Die Intrige
Ryan.
»Irena hat fast ihr ganzes Leben dafür gearbeitet, den Aramov-Clan aufzubauen«, erklärte Dr. D. »Wenn sie uns sanft die Kontrolle und die Operationen des Clans übernehmen lässt, wird ihre Familie beschützt und sie kann ihre letzten Tage in relativer Annehmlichkeit verbringen.«
»Und wenn nicht?«
»Ohne Geld ist der Aramov-Clan lahmgelegt. Flughäfen wie der von Sharjah lassen kein Flugzeug abheben, wenn die Tankrechnung nicht bezahlt ist. Vielleicht versuchen Leute, die Leonid treu ergeben sind, einen Coup, aber auch er hat nicht das Geld, die Organisation am Laufen zu halten. Irena wird immer kränker werden, und wenn im Clan die Anarchie ausbricht, ist ihre Familie in Gefahr.«
»Aber wir wollen doch auch keine Anarchie?«, warf Ryan ein.
»Stimmt«, gab Dr. D. zu. »Deshalb muss die ganze Situation auch sehr vorsichtig angegangen werden.«
»Und wann soll ich zu Ethan gehen?«, fragte Ryan. »Jetzt gleich?«
»Nein«, erwiderte Dr. D. »Ethan wird erschöpft sein, und ich brauche etwas Zeit, um die Feinheiten unserer Strategie auszuarbeiten. Sag Kazakov, er soll im Krankenhaus bleiben. Im Augenblick ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Ethan dort bleibt, und falls er doch weggebracht wird, herauszufinden, wo er ist. Ich melde mich wieder, sobald ich mehr weiÃ, ja?«
»In Ordnung«, antwortete Ryan. Erleichtert sah er, wie Kazakov im Krankenhaus den Fahrer ihrer Limousine in Landeswährung bezahlte. »Dann sprechen wir uns bald wieder.«
34
Das Gulf Medical Institute war ein elegantes Gebäude mit verglasten Innenhöfen und Automatiktüren, wo man auch hinging. Jeder Patient hatte ein eigenes Zimmer, und in den breiten, mit Palmen verschönerten Gängen gab es für die Besucher bequeme Nischen mit Sofas, Imbissautomaten und Fernsehern, auf denen Nachrichtenprogramme liefen.
In Kirgistan hatte sich Amy über den Zugriff der CIA auf die Datenbank der Gesundheitsfürsorge in Dubai über Ethans Zustand informiert. Nach einer Röntgenaufnahme, die bestätigte, dass sein Knöchel nicht gebrochen war, hatte man Ethans zahlreiche Schrammen und Kratzer behandelt und ihn dann in sein Zimmer gebracht.
Dort wurde er an einen Tropf gehängt, weil er aufgrund der Magenprobleme, die er in Afrika gehabt hatte, ziemlich dehydriert war, und nachdem ihm eine Schwester den geschwollenen Knöchel verbunden hatte, sagte sie ihm, dass sie ihn zur Beobachtung über Nacht im Krankenhaus behalten wollten, und gab ihm ein starkes Beruhigungsmittel, damit er trotz der Schmerzen schlafen konnte.
Die Buchhalterin Ruby blieb bis ungefähr 9 Uhr abends bei ihm. Amy suchte nach einem britischen oder amerikanischen Geheimdienstagenten, der auf Ethan achten konnte, doch es stand niemand zur Verfügung. Daher mussten sich Ryan, Ning und Kazakov auf die Sofas im Besucherbereich legen, von wo aus sie die zehn Meter entfernte Tür zu Ethans Zimmer im Auge behalten konnten.
Keiner der drei hatte in der Nacht zuvor richtig geschlafen und sie liefen herum wie die Zombies. Kazakov versuchte, sich mit dem bitteren Kaffee aus dem Automaten wach zu halten, und riet den Kindern, etwas zu schlafen. Doch das war gar nicht so leicht, weil ständig Patienten und Angestellte kamen, um Münzen in die Automaten zu stecken. Ryan schaffte es, einzuschlafen, die FüÃe auf einen Glastisch gelegt. Ning hatte weniger Glück und blätterte schlieÃlich eine Reihe von Hochglanzmagazinen durch, auch wenn ihr alles vor den Augen verschwamm, wenn sie zu lesen versuchte.
»Ich muss mal aufs Klo«, sagte sie zu Kazakov und stand auf. »Soll ich Ihnen etwas zu trinken mitbringen, wenn ich schon stehe?«
»Nein, danke«, lehnte Kazakov ab.
Dass sie zur Toilette musste, war nur die halbe Wahrheit. Hauptsächlich war sie das Herumsitzen leid und wollte sich die Beine vertreten. Ganz am Ende des Ganges befand sich ein offner Raum, der sich über zwei Stockwerke erstreckte und in dem ein Springbrunnen stand. An ein paar Imbissständen waren die Läden geschlossen, und ein Hausmeister leerte die Mülleimer, doch Ning empfand das plätschernde Wasser als beruhigend, tauchte die Hand in einen nach Chlor riechenden Strahl und spritzte sich das Gesicht nass.
Dabei bemerkte sie zwei Männer, identisch gekleidet in enge Jeans und schwarze Lederjacken. Der eine von ihnen kam ihr bekannt vor, doch das
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