Die irische Signora
traumhaft.«
Ihre Begeisterung war so echt, daß er nicht kühl und reserviert bleiben konnte. »Ja, es ist ein bißchen wie ein Traum, Grania, aber ich war ja immer ein ziemlich verträumter Dussel.«
»Dann habe ich das von dir geerbt.«
»Nein, das glaube ich nicht.«
»Ich meine nicht deine künstlerische Ader, ich könnte ein Zimmer nie so einrichten. Aber ich habe auch meine Träume, ganz bestimmt.«
»Das sind nicht die richtigen Träume, Grania, glaub mir.«
»Ich sage dir was, Dad: Ich habe nie jemanden geliebt, abgesehen von dir und Mam, und dich mehr, wenn ich ehrlich bin. Nein, ich möchte das jetzt sagen, weil du mich später vielleicht nicht mehr zu Wort kommen läßt. Aber jetzt weiß ich, was Liebe bedeutet, nämlich daß man das Beste für einen anderen Menschen will. Man will, daß der andere glücklicher ist als man selbst. Ist es nicht so?«
»Doch.« Seine Stimme klang völlig tonlos.
»Dasselbe hast du doch einmal für Mam empfunden, nicht wahr? Ich meine, wahrscheinlich empfindest du das immer noch.«
»Ich glaube, das ändert sich, wenn man älter wird.«
»Dann ist es aber für mich zu spät. Du und Mam, ihr hattet fünfundzwanzig gemeinsame Jahre. Tony wird in fünfundzwanzig Jahren tot sein. Er raucht und trinkt und ist unverbesserlich. Das weißt du ja. Wenn ich noch zehn schöne Jahre mit ihm erlebe, kann ich mich glücklich schätzen.«
»Grania, du könntest es soviel besser haben.«
»Dad, nichts könnte besser sein, als von dem Menschen geliebt zu werden, den man selbst liebt. Ich weiß das, und du weißt es auch.«
»Er ist nicht vertrauenswürdig.«
»Ich vertraue ihm vollkommen, Dad. Ich würde ihm mein Leben anvertrauen.«
»Warte, bis er dich mit einem Kind sitzenläßt. Dann wirst du an meine Worte denken.«
»Nichts auf der Welt würde ich mir mehr wünschen, als ein Kind von ihm zu haben.«
»Na, nur zu. Es hält dich niemand davon ab.«
Grania beugte sich über den Blumenstrauß auf dem kleinen Tisch. »Hast du dir die selbst gekauft, Dad?«
»Meinst du, jemand anderer würde mir welche kaufen?«
In Granias Augen traten Tränen. »Ich würde dir welche schenken, wenn du mich lassen würdest. Ich würde hier bei dir sitzen, und wenn ich ein Kind hätte, würde ich es zu seinem Großvater bringen.«
»Du willst mir sagen, daß du schwanger bist, oder?«
»Nein, darum geht es nicht. Das habe ich selbst in der Hand, und ich werde nicht schwanger werden, bis ich weiß, daß das Kind von allen gewollt wird.«
»Dann wirst du vielleicht lange warten müssen«, sagte er. Doch da sah sie auch in seinen Augen Tränen.
»Dad«, hauchte sie, und es war schwer zu sagen, wer zuerst auf den anderen zukam, bis sie sich in den Armen lagen und an der Schulter des anderen ihre Tränen vergossen.
Brigid und Fiona gingen ins Kino.
»Warst du schon mit ihm im Bett?«
»Nein, aber es hat keine Eile. Es läuft alles nach Plan«, antwortete Fiona.
»Muß ein Sieben-Jahres-Plan sein«, brummelte Brigid.
»Nein, glaub mir, ich weiß, was ich tue.«
»Schön, daß wenigstens noch einer weiß, was er tut«, meinte Brigid. »Dad und Grania machen jetzt einen auf gefühlsduselig. Sie sitzt bei ihm in seinem Zimmer und redet mit ihm, als wäre zwischen ihnen nie ein böses Wort gefallen.«
»Findest du das nicht gut?«
»Doch, natürlich ist es gut. Aber andererseits ist es mir ein Rätsel«, meinte Brigid.
»Und was sagt deine Mutter dazu?«
»Nichts, und das ist mir auch ein Rätsel. Ich habe immer gedacht, wir seien die langweiligste und gewöhnlichste Familie in der ganzen zivilisierten Welt. Jetzt habe ich das Gefühl, in einem Irrenhaus zu leben.«
Brigid haßte Dinge, die sie nicht durchschaute und die ihr Kopfzerbrechen bereiteten. Sie klang ziemlich verdrießlich.
Der Kochunterricht erwies sich als sehr erfolgreich. Manchmal war auch Barrys Vater da, ein großer, dunkler Mann mit wachsamem Blick. Er wirkte wesentlich jünger als seine Frau, aber ihn plagten ja auch nicht so viele Sorgen. Er arbeitete für eine große Gärtnerei, die Restaurants und Hotels in der Stadt mit Blumen und Gemüse belieferte. Fiona begegnete er zwar freundlich, aber nicht besonders interessiert. Er stellte ihr keine neugierigen Fragen und vermittelte den Eindruck, als wäre er nur auf der Durchreise und gehörte gar nicht zur Familie.
Ab und zu kam Barry gleich nach seinem Italienischkurs heim und ließ sich die Speisen schmecken, die sie zusammen gekocht hatten. Aber Fiona
Weitere Kostenlose Bücher