Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Invasion - 5

Titel: Die Invasion - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
Vom Netzwerk:
Thrones des Großvikars, der allerdings derzeit noch unbesetzt war. Zhaspahr Clyntahns Sessel flankierte den Thron von der anderen Seite. Die beiden hatten sich entspannt mit den Mitarbeitern des Stabes unterhalten, hin und wieder auch einen Scherz gemacht und auf diese Weise Selbstvertrauen unter Beweis gestellt. Doch nach einem kurzen grüßenden Nicken hatten die beiden bewusst nicht miteinander gesprochen, nachdem sie Platz genommen hatten.
    Gerüchte über ihre kürzliche ... Meinungsverschiedenheit hatten sich wie ein Lauffeuer in der gesamten Hierarchie des Tempels verbreitet. Niemand wusste genau, worum es bei dem Streit gegangen war. Viele aber vermuteten, es habe etwas mit den brisanten Nachrichten aus Ferayd zu tun. Zumindest ließ die gänzlich unerwartete Entscheidung des Ferayd-Tribunals genau das vermuten. Selbst die hartgesottensten Insider des Tempels waren darüber erstaunt, welche Schlüsse das Tribunal gezogen hatte, und die Buße, die der Kanzler Großinquisitor Clyntahn im Namen des Großvikars auferlegt hatte, war schlichtweg beispiellos gewesen.
    Clyntahn hatte diese Buße akzeptiert und dabei auch deutlich Demut zur Schau gestellt, hatte vor dem Hochaltar Abbitte geleistet und Trauerfeiern für all die Unschuldigen abgehalten, die zusammen mit jenen erschlagen worden waren, die sich eindeutig der Ketzerei schuldig gemacht hatten. Er hatte sogar einen Fünftag lang niedere Dienste geleistet und in der Küche des Tempels gearbeitet, hatte für seine ungleich bescheideneren Mitbrüder das Essen verteilt, mit eigenen Händen, seinen stets gepflegten Fingernägeln zum Trotz.
    Doch so bescheiden er sich auch gegeben haben mochte, niemand glaubte auch nur einen Moment lang, der Großinquisitor habe diese Erfahrung genossen. Es hielten sich dementsprechend hartnäckig Gerüchte, er mache Trynair persönlich für diese Demütigung verantwortlich. Selbstverständlich hatten weder Trynair noch Clyntahn derartige Dinge jemals bestätigt. Tatsächlich hatten sich beide alle erdenkliche Mühe gegeben, unmissverständlich zu zeigen, dass dieser Disput - worum es dabei auch immer gegangen sein mochte - schlimmstenfalls eine vorübergehenden Entzweiung bedeutet habe. Natürlich vermutete mancher Tempel-Insider, diese unverkennbare Wiederannäherung sei nichts anderes als eine Täuschung, um ihre zahlreichen Gegner im Rat der Vikare davon abzuhalten, hier bereits Blut zu wittern. Natürlich war es schwierig, genau das richtige Maß an Freundlichkeit und Kooperationsbereitschaft zu zeigen, um auf diese Weise jeglichen potenziellen Feind mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass jeglicher Versuch, eine etwaige Entzweiung in den Reihen der ›Vierer-Gruppe‹ ausnutzen zu wollen, doch sehr ... unklug wäre: Und das galt an diesem Tag natürlich ganz besonders. Ein Zuviel, eine zu überschwängliche Zurschaustellung ihrer Freundschaft würde genau die gleichen Signale setzen wie ein zu kühler oder förmlicher Umgang miteinander. Vor allem heute. Für beide wäre es schlichtweg undenkbar, so zu wirken, als besäßen sie Nerven.
    Theater, dachte Trynair. Alles reines Theater. Ich frage mich, ob es in diesem Raum auch nur einen Einzigen gibt, der sich seinen Lebensunterhalt nicht mühelos auf der Bühne hätte verdienen können, wäre er nicht von Geburt an dazu auserkoren gewesen, die orangefarbenen Gewänder anzulegen.
    Es gab noch andere Unterschiede zwischen der diesjährigen Ansprache und denen der vergangenen Jahre. Normalerweise hätten sich hinter den Vikaren zahlreiche Erzbischöfe und Bischöfe aufgestellt. Theoretisch hätte man die einzelnen Mitglieder dieser Gruppe nach dem Zufallsprinzip auswählen müssen, um noch einmal deutlich zu zeigen, dass doch alle Mitglieder der Priesterschaft gleichberechtigt waren. Selbstverständlich wurden in Wirklichkeit jegliche Einladungen zur Jahresansprache ebenso als unverkennbare Zeichen der Macht der Vikare angesehen wie als Zeichen des Ansehens und des Einflusses, über den die jeweils Eingeladenen verfügten. Doch in diesem Jahr waren kein einziger Bischof und auch keine Laien anwesend. Selbst bei den Erzbischöfen hatten man die jüngeren Würdenträger ausgeschlossen, und die dienstälteren Erzbischöfe sprachen in Gegenwart ihrer Vorgesetzten fast kein Wort.
    Vielleicht ist ja doch nicht alles Theater, dachte Trynair deutlich trübsinniger. Zumindest nicht dieses Jahr.
    Plötzlich erklang ein einzelner, melodischer Glockenton, und sofort verstummten sämtliche

Weitere Kostenlose Bücher