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Die Intrige

Titel: Die Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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Richard seinen Bruder wirklich gemocht?, fragte sich Jonas. Tat es ihm vielleicht sogar leid, dass Eduard IV. tot war, obwohl es bedeutete, dass Richard dadurch König wurde?
    »Ihr seid an Eurem Krönungsabend sicher nicht zu mir gekommen, um mir das zu sagen«, stellte die Königin fest. Doch ihre Stimme klang nun sanfter und freundlicher. »Das habt Ihr mir schon einmal gesagt.«
    »Und es ist so wahr wie zuvor, Milady. Das versichere ich Euch«, sagte Richard.
    »Lügner«, murmelte Katherine vor sich hin. »Du bist wahrscheinlich froh, dass dein Bruder tot ist, damit du König werden konntest.«
    »Pst«, zischte Jonas aus Angst, etwas zu verpassen.
    Richard und die Königin saßen eine Weile da und schwiegen, während sich Jonas suchend im Zimmer umsah und sich fragte, wo Chip und Alex abgeblieben waren. Sie hatten keine Zeit gehabt, an einen anderen Ort zu flüchten, oder doch?
    Plötzlich beugte sich Richard vor.
    »Milady, heute Morgen in … in der Kathedrale von Westminster wurde mir eine Erscheinung zuteil«, sagte er.
    »Tatsächlich?«, erwiderte die Königin ungerührt.
    »Tatsächlich«, sagte Richard. »Ich sah Eure beiden Söhne an einem glücklicheren Ort. Fern der Kämpfe und Mühsal des irdischen Lebens.«
    »Oh. Mein. Gott!«, schrie Katherine. »Will er ihr etwa einreden, dass ihre Söhne tot besser dran sind? Er hält sie doch für tot. Er hat Mörder angeheuert. Und wir haben ihm weisgemacht, er würde Engel sehen. Das ist unglaublich! Besser als jede Seifenoper.«
    Vor ihnen erstarrte die Königin bei Richards Worten.
    »Ja, so ist es richtig«, spornte Katherine sie an. »Tu, als wärst du am Boden zerstört, damit er denkt, du würdest auch glauben, dass Chip und Alex tot sind.Dann versucht er wenigstens nicht, sie noch mal umzubringen. Und –«
    »Katherine, sie kann dich nicht hören«, sagte Jonas genervt.
    »Ich weiß, ich weiß«, erwiderte Katherine aufgeregt. »Aber …« Sie verstummte, weil die Königin weiterredete.
    »Ihr sahet meine Söhne«, wiederholte die Königin dumpf. »Im Himmel?«
    »Sie waren solch fromme Knaben«, sagte Richard und verbeugte sich leicht, als wollte er seine Achtung bezeugen.
    »Jetzt spricht er von ihnen in der Vergangenheit!«, schrie Katherine. »Lass ihm das nicht durchgehen!«
    Die Königin legte den Kopf ein wenig schief.
    »Heinrich VI. war auch ein frommer Mann«, sagte sie mit gespielter Gelassenheit. »Zu fromm, um König zu sein, meint Ihr nicht? Und doch kämpften andere dafür, ihn wieder einzusetzen.«
    »Was?«, schrie Katherine. »Heinrich der VI.? Wer ist das? Und was hat er damit zu tun?«
    »Der frühere König von England«, sagte HK schnell. »Sehr fromm, hin und wieder geistesgestört. Aber er hat Eduard IV. für ein paar Jahre den Thron abgenommen. Wegen Heinrich war Eduard IV. im Exil, als Eduard V. – äh, ich meine, Chip – geboren wurde.«
    Wie auch immer Heinrich VI. damit zusammenhing, jedenfalls kannte Richard diesen Namen offensichtlich.Er wurde ganz blass und machte den Mund auf und zu, ohne dass ein Ton herauskam.
    »Erinnert Ihr Euch noch?«, sagte die Königin fast fröhlich. »Wisst Ihr noch, welch schmerzhafte Erfahrung das für meinen Gemahl war?«
    »Wow«, murmelte HK. »Das macht sie wirklich gut.«
    Auf dem Bildschirm schien Richard um Fassung zu ringen.
    »A-alle wussten, wo Heinrich war«, sagte er schließlich. »Bis Euer Gatte für seinen Tod sorgte.«
    »Richard macht das allerdings auch nicht schlecht«, sagte HK.
    »Moment. Wirft er seinem Bruder gerade einen Mord vor?«, fragte Katherine. »Damit es sich weniger schlimm anhört, dass er auch Leute umbringt?«
    HK signalisierte ihr mit einer Handbewegung, still zu sein. »Später«, flüsterte er. »Ich erkläre es später.«
    Die Königin hob die eleganten Augenbrauen.
    »Ihr wünscht also einen Kampf auf Leben und Tod?«, stellte sie fest. »Nun gut. Seid versichert, dass andere das auch wollen.«
    Richard richtete sich im Sessel kerzengerade auf.
    »Ihr wagt es, mir zu drohen? Mir, dem König von England?«
    »Das war’s«, murmelte HK. »Genau hier, seht ihr? Gerade hat er die Beherrschung verloren.«
    Die Königin machte ein erschrockenes Gesicht, auch wenn Jonas das nur für gespielt hielt.
    »Ihr glaubt, ich könnte jemandem drohen?«, fragte sie mit bebender Stimme. »Ich, eine wehrlose Witwe?«
    »Von wegen wehrlos«, murmelte HK.
    Richard sah aus, als wollte er etwas erwidern. Er verzog das Gesicht, als ringe er immer noch um Fassung.

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