Die Invasion - 5
seine gesamte Armee wieder einzuschiffen. Es klingt fast, als hätte er zu viele seiner Schiffe nach Dairos ausgesandt und den Rest nach Chisholm oder Zebediah zurückgeschickt, damit sie dort die Orkansaison abwarten können. Wahrscheinlich ist es genau das, was ihn im Moment aufhält. Er möchte nicht die Hälfte seiner Armee in einem Gelände, von dem Koryn ihn vielleicht abschneiden könnte. Außerdem fehlt es Cayleb immer noch an Kavallerie. Es sieht nicht danach aus, als hätte er mehr als vier oder fünftausend Pferde - alles in allem. Und das bedeutet, wenn er erst einmal ins Inland vorrückt, dann sind wir im Vorteil, was die Mobilität betrifft.«
»Glauben Sie, er wird von seiner aktuellen Stellung aus nach rechts schwenken? Will er einen der nördlicheren Pässe nutzen?«, fragte Tartarian, und Anvil Rock schüttelte den Kopf.
»Das bezweifle ich, und das gleich aus mehreren Gründen. Erstens fehlt es ihm, wie ich gerade schon sagte, an Kavallerie. Wenn er Truppen vom Talbor abzieht und sie nach Norden schickt, wird Koryn dafür sorgen, dass Windshares Kavallerie stets an Caylebs Flanke ist und dessen Absichten bemerkt. Wenn Cayleb tatsächlich mit einer reinen Infanterie-Armee ins Inland marschiert, dann wird Windshare ganz gewiss in der Lage sein, Einheiten so zu postieren, dass sie die anderen Pässe blockieren, bevor Cayleb sie erreichen kann. Natürlich wird die Kavallerie allein keine Charisian Marines aufhalten können, die mit Gewehren bewaffnet sind. Aber Windshares Truppen werden Caylebs Vorrücken zumindest verlangsamen, und Koryns Infanterie kann ebenso schnell marschieren wie die Charisianer. Und nicht nur das: auf den meisten Pässen gibt es Defensivstellungen, die fast genauso gut sind wie die vor Talbor. Vielleicht nicht ganz so gut, aber doch fast. Also würde Cayleb keinerlei taktischen Vorteil dadurch haben, nach Norden zu ziehen, und außerdem würde ihn das weiter von seiner eigenen Operationsbasis fortführen und damit auch von der Küste. Aber nur in Küstennähe kann er den Vorteil, den er durch seine Seestreitmacht hat, am effektivsten nutzen.«
»Diesen Vorteil wird er wohl kaum aufgeben wollen«, sagte Tartarian und nickte zustimmend.
»Ganz genau.« Anvil Rock verzog das Gesicht. »Ich will hier nicht grenzenlosem Optimismus das Wort reden. Aber allmählich denke ich, Cayleb könnte geplant haben, in Dairwyn zu bleiben, bis er zu dem Schluss kommt, es bei dem Wetter riskieren zu können, seine Transporter zurück nach Dairos zu bringen. Danach wird er wohl natürlich nach Möglichkeiten suchen, seine Armeen hinter Koryn losschlagen zu lassen, indem er uns ganz in der Nähe der Hauptstadt angreift.«
»Er wird es nicht mit den Batterien von Manchyr aufnehmen«, sagte Hektor zuversichtlich. »Und bis er hierherkommen kann, werden die Erdwälle, mit der Sie Ihre Männer die landwärtige Seite der Stadt befestigen lassen, beinahe ebenso schwer zu überwinden sein.«
»Das wohl.« Anvil Rock nickte, doch seine Miene wirkte immer noch unglücklich. »Um die unmittelbare Sicherheit der Stadt mache ich mir eigentlich keine Sorgen, Mein Prinz. Cayleb mag so viele Gewehre haben, wie er nur will. Aber solange unsere Männer hinter einem guten, robusten Erdwall in Deckung bleiben, wird er sie nicht erreichen können, ohne in Musketenreichweite zu kommen. Und so unschön seine Feldartillerie auch ist, er verfügt nicht über die Reichweite, um es mit den schweren Kanonen aufzunehmen, die wir auf den Festungswällen montieren. Um die Stadt einzunehmen, wird Cayleb Belagerungsartillerie benötigen, und von derart schweren Geschützen haben wir noch keine Spur gesehen. Natürlich kann er immer noch Dutzende schwerer Geschütze durch seine Flotte an Land bringen lassen. Aber ehe er das tut, wird er einen sicheren Ankerplatz irgendwo in der Nähe von Manchyr haben wollen. Er wird ganz gewiss nicht schwere Schiffsgeschütze und die zugehörigen Lafetten weiter über Land schleppen wollen als unbedingt nötig!
Aber möglicherweise ist Caylebs Ziel, einen ernst zu nehmenden Teil unserer Truppenstärke hier in der Hauptstadt zu binden. Denn dann gibt das seinen eigenen Einheiten die Freiheit, gegen andere Städte vorzurücken oder uns im landwirtschaftlichen Bereich oder bei den Manufakturbetrieben Verluste zuzufügen - und das in einem Ausmaß, gegen das sich alles, was wir bislang von seinen Landungstrupps gesehen haben, nur wie ein kleineres Ärgernis ausnehmen wird. Wenn Cayleb die
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