Die irische Heilerin
wälzte sie in Gedanken unendlich viele Probleme.
Ein bekanntes Gesicht tauchte auf. Es war der junge Mann, der Ewan MacEgan genannt wurde und seinen Bruder Connor in der Krankenhütte besucht hatte. Groß und überschlank kam er doch mit der Arroganz eines Jungen, der glaubte, schon ein Mann zu sein, auf sie zu.
„Connor ist beim Training“, informierte Ewan sie. Sein Blick fiel auf Rhiannon, in seinen Augen zeigte sich Überraschung. „Isabel hat mich gebeten, Euch willkommen zu heißen. Sie bereitet ein kleines Mahl für Euch vor.“
„Weiß Connor, dass ich hier bin?“
Ewan schüttelte den Kopf. „Ich werde es ihm sagen, wenn er und Patrick fertig sind. Isabel wartet auf Euch.“
Er führte sie eine steinerne Treppe hinauf in die Große Halle. Farbenprächtige Teppiche hingen an den Wänden, süß duftende Binsen bedeckten den Boden. Eileen wünschte von ganzem Herzen, dass ihr léine sauber wäre und dass sie eine kräftigere Farbe als das helle Grün ausgewählt hätte. Sie erhaschte einen Blick auf Damen in feinen Seidenkleidern und Verzierungen in ihren Haaren. Armbänder aus Gold und Silber glänzten an ihren Handgelenken.
Sie schluckte schwer, als eine schöne Frau mit langem goldenen Haar in den Saal trat. Sie trug ein violettes Überkleid und ein léine, unter dem sich ihr schwangerer Bauch wölbte. Zur Begrüßung streckte sie ihr die Hände entgegen.
„Ich bin so froh, dass Ihr gekommen seid, Eileen Ó Duinne. Ich bin Isabel MacEgan. Patrick ist mein Ehemann.“
Eileen fiel die informelle Begrüßung der Königin durchaus auf, und sie fühlte sich unbehaglich beim Willkommenskuss der Frau. „Ich muss mich entschuldigen, dass ich keine Nachricht über mein Kommen gesandt habe. Aber ich …“
Isabel winkte ab. „Macht Euch keine Sorgen. Trahern und Ewan haben von Euch erzählt. Ich hatte gehofft, dass Ihr erscheinen würdet.“ Sie winkte den Bediensteten, Schalen mit Wasser zu bringen. „Bitte setzt Euch, und ich werde Euch die Füße waschen.“ Sie wandte sich Rhiannon zu. „Und dies ist Eure Tochter?“
„Ja.“ Eileen nahm einen tiefen Atemzug, um Mut zu schöpfen, und fügte hinzu: „Sie ist auch Connors Tochter.“ Ungebeten traten ihr die Tränen in die Augen. Sie versuchte, den plötzlichen Ansturm der Gefühle zu unterdrücken, aber die Erschöpfung der Reise und ihre Ängste machten das unmöglich.
„Weiß er von ihr?“, fragte Isabel, ihre Stimme hart und zur Verteidigung bereit.
Eileen nickte. „Aber er wird nicht erwarten, uns zu sehen. Ich wollte, dass er Rhiannon besser kennenlernt.“
Der Gesichtsausdruck der Königin wurde sofort wieder weicher. „Würdet Ihr gern baden und etwas essen und trinken, bevor er Euch sieht?“
„Dafür wäre ich sehr dankbar.“ Eileen wandte sich an Rhiannon, deren Gesicht rebellisch angespannt war.
Rhiannon murmelte leise: „Ich werde nicht hierbleiben. Ich will nach Hause.“
„Du wirst das tun, was man dir sagt, a iníon“, warnte Eileen sie. „Ich erwarte gute Manieren von dir.“
„Und was ist mit ihm?“ Rhiannon schickte einen funkelnden Blick zu Ewan hinüber. „Er hat keine guten Manieren. Er starrt mich immer an.“
„Vielleicht weil du so schön bist.“
„Aber er ist ein Junge, Mutter!“ Rhiannons entsetzte Reaktion ließ Eileen laut lachen.
„Er ist auch dein Onkel“, erwiderte sie.
Rhiannon sah nicht aus, als würde sie das beruhigen. Sie verzog unwillig das Gesicht. „Er wird mir nicht sagen dürfen, was ich tun soll.“
Eileen enthielt sich jeden Kommentars. Nachdem die Diener die Schalen fortgetragen und sie ihre Sandalen wieder angezogen hatten, folgte sie Isabel die Treppe hinauf. Rhiannon kam langsam hinter ihnen her und betrachtete die Steinfestung mit Interesse.
Vor der Tür eines Raumes hörten sie den Klang von aufeinandertreffenden Schwertern. Eileen warf Isabel einen fragenden Blick zu. Isabel nickte.
„Das sind mein Ehemann und Connor. Würdet Ihr gern auf sie warten?“
Eileen schüttelte den Kopf. „Könntet Ihr für einen Moment auf Rhiannon aufpassen, wenn es Euch nichts ausmacht? Ich werde sofort wieder bei Euch sein.“
Das grausame Gegeneinanderschlagen der Schwerter nahm kein Ende. Connor konnte unmöglich solch brutale Angriffe mit seinen Händen abwehren. Eileen öffnete leise die Tür zum Übungsraum, in Gedanken schon beschäftigt mit Möglichkeiten, die Schwellungen und den Schmerz zu lindern.
Der Schwertkampf hatte etwas von einer tödlichen Kraft. Connor
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