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Die Invasion - 5

Titel: Die Invasion - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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des Ersten Ratgebers.
    »Wollt Ihr mich begleiten, Majestät, auf dass Ihr Eure chisholmianischen Untertanen kennen lernen könnt?«
 
    Einladende Wärme strömte aus dem gewaltigen Kamin zur Königinmutter Alahnah Tayts Linken. Die Königinmutter saß am anderen Ende der Tafel. Sie blickte über die Reihen polierter Gläser, kostbaren Porzellans und glitzernden Silberbestecks hinweg zu dem dunkelhaarigen jungen Mann hinüber, der ihr gegenüber am anderen Ende der Tafel Platz genommen hatte. In den letzten Monaten hatte der Stuhl dort, am Kopfende der Tafel, einzig Alahnah zugestanden, und es fühlte sich sonderbar an, nun jemand anderen dort sitzen zu sehen.
    Vor allem dieser Jemand, dachte sie. Es würde mir überhaupt nichts ausmachen, wenn Sharley wieder dort säße!
    Sie schaute zu, wie Kaiser Cayleb den Kopf zur Seite wandte und über etwas lachte, was Baron Green Mountain gesagt hatte. Die Königinmutter ertappte sich dabei, sein Profil genauestens zu studieren. Als könne sie allein dadurch, dass sie diesen Mann dort anstarrte, einen Blick auf ihre Tochter erhaschen. Dann, ohne Vorwarnung, verstummte Caylebs Lachen plötzlich, und er blickte Alahnah unerwarteterweise geradewegs in die Augen.
    Im Schein der Lampen wirkten die Augen des Kaisers fast schwarz. Sie waren dunkel, tiefgründig und überraschend warmherzig. Beinahe schon ... sanft.
    Sonderbar. ›Sanft‹ war nun wahrlich kein Wort, von dem Alahnah gedacht hätte, man könne damit den Sieger der Schlachten von Rock Point, der Klippenstraße und vom Darcos-Sund beschreiben. Und doch erschien es ihr als das einzige Wort, das wirklich zutraf. Der junge Mann, der auf dem Platz ihrer Tochter saß, erwiderte ihren Blick ruhig, ohne jegliche Spur von Herausforderung. Stattdessen lag Verständnis in seinem Blick. Mitgefühl.
    Bei diesem Gedanken durchfuhr Alahnah ein sonderbares Kribbeln, tief in ihrem Innersten. Es war, als hätte sie sich in diesem Moment erst selbst erlaubt, etwas zu erkennen - oder sich zumindest einzugestehen. Es war eine Erkenntnis, die sie bislang stets verdrängt hatte, schon seit dem Augenblick, da Caylebs Heiratsantrag hier in Cherayth eingetroffen war. Alahnah hatte sich gefürchtet. Sie hatte sich davor gefürchtet, der Mann, der jene vernichtenden Siege errungen hatte, der Mann, der gedroht hatte, jedes einzelne Schiff unter Graf Thirsks Kommando zu versenken, ohne jegliche Gnade zu gewähren - es sei denn, man akzeptierte seine Kapitulationsbedingungen -, müsse ebenso hart sein wie der Ruf, in dem er stand. So kalt wie das Schwert an seiner Seite. Alahnah hatte gefürchtet, ihre Tochter habe einen Mann heiraten müssen, der in seiner Art und Weise ebenso gnadenlos war wie der Kraken, der seinem Haus als Wappentier diente. Nicht, dass Alahnah gefürchtet hätte, Cayleb könne böse sein; er war gewiss nicht das verderbte Ungeheuer, als das er in der Propaganda der ›Vierer-Gruppe‹ dargestellt wurde. Doch ein Mann brauchte nicht böse zu sein, um eiskalt zu sein. Um sämtliche Richtungen zu erkennen, in denen politisches Kalkül schlichte menschliche Gefühle zu überwinden hatte, wenn es um Leben oder Tod, um Fortbestand oder Untergang ganzer Königreiche ging - und dann entsprechend zu handeln.
    Doch einen derartigen Mann sah Alahnah dort nicht. Oh, sie zweifelte nicht daran, dass ein Mann mit einem solchen Kinn, mit solchen Augen tatsächlich so hart und kalt wie eine Stahlklinge sein konnte. Dass er energisch war, verriet das Kinn, und diese Augen hatten schon entschieden zu viel Blut und Tod gesehen, selbst für einen Mann, der doppelt so alt gewesen wäre. Was für ein Mensch Cayleb Ahrmahk auch war, ein Schwächling war er sicher nicht. Ein Mann mit einem solchen Kinn und solchen Augen neigte nicht zu Unentschlossenheit oder Wankelmut. Doch der Mann, den die Königinmutter in diesem Augenblick sah, war einfach ein junger Mann - der Gemahl, den Sharleyan in ihren Briefen beschrieben hatte, nicht der Kaiser. Nicht der unbesiegbare Admiral oder der Politiker, der anderen gnadenlose Bedingungen aufnötigte, und auch nicht der Anführer eines Schismas gegen Gottes Eigene Kirche, sondern der Ehemann ihrer Tochter.
    Oh Gott, sagte eine Stimme in ihrem Hinterkopf leise, fast wie im Gebet. Sharley hat wirklich nicht bloß versucht, mich zu beruhigen. Sie hat mir die Wahrheit gesagt. Sie liebt ihn wirklich ... und was vielleicht noch wichtiger ist: Er liebt sie.
    Alahnah Tayt hatte miterlebt, wie ihre Tochter schon allzu viel

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