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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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zehn Verehrer hatte?
    Und Brigid sagte, Fiona sehe klasse aus, sie habe eine Superfigur, ganz im Gegensatz zu ihr, Brigid; sie nehme schon zu, wenn sie nur ein belegtes Brot angucke. Aber wie kam es dann, daß Brigid mit ihren Schwabbelhüften ständig ein Rendezvous und zu allen Anlässen einen Begleiter hatte? Und das waren nicht nur Leute, die sie im Reisebüro kennenlernte. Brigid behauptete sogar, in der Arbeit habe sie noch nie einen interessanten Typen getroffen. Da kämen immer nur haufenweise Mädchen, die einen Badeurlaub buchen wollten, alte Frauen wegen Wallfahrten und Paare, bei denen ihr immer das Kotzen kam, wenn sie erzählten, sie wollten ihre Flitterwochen an einem möglichst diskreten Ort verbringen. Es war auch nicht so, daß Grania und Brigid mit
jedem
Mann schliefen, den sie kennenlernten. Damit ließ sich ihre Beliebtheit bei den Männern nicht erklären. Für Fiona blieb das alles ein großes Rätsel.
    Am Vormittag herrschte viel Betrieb, und Fiona hatte alle Hände voll zu tun. Ihr Abfalleimer quoll über von Teebeuteln und Keksverpackungen und mußte geleert werden. Mühsam schleppte sie den großen Müllsack zur Tür. Wenn sie es erst mal bis zum Mülltonnenhäuschen geschafft hatte, war das Schlimmste überstanden. Da stand ein junger Mann auf und nahm ihr den Sack ab.
    »Lassen Sie mich das tragen«, meinte er. Er war dunkel und recht gutaussehend, abgesehen von seinem struppigen Haar. Unter dem Arm trug er einen Motorradhelm, als hätte er Angst, ihn unbeaufsichtigt liegenzulassen.
    Sie hielt ihm die Tür zu dem Häuschen mit den Mülltonnen auf. »Wenn Sie es einfach in eine von denen werfen, das wäre nett«, sagte sie und wartete höflich, bis er damit fertig war.
    »Wirklich sehr freundlich von Ihnen«, bedankte sie sich.
    »Es lenkt mich wenigstens von anderen Dingen ab«, erwiderte er.
    Sie hoffte, daß er nichts Schlimmes hatte, er sah so jung und gesund aus. Andererseits hatte Fiona viele scheinbar Gesunde durch ihre Cafeteria in die Wartezimmer gehen sehen, die dann eine schlechte Nachricht erhielten.
    »Nun, das ist ein gutes Krankenhaus«, behauptete sie, obwohl sie gar nicht wußte, ob das stimmte. Wahrscheinlich war es nicht besser oder schlechter als die meisten anderen, aber sie sagte das immer, um die Leute aufzumuntern und ihnen Hoffnung zu geben.
    »Wirklich?« fragte er interessiert. »Ich habe sie eigentlich nur hergebracht, weil es das nächste ist.«
    »Oh, es hat einen sehr guten Ruf.« Fiona wollte die Unterhaltung noch nicht beenden.
    Da deutete er auf ihr T-Shirt. »
Giovedi
«, meinte er schließlich.
    »Wie bitte?«
    »Das heißt Donnerstag auf italienisch«, erklärte er.
    »Tatsächlich? Sprechen Sie Italienisch?«
    »Nein, aber ich besuche zweimal die Woche einen Abendkurs für Italienisch.« Seinem schwärmerischen Ton nach schien er sehr stolz darauf zu sein. Fiona fand ihn sympathisch und wollte noch länger mit ihm reden.
    »Wen, sagten Sie, haben Sie hergebracht?« erkundigte sie sich. Das sollte sie besser gleich zu Anfang klären. Wenn es sich um seine Frau oder Freundin handelte, brauchte er sie nicht weiter zu interessieren.
    »Meine Mutter«, antwortete er mit bedrückter Miene. »Sie ist in der Notaufnahme. Ich soll hier warten.«
    »Hatte sie einen Unfall?«
    »So etwas Ähnliches.« Er wollte nicht darüber reden.
    Fiona kam wieder auf den Italienischkurs zu sprechen. Mußte man viel dafür lernen? Wo fand er statt?
    »Im Mountainview, das ist die große Schule dort.«
    Verblüfft sah Fiona ihn an. »Na, so ein Zufall! Der Vater meiner besten Freundin arbeitet dort als Lehrer.« Das war immerhin etwas Verbindendes.
    »Tja, die Welt ist klein«, meinte der Junge.
    Sie spürte, daß sie ihn langweilte, und am Tresen standen Leute, die auf Tee und Kaffee warteten. »Danke, daß Sie mir mit dem Abfall geholfen haben, das war sehr nett von Ihnen«, sagte sie noch einmal.
    »Gern geschehen.«
    »Ihre Mutter wird bestimmt wieder gesund. Die Leute in der Notaufnahme sind große Klasse.«
    »Ja, bestimmt«, entgegnete er.
    Fiona bediente die Gäste und hatte für jeden ein Lächeln übrig. War sie womöglich ein fades, langweiliges Ding? An sich selbst fiel einem das ja nicht unbedingt auf.
    »Findest du mich langweilig?« fragte sie an diesem Abend Brigid.
    »Nein, ich finde dich toll. Du solltest eine eigene Fernsehshow haben.« Mit säuerlicher Miene untersuchte Brigid einen Reißverschluß, der sich von dem zugehörigen Kleid verabschiedet hatte.

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