Die irische Signora
unterhalten?«
»Ich habe gerade viel zu tun.«
»Tüchtige Leute haben immer viel zu tun.«
»Tja, du sagst es.«
»Aber was könnte wichtiger sein als Kathy?«
»Für mich nichts.«
»Und mir ist sie auch sehr wichtig, aber …«
»Aber du möchtest nicht allzuviel mit ihr zu tun haben.«
»Ganz im Gegenteil, ich würde gern möglichst viel mit ihr zu tun haben. Aber du hast sie aufgezogen, du hast sie zu dem Menschen gemacht, der sie heute ist, dir bedeutet sie mehr als jedem anderen. Ich möchte mich jetzt nicht auf einmal dazwischendrängen. Sag mir, was deiner Meinung nach das Beste für sie wäre.«
»Glaubst du, daß ich das weiß? Woher sollte ich es wissen? Ich möchte, daß sie alles auf der Welt bekommt, aber ich kann es ihr nicht geben. Wenn du mehr für sie tun kannst, dann tu es, sorg dafür, daß sie es bekommt.«
»Sie hält große Stücke auf dich, Fran.«
»Von dir ist sie auch sehr angetan.«
»Mich kennt sie gerade erst ein oder zwei Wochen, aber dich ihr Leben lang.«
»Brich ihr nicht das Herz, Paul. Sie ist ein großartiges Mädchen, und es war so ein Schock für sie. Ich dachte, sie wüßte oder ahnte oder spürte es irgendwie. Hier bei uns in der Gegend ist das ja nicht so außergewöhnlich. Aber offenbar habe ich mich geirrt.«
»Ja, aber sie ist damit fertig geworden. Das hat sie von dir. Sie kann mit schwierigen Situationen umgehen, mögen sie nun verdient oder unverdient sein.«
»Von dir hat sie auch einiges geerbt – sehr viel Mut.«
»Was sollen wir also tun, Fran?«
»Wir müssen es ihr überlassen.«
»Sie kann mich so oft sehen, wie sie will. Aber ich verspreche dir, daß ich nicht versuchen werde, sie dir wegzunehmen.«
»Ich weiß.« Schweigen trat ein.
»Und ist sonst … hm … alles in Ordnung?«
»Ja, es ist … alles in Ordnung.«
»Sie hat mir erzählt, daß ihr beide Italienisch lernt. Vorhin hat sie im Restaurant italienisch gesprochen.«
»Das ist schön.« Fran klang erfreut.
»Haben wir das in gewisser Weise nicht gut hingekriegt, Fran?«
»Ja, natürlich«, erwiderte sie und legte auf, ehe sie in Tränen ausbrach.
»Was sind
carciofi
, Signora?« fragte Kathy im Italienischunterricht.
»Artischocken, Caterina. Warum fragst du?«
»Ich war in einem Restaurant, wo das auf der Speisekarte stand.«
»Diese Speisekarte habe ich für meine Freundin Brenda Brennan geschrieben«, erklärte die Signora stolz. »War es das Quentin’s?«
»Genau, aber sagen Sie Mr. Dunne nichts davon. Seine Frau arbeitet dort. Ist eine komische Ziege, finde ich.«
»Wenn du es sagst«, entgegnete die Signora.
»Ach übrigens, Signora, erinnern Sie sich noch, daß Sie gemeint haben, Fran wäre meine Mutter, und daß ich gesagt habe, sie ist meine Schwester?«
»Ja, nun …« Die Signora setzte zu einer Entschuldigung an.
»Sie hatten völlig recht, ich hatte das nur nicht begriffen«, sagte Kathy in einem Ton, als könnte es schließlich jedem mal passieren, daß man die Mutter für die Schwester hielt.
»Na, dann ist es ja gut, daß sich alles geklärt hat.«
»Ich finde es sehr gut«, meinte Kathy.
»Ganz bestimmt.« Die Signora klang ernst. »Sie ist so jung und so nett, und ihr habt noch viele gemeinsame Jahre vor euch. Viel mehr, als wenn sie eine ältere Mutter wäre.«
»Ja. Ich wünschte nur, sie würde heiraten. Dann würde ich mich nicht so verantwortlich für sie fühlen.«
»Vielleicht heiratet sie ja mal.«
»Aber ich fürchte, sie hat ihre Chance vertan. Ihr Freund ist nach Amerika gegangen. Ich glaube, sie ist nur meinetwegen hiergeblieben.«
»Du könntest ihm doch schreiben«, schlug die Signora vor.
Brenda Brennan, die Freundin der Signora, hörte mit Entzücken, welche Fortschritte der Italienischkurs machte. »Neulich hatte ich eine deiner jungen Schülerinnen da, sie trug eine Mountainview-Jacke und sagte, sie lerne Italienisch.«
»Hat sie Artischocken gegessen?«
»Woher weißt du das nur? Hast du übersinnliche Kräfte?«
»Das war Kathy Clarke … sie ist die einzige Jugendliche, die anderen sind alle erwachsen. Sie sagte mir, daß Aidan Dunnes Frau bei euch arbeitet. Stimmt das?«
»Ach, das ist der Aidan, von dem du so oft erzählst. Ja, Nell ist die Kassiererin. Eine sonderbare Frau, ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich von ihr halten soll.«
»Wie meinst du das?«
»Nun, sie ist sehr tüchtig und schnell und ehrlich. Setzt für die Kunden ein freundliches Lächeln auf und kann sich ihre Namen merken.
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