Die Invasion - 5
viel Eifer an den Tag, um es noch größer werden zu lassen. Das reicht aus, um einen jeden Mann mit politischem Verstand zu beunruhigen - zumindest, bis er die Ehre hatte, Euch beide kennen zu lernen.«
»Tatsächlich?« Cayleb neigte den Kopf zur Seite, und Nahrmahn nickte.
»Ihr habt bereits eine bemerkenswerte Skala unterschiedlichster Fähigkeiten unter Beweis gestellt«, sagte der Prinz von Emerald in beinahe schon distanziert-analytischem Tonfall. »Militärisches Geschick, Gewandtheit in Fragen der Diplomatie, eine Beständigkeit, die für jemanden Eures jungen Alters außerordentlich bemerkenswert ist. Dazu kommt eine Integrität, die, wie ich mehr und mehr feststellen muss, auf diplomatischem Parkett eine außerordentlich gefährliche Waffe sein kann - vermutlich, weil wir dergleichen viel zu selten erleben, um angemessene Abwehrmechanismen dagegen zu entwickeln. Daneben möchte ich Euch von Intelligenz bestimmte Unbarmherzigkeit gepaart mit pragmatischem Mitgefühl attestieren.« Er schüttelte den Kopf. »Diese Vereinigung verschiedenster Fähigkeiten wäre selbst bei einem Mann außergewöhnlich, der doppelt so alt ist wie Ihr. Euer Herr Vater war offensichtlich ein noch besserer Lehrer, als ich seinerzeit begriffen habe.«
»Das denke ich wohl auch«, pflichtete Cayleb ihm mit leiser Stimme bei.
»Und dann ist da noch Ihre Majestät, die Kaiserin«, fuhr Nahrmahn fort und verzog die Lippen zu einem eigenartigen Lächeln. »In der ihr ganz eigenen Art und Weise ist sie vielleicht sogar noch gefährlicher als Ihr. Sie ist zweifellos eine der beiden intelligentesten Frauen, denen ich jemals im Leben begegnet bin. Und dass es ihr gelungen ist, nicht nur zu überleben, sondern die Macht der chisholmianischen Krone sogar noch zu festigen, allen Bemühungen einer ganzen Schar Adeliger zum Trotz, die vier- oder fünfmal so alt sind wie sie, betont nur noch, welches Leistungsvermögen sie doch besitzt. Offen gesagt: Gemeinsam seid Ihr beide schlichtweg beängstigend! Ich hoffe, Ihr vergebt mir meine Unverblümtheit.«
»Ich vergebe sie Ihnen nicht nur, ich nehme Ihre unverblümten Worte gar als Kompliment.«
»Das solltet Ihr vermutlich auch. Und ...«, nachdenklich schürzte Nahrmahn die Lippen, »dazu kommt noch ein weiterer Aspekt. Ein Aspekt, der mir überhaupt nicht aufgefallen war, bis ich die Gelegenheit hatte, Euch beide kennen zu lernen und mir aus erster Hand einen Eindruck von Euch zu verschaffen.«
»Und was wäre das für ein Aspekt?«, setzte Cayleb nach, als der Emeraldianer nicht weitersprach.
»Meines Erachtens werden Euch Eure Gegner für eine gewisse Zeit unterschätzen, einfach weil Ihr so jung seid. Sie werden annehmen, so intelligent Ihr auch sein mögt, Ihr würdet immer noch die Impulsivität an den Tag legen, die für Menschen Eures jugendlichen Alters so charakteristisch ist. Ich muss sogar gestehen, dass genau das auch mein erster Eindruck war. Die Details des Ultimatums, das Ihr Graf Thirsk nach der Schlacht in der Klippenstraße übermittelt hattet, haben mich dazu verleitet. Was mir damals zugetragen wurde, klang recht ... blutrünstig. Besonders was die Konsequenzen anging, die es haben würde, sollte Thirsk nicht auf Eure Kapitulationsbedingungen eingehen. Was mir da zu Ohren kam, klang mir genau nach der Art ... öhm, sagen wir: extravaganter Einfälle, die man jugendlicher Unerfahrenheit gemeinhin zuschreibt.«
»Gut.« Cayleb lachte leise. »Genau so sollte es auch wirken.«
»Tatsächlich, Euer Majestät?«
»Oh, verstehen Sie mich nicht falsch, Nahrmahn! Hätte er meine Bedingungen zurückgewiesen, dann hätte ich den Kampf fortgesetzt ... und es hätte kein Angebot mehr gegeben, seine Truppen zu verschonen. Die Schlacht hätte angedauert, bis auch noch das letzte seiner Schiffe in Flammen aufgegangen oder in den Fluten versunken wäre. Glauben Sie bloß nicht, ich hätte das nicht getan!«
Nahrmahn Baytz blickte dem jugendlichen Kaiser in die braunen Augen. Jetzt war darin kein belustigtes Funkeln mehr zu erkennen: Sie waren so hart wie gefrorener Achat. Nahrmahn begriff, dass Cayleb hier nichts als die reine Wahrheit aussprach.
»Und ich werde auch noch etwas anderes zugeben: Ich wollte mir absolut sicher sein, dass ein jeder versteht, welche Konsequenzen es hat, mein Königreich anzugreifen. Das sollte nicht nur der Graf verstehen, sondern die ganze Welt. Der nächste Regent, den die ›Vierer-Gruppe‹ mit Bestechung oder durch Androhung von Gewalt dazu
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