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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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vorbei, Dad. Er macht das nicht mehr, da bin ich mir ganz sicher. Überleg doch mal.«
    »Nur weil er nicht mehr im Lehrerzimmer ist, sondern in seinem kleinen, schäbigen Kabuff sitzt, das er Direktorat nennt.«
    »Aber Dad, es hieß doch immer Direktorat, auch schon zu Mr. Walshs Zeiten.«
    »Das war etwas anderes. Dieser Mann war seines Amtes würdig.«
    »Und Tony, hat er sich nicht auch als würdig erwiesen? Hat er nicht die Schule streichen und verschönern lassen? Hat er nicht überall frischen Wind hereingebracht, dir das Geld für den Naturgarten gegeben, den Italienischkurs eingeführt, eine Elterninitiative für einen besseren Bus-Service angeregt …?«
    »Oh, seine Gehirnwäsche hat ja perfekt gewirkt.«
    »Was sagst du dazu, Mam?« wandte sich Grania an ihre Mutter.
    »Was ich dazu sage? Macht es irgendeinen Unterschied, was ich dazu sage? Du tust doch sowieso, was du willst.«
    »Ich wünschte, ihr würdet begreifen, daß es auch für ihn nicht leicht ist. Er wollte es dir schon lange sagen, Dad, er hielt nichts von dieser Geheimniskrämerei, aber ich war noch nicht soweit.«
    »Natürlich«, erwiderte ihr Vater mit tiefster Verachtung.
    »Wirklich, Dad. Er sagt, er hat immer ein schlechtes Gewissen, wenn er dich sieht, weil er dir etwas verheimlicht und weiß, daß er sich früher oder später mit dir auseinandersetzen muß.«
    »Ach Gott, der Arme.« So sarkastisch und verbittert hatten sie ihren Vater noch nie erlebt. Sein Gesicht war zu einer höhnischen Grimasse verzerrt.
    Grania straffte die Schultern. »Wie Mam schon sagte, ich bin über einundzwanzig und kann tun und lassen, was ich will. Trotzdem hatte ich natürlich gehofft, ihr würdet mir in dieser Sache … nun, Rückhalt geben.«
    »Und wo steckt er, der große Sir Galahad, der sich nicht traut, es uns selbst zu sagen?«
    »Er wartet draußen, Dad, in seinem Wagen. Ich habe ihm gesagt, ich würde ihn hereinbitten, wenn es euch recht ist.« Grania biß sich auf die Lippe. Ihr war klar, daß man ihn nicht willkommen heißen würde.
    »Mir ist es
nicht
recht. Und den Segen oder Rückhalt, den du von mir willst, wirst du
nicht
bekommen, Grania. Wie deine Mutter schon sagte, gehst du deine eigenen Wege, und was können wir schon dagegen tun?« Wütend stand er auf und ging hinaus. Gleich darauf hörte man, wie er die Tür seines Zimmers hinter sich zuschlug.
    Grania sah ihre Mutter an. »Was hast du erwartet?« meinte Nell Dunne achselzuckend.
    »Aber Tony liebt mich wirklich«, wandte Grania ein.
    »Das mag schon sein, aber glaubst du, daß das deinen Vater interessiert? Du hast dir von den Milliarden Männern auf der Welt ausgerechnet den ausgesucht, mit dem er sich nie versöhnen wird. Nie.«
    »Aber du – verstehst du mich wenigstens?« Grania suchte verzweifelt nach irgendeiner Unterstützung.
    »Ich habe schon verstanden, daß er der Mann ist, den du momentan haben willst. Klar. Was gäbe es sonst noch zu verstehen?«
    Granias Miene verhärtete sich. »Danke, damit ist mir sehr geholfen«, sagte sie. Dann faßte sie ihre Schwester und ihre Freundin ins Auge. »Und euch beiden auch vielen Dank für eure großartige Unterstützung.«
    »Meine Güte, was hätten wir denn tun sollen? Auf die Knie fallen und sagen, wir hätten immer schon gewußt, daß ihr zwei für einander geschaffen seid?« Brigid fühlte sich zu Unrecht angegriffen.
    »Ich habe doch zu sagen versucht, daß die Leute viel von ihm halten«, brachte die arme Fiona mit weinerlicher Stimme heraus.
    »Das hast du.« Granias Miene war noch immer kalt und unerbittlich, als sie sich erhob.
    »Wohin willst du? Geh nicht zu Dad, er läßt sich nicht umstimmen«, warnte Brigid sie.
    »Nein, ich gehe ein paar Sachen packen. Ich ziehe zu Tony.«
    »Wenn er so verrückt nach dir ist, kann er auch noch bis morgen warten«, bemerkte ihre Mutter.
    »Hier hält mich nichts mehr«, erklärte Grania. »Bis vor fünf Minuten war es mir nie aufgefallen, aber jetzt ist mir klar, daß ich hier noch nie richtig glücklich war.«
    »Was heißt schon glücklich?« meinte Nell Dunne.
    Dann saßen sie schweigend da, während sie hörten, wie Grania die Treppe hinauf in ihr Zimmer ging und ihren Koffer packte.
     
    Draußen in einem Wagen spähte ein Mann angestrengt zum Haus und versuchte festzustellen, was dort vor sich ging. Er fragte sich, ob es ein gutes oder schlechtes Zeichen war, daß jemand in einem Zimmer im oberen Stockwerk hin und her ging.
    Schließlich sah er, wie Grania mit einem

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