Die Invasion - 5
Zehnpfünder (der die gleiche Rolle an Bord leichterer Schiffe übernehmen sollte). Ihre Karronaden-›Stallgefährten‹ waren ein Siebenundfünfzigpfünder, ein Dreißigpfünder und ein Achtzehnpfünder. Das war gegenüber den bisherigen Modellen der Artillerie eine immense Verbesserung. Denn zuvor hatte es nicht weniger als fünfzehn verschiedene Standards gegeben (ganz zu schweigen davon, dass man bei Kanonen mit eigentlich gleichem Rohrmaß häufig doch nicht die gleichen Kugeln hatten verwenden können; denn die verschiedenen Gießereien hatten ihre Maßeinheit, den Zoll, unterschiedlich definiert, bis König Haarahld unter Androhung geradezu drakonischer Strafen ein offizielles Standardmaß durchgesetzt hatte).
Man hatte versucht, die Dinge noch weiter zu vereinfachen. Daher erging der Erlass, an Bord eines jeden Schiffes müssten die Karronaden beziehungsweise die Kanonen mit langen Rohren immer das gleiche Kaliber aufweisen - zumindest was die Breitseitenbewaffnung betraf. Bei der Jagdarmierung war man bereit, etwas flexibler zu sein. Dass für alle Breitseitengeschütze die gleichen Projektile verwendet werden konnten, vereinfachte das Leben sowohl der Schützen wie auch der Zahlmeister an Bord immens. Zumindest derzeit. Merlin vermutete, es werde nicht mehr lange dauern, bis es bei dieser netten offiziellen Regelung zu den ersten Unsauberkeiten käme. Je mehr spezialisierte Unterklassen von Galeonen konstruiert wurden und je größer der Unterschied zwischen Fregatten/Kreuzern und Linienschiffen/Schlachtschiffen wurde, desto mehr würden Überlegungen hinsichtlich Kopflastigkeit und der Frage, welche Rolle welches Schiff während einer Schlacht zu übernehmen habe, langfristig die Rückkehr zu gemischter Armierung erzwingen.
Die Eile, mit der die Corisandianer sich bemüht hatten, so viele der neuen Waffenmodelle zu improvisieren, versetzte sie in eine deutlich weniger beneidenswerte Lage. Außerdem hatten sie nicht die Zeit gehabt, sich Regeln für eine standardisierte Marinebewaffnung zu überlegen. Ihre neuen Kanonen schien es nur mit zwei verschiedenen Kalibern zu geben. Aber dadurch, dass die Corisandianer fast alle ihrer Kanonen ebenfalls mit Schwenkzapfen ausgestattet hatten, war auch ein Großteil ihres Bestands an alten Kanonen bereits wieder in Dienst gestellt. Auf einer der schwimmenden Geschützbatterien, die man zur Verteidigung von Dairos eingesetzt hatte, waren mindestens drei davon montiert gewesen, vielleicht sogar vier - allesamt mit unterschiedlichem Kaliber. Das musste dem Mann, dessen Aufgabe es war, für jedes Geschütz stets ein Geschoss richtiger Größe und richtigen Gewichtes zu beschaffen, regelrecht Albträume beschert haben.
Was bedauerlicherweise nicht bedeutet, sinnierte Cayleb, dass die dort draußen ihre Kanonen nicht verdammt effektiv einzusetzen gewusst haben, sobald die Kanoniere erst einmal das richtige Geschoss gefunden hatten.
»Euer Majestät, wir haben gerade ein Signal von General Chermyn erhalten.« Gyrards höfliche Stimme unterbrach Caylebs Gedankengänge, und der Kaiser wandte sich dem Kommandanten seines Flaggschiffes zu.
»Und was hat der General zu melden?«, erkundigte er sich.
»Brigadier Clareyk hat sich via Heliograph gemeldet, Euer Majestät. Er hat die gesamte Brigade bereits an Land gebracht, und die zweite Welle unter Brigadier Haimyn geht gerade in diesem Moment an Land. Brigadier Clareyk schätzt, dass beide Brigaden innerhalb der nächsten dreißig oder vierzig Minuten ihre vorgesehenen Stellungen bezogen haben. Allerhöchstens eine Stunde, meldet er.«
»Gut!« Caylebs angespannte Miene hellte sich ein wenig auf.
Zu einer der jüngsten charisianischen Neuerungen gehörte die Einführung des Heliographen. Dieser nutzte reflektiertes Sonnenlicht dazu, Nachrichten zu übermitteln - vermittels einer Technik, die zu einer anderen Zeit, auf einer anderen Welt als Morse-Alphabet bezeichnet worden war. Eine weitere Neuerung war der Bau eigens zum Zweck rascher Anlandung entwickelter Landungsboote. Es gab sie in zwei verschiedenen Größen, wobei die größere Variante eine Feldartillerie mit einer Stärke von bis zu einhundert Mann gleichzeitig an Land bringen konnte. Die kleinere (und schnellere) Variante bot nur vierzig Mann Platz. Beide Bootstypen waren - zumindest theoretisch - in der Lage, unter eigenen Segeln auch größere Strecken zurückzulegen. Da aber ihr geringer Tiefgang und die flachen Rümpfe vor allem Landungen am Strand
Weitere Kostenlose Bücher