersetzung für Chip, schoss es Jonas durch den Kopf. »Nicht verschieden?« Das bedeutet … äh, wahrscheinlich so viel wie … »Er lebt doch noch?«.
    Der alte Mönch warf einen Blick über die Schulter, als fürchte er, belauscht zu werden.
    »Tod oder lebendig tut nichts zur Sache«, sagte er leise. »Er ist nicht länger König.«
    »Tut nichts zur Sache? Tut nichts zur Sache?«, wiederholte Chip. Er war plötzlich so rot im Gesicht, als sei er kurz davor, zu explodieren. »Wie kann es nichts zur Sache tun, ob ein König tot oder am Leben ist?«
    Einer der jüngeren Mönche lachte schnaubend.
    »Das klingt wie eines von den Rätseln, die sie unsimmer aufgeben«, sagte er derb und überlaut. »Sogar ich weiß die Antwort. Ob er tot oder lebendig ist, tut dann nichts zur Sache, wenn er weder auf die eine noch auf die andere Art mehr König werden kann.« Wieder kicherte der Mönch, so sehr schien es ihn zu wundern, dass er schlauer sein könnte als diese seltsam gekleideten »Fremden«. Dann verstummte er und sah sich unruhig nach dem älteren Mönch um. »Aber seine Seele wäre gewiss im Himmel, wenn er nicht mehr lebte.«
    Ein anderer Mönch, ein großer, dünner Mann mit Ohren, die abstanden wie Becherhenkel, beugte sich verschwörerisch vor.
    »Wisst Ihr, man hat herausgefunden, dass die Eltern des Knaben nie verheiratet waren«, flüsterte er genüsslich, als wäre es die schlüpfrigste Klatschgeschichte, die er je gehört hatte.
    »Das waren sie wohl!«, widersprach Chip auf der Stelle. Er ging mit geballten Fäusten auf die Mönche los, als wollte er sie schlagen. Jonas packte ihn an den Armen, um ihn aufzuhalten.
    »Wie könnt Ihr das wissen, wenn Ihr doch aus der Fremde kommt und erst heute Morgen eingetroffen seid?«, fragte der alte Mönch und schob nachdenklich die Unterlippe vor.
    »Das … das haben wir gehört«, erwiderte Jonas, der immer noch mit Chip kämpfte.
    Auch Katherine packte Chip am Arm, was ein wenighalf. Jonas wünschte, Alex würde ebenfalls mit anpacken, doch er stand einfach nur da und murmelte vor sich hin: »Nicht verheiratet? Nicht verheiratet?«
    »Nun«, sagte der henkelohrige Mönch und senkte abermals die Stimme. »Ich weiß nicht, wann Ihr das vernommen habt, aber Dr Ralph Shaw hat am zweiundzwanzigsten Juni, vor geschlagenen zwei Wochen, in seiner Predigt verkündet, dass Eduard IV. vor seiner Vermählung mit Elisabeth Woodville einer anderen Frau versprochen war. Keines ihrer Kinder ward also ehelich geboren. Folglich konnte Eduard V. den Thron nicht erben.«
    Chip hörte auf, sich zu wehren. Sein knallrotes Gesicht wurde leichenblass.
    »Das haben die Leute gehört?«, flüsterte er. »Und das glauben sie?«
    Katherine ließ Chip los und tätschelte ihm tröstend den Arm.
    »Das ist doch verrückt«, sagte sie. »Selbst wenn, äh, Eduards Vater zunächst vorhatte, eine andere zu heiraten, sollte das doch keine Auswirkungen darauf haben, wen er letztendlich geheiratet hat. Oder darauf, dass Eduard König wird.«
    Der alte Mönch sah Katherine stirnrunzelnd an.
    »Ich weiß nicht, wie es dort zugeht, wo Ihr herkommt«, sagte er in einem Ton, der deutlich machte, dass es sich um einen wirklich schrecklichen Ort handelnmusste. »Aber hierzulande ist die Ehe ein heiliger Ritus. Achtet Ihr etwa die Sakramente nicht? Wollt Ihr Euch über den heiligen Stand der Ehe belustigen?« Er wurde immer lauter und zorniger. »Seid Ihr überhaupt Christenmenschen?«
    Wie hatte es dazu kommen können?, fragte sich Jonas. Noch vor einer Minute hatten sie sich Klatsch und Tratsch über Leute angehört, die sich verlobten und heirateten, und nun ragte dieser alte Mönch mit finsterem Blick vor ihnen auf und drohte ihnen mit dem Finger.
    »Ich will Ihnen was sagen –«, setzte Katherine empört an.
    Sie stand auf den Zehenspitzen, als wollte sie sich mit dem alten Mönch anlegen. Auge in Auge standen sich die beiden gegenüber und funkelten sich an.
    »Weibsbilder«, unterbrach sie Alex, der kopfschüttelnd die Augen verdrehte. Er packte sie warnend am Arm. »Ihr wisst ja, dass sie mit ihrem schwachen Verstand die Feinheiten der

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