Die Invasion - 5
sich immer wieder mit Gewalt ins Gedächtnis zurückrufen musste, dass er nicht mehr Bischof Mylz Halcom war - zumindest nicht mehr offiziell -, lehnte sich in seinem Sessel zurück und hob erstaunt eine Augenbraue.
»Jawohl, Sir. Von ... unserem Freund dort.«
Halcoms gehobene Augenbrauen senkten sich in einer einzigen, fließenden Bewegung. Er hatte in Tellesberg sogar einige Freunde gefunden - mehr noch, als er sich nach seiner hastigen Abreise aus seinem eigenen Bistum in Hanth Town erhofft hatte. Doch in diesem Augenblick war unter jenen Freunden nur ein Einziger, dessen Nachricht wichtig genug sein konnte, um Shumay dazu zu bringen, seinen Herrn zu stören. Und wenngleich es Halcoms Privatsekretär von Zeit zu Zeit immer noch schwerfiel, sich abzugewöhnen, seinen Herrn weiterhin als ›Bischof‹ zu titulieren, hatte er es sich doch deutlich besser eingeprägt, niemals irgendwelche Namen zu erwähnen, es sei denn, es wäre wirklich absolut notwendig.
»Ich verstehe.« Nachdenklich schaute Halcom einige Sekunden lang nur blicklos zu Shumay hinüber. Er zuckte kaum merklich mit den Schultern. »Gibt es etwas, was ich unbedingt jetzt sofort tun muss, Ahlvyn?«
»Eigentlich nicht, Sir«, erwiderte Shumay. »Ich dachte nur, Sie würden vielleicht gern wissen, dass er anscheinend keine übermäßigen Schwierigkeiten dabei hatte, die Arrangements zu treffen, um die Sie ihn gebeten hatten.«
»Danke, Ahlvyn. Das ist eine wirklich gute Nachricht.«
»Nichts zu danken, Sir«, erwiderte Shumay und zog sich zurück.
Einen Moment lang blickte Halcom seinem Sekretär noch hinterher. Dann wandte er sich wieder dem braunbärtigen Mann in dem braunen Habit zu. Die aufgestickte weiße Lampe auf dem Kleidungsstück verriet, dass der bärtige Besucher ein Oberpriester des Bedard-Ordens war. Sein Gewand wurde von einem weißen Zingulum zusammengehalten, das ihn als Vorsteher einer Klostergemeinschaft auswies - und genau das war auch einer der Gründe dafür, dass sich Halcom jetzt in diesem äußerst spartanischen Arbeitszimmer aufhielt.
»Bitte verzeihen Sie die Störung, Pater Ahzwald«, sagte er. »Ich habe Ahlvyn wohl ein wenig zu sehr dazu angehalten, mir Nachrichten immer sofort zukommen zu lassen.«
»Ich bitte Euch, Mein Lord.« Pater Ahzwald schüttelte den Kopf. »Macht Euch keine Sorgen! Pater Ahlvyn hat sich mit Euch zusammen im Maul des Drachen befunden. Wenn er der Ansicht ist, Ihr müsstet etwas sofort erfahren, dann kann es mir nur recht sein, wenn er diese Entscheidung trifft.«
»Ich danke Ihnen«, erwiderte Halcom. Es war ihm gerade noch gelungen, nicht die Stirn zu runzeln, als sein Gegenüber ihn mit seinem kirchlichen Titel angesprochen hatte.
Eigentlich, so ging es ihm durch den Kopf, ist es aber in diesem Falle ziemlich egal. Pater Ahzwald war der Vorsteher der Priorei Sankt Hamlyn, die mehr als zweihundertfünfzig Meilen weit von Tellesberg entfernt lag. Es war sehr unwahrscheinlich, dass Baron Wave Thunder, der Leiter von König - nein: Kaiser! - Caylebs Spionageabteilung, einen seiner Agenten auch noch in eine von vielen recht kleinen Prioreien eingeschleust haben sollte, zudem in eine, die derart weit entfernt von der Hauptstadt lag. Und schon gar nicht in eine Priorei des gleichen Ordens, den ›Erzbischof‹ Maikel Staynair als den seinen ansah.
Trotzdem verlangte es das eigene Sicherheitsbedürfnis, sich die richtigen Dinge anzugewöhnen, und wie Banahr gerade angemerkt hatte, war es Halcom gelungen, mehr als nur einige Fünftage geradewegs im Maul des Drachen selbst zu überleben - geradewegs in Tellesberg. Und sobald Halcom hier in der Grafschaft Rivermouth die Dinge erledigt hätte, die es zu erledigen galt, würde er auch geradewegs dorthin zurückkehren.
»Also«, sagte er, »um auf unser Gespräch zurückzukommen, Pater: Mir ist durchaus bewusst, wie sehr es Sie danach verlangt, im Namen Gottes und Seiner Kirche machtvoll zuzuschlagen. Aber wie ich schon sagte: Ich denke, dass Sie für Ihn und Seine Sache an dem Ort, an dem Sie sich bereits befinden, von deutlich größerem Wert sind.«
»Mein Lord, bei allem Respekt, weder ich noch die Brüder, auf die ich Euch aufmerksam gemacht habe, fürchten sich davor, was diese abtrünnigen Ketzer uns antun könnten. Und gerade weil wir Mitglieder des gleichen Ordens sind, dem auch der Verfasser dieser Abscheulichkeit entstammt, obliegt es unserer Verantwortung, etwas gegen diese ungeheuerliche Ketzerei zu unternehmen. Ich glaube wirklich
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