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Die Intrige

Titel: Die Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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Mann, der die Krone trug, war auch darunter.
    »Das ist Buckingham«, flüsterte Chip. »Sein guter Freund und Mitverräter.«
    Auch eine Frau kam herein, gefolgt von einem weiteren Adligen, der eine kleinere Krone auf einem Kissen trug.
    »Richard lässt heute auch seine Frau krönen?«, murmelte Chip. »Das ist ungewöhnlich.«
    Die Königin, beziehungsweise die zukünftige Königin, war eine zarte, kränklich wirkende Frau mit lichterwerdendem Haar und tiefen Falten im Gesicht. Doch als Jonas das Lächeln sah, das sie ihrem Ehemann schenkte, machte ihm das, was sie zu tun im Begriff waren, fast ein schlechtes Gewissen.
    Einige Männer in Roben, die vermutlich Priester waren, begannen zu singen. Dann knieten Richard und seine Frau vor dem Altar nieder.
    »Vielleicht solltest du lieber nicht …«, sagte Jonas vorsichtig.
    Chip warf ihm einen bösen Blick zu und kauerte sich neben Richard. Von seinem Platz bei den Statuen aus konnte Jonas jedes Wort hören, das er sagte.
    »Ihr seid nicht wert, König zu sein«, zischte Chip seinem Onkel ins Ohr. »Nach dem, was Ihr Euren Neffen angetan habt, habt Ihr es nicht verdient, zu leben. So viel Pomp und Feierlichkeit für nichts, pah! Noch mag Euch die Menge zujubeln, doch wenn sie erst von Euren Sünden erfährt, wird sie Euch schmähen.«
    Richard blieb weiter auf den Knien, doch seinen Oberkörper richtete er ruckartig auf. Mit angstverzerrtem Gesicht sah er sich um, während sein Marker in ruhiger, andächtiger Haltung verharrte.
    »O ja, man wird Euch auf die Spur kommen«, murmelte Chip. »Und dann … werdet Ihr eines schrecklichen Todes sterben, ebenso schrecklich wie der Tod, den Ihr Euren Neffen bereitet habt.«
    »Lass mich!«, murmelte Richard mit zusammengebissenen Zähnen. »Quäle mich nicht!«
    »Ich quäle Euch, wann es mir beliebt«, sagte Chip und hob die Stimme.
    Jonas vermutete, dass ihn auch einige Priester gehört hatten, denn sie brachen mitten im Gesang ab und wieder entstanden Marker.
    Richard sah zu ihnen auf.
    »Geht«, befahl er ihnen. »Ich brauche Zeit, um zu beten. Allein.«
    Die Priester und Würdenträger tauschten erstaunte Blicke aus. Offensichtlich war diese Aufforderung höchst ungewöhnlich.
    »Ich … ich erweitere das Krönungszeremoniell«, sagte Richard. »Auf den Knien überkam mich die Eingebung, dass ein König des stillen Zwiegesprächs mit Gott bedarf.«
    »Aber –«, wagte ein Priester schüchtern einzuwenden. »Geht!«, befahl Richard.
    Daraufhin verließen sie das Heiligtum und nur ihre Marker blieben zurück. Einzig der Mann mit der Krone rührte sich nicht.
    »Ihr auch, Buckingham«, befahl Richard.
    »Oh, äh, ich dachte, dass ich …«
    Richard zeigte zur Tür und Buckingham huschte mit den anderen hinaus.
    Jonas wusste nicht genau, was er als Nächstes von Richard erwartete. Sobald die anderen fort waren, warf dieser sich gegen den steinernen Altar, weit weg von den geisterhaften Markern.
    »Himmlischer Vater«, stöhnte er. »Du weißt –«
    »Gott kennt jede Eurer Taten!«, unterbrach ihn Chip.
    »Bitte! Ich bin ein gottesfürchtiger Mann!«, flehte Richard.
    »Töten gottesfürchtige Männer Kinder?«, höhnte Chip.
    Richard hob langsam den Kopf, das braune Haar fiel ihm auf die Schultern.
    »Ich habe nicht … ich war nicht der, der …« Er war den Tränen nahe vor innerer Not. »Was willst du, dass ich tun soll?«
    »Entsagt dem Thron!«, verlangte Chip.
    Richard erstarrte. Als er weitersprach, klang es, als bemühe er sich mit aller Kraft, seine Stimme unter Kontrolle zu halten.
    »Entsagen, zu wessen Gunsten?«, fragte er. »Wer wäre ein besserer Protektor für England als ich? Alles, was ich tat, ward zum Wohle meines Landes getan.«
    »Das reden sich alle Verräter ein«, sagte Chip verächtlich.
    Jonas staunte darüber, wie streng und Respekt einflößend Chip klingen konnte. Bei ihm überschlug sich jedes Mal, wenn er es versuchte, die Stimme. Auf merkwürdige Art und Weise schien Chip sogar etwas weniger durchsichtig zu wirken.
    Das leuchtet ein, überlegte Jonas. Wenn jemand stark klingt, fangen auch Hirn und Augen an zu glauben,dass sie stark sind. Ein fast durchsichtiger Junge könnte einfach nicht so kraftvoll auftreten.
    »Aber es ist die Wahrheit!«, widersprach Richard.
    » Eure
Version der Wahrheit!«, höhnte Chip. »Gott wird nach der, äh, wahren Wahrheit über Euch richten.«
    Hoffentlich hatte Richard nicht bemerkt, dass Chip aus dem Tritt gekommen war. Die »wahre Wahrheit« klang nicht

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