Die irische Wildkatze
Das wird dir eine verdammt gute Chance geben, sie dir genauer anzusehen, Will.«
»Beschreib mir doch noch einmal ihre Vorzüge«, drängte ihn William Cavendish.
»Tja, was haben wir da? Ein Bruder und eine Schwester sind als Kleinkinder gestorben, so dass sie die einzige Erbin meines extrem wohlhabenden Onkels, des dritten Grafen von Burlington, ist. Sie wird nicht nur sein prächtiges Haus am Picadilly und die palladische Villa an der Themse bei Chiswick erben, sondern auch die Boyle-Ländereien in Londesborough und Bolton Abbey in Yorkshire. Sollte ich noch die riesigen Ländereien in der Grafschaft Waterford erwähnen, die von dem prächtigen Schloss Lismore gekrönt werden?«
»Nein, Lismore brauchst du nicht zu erwähnen, das ist das Juwel von Irland.« Wills Mundwinkel hoben sich vor Genuss. »Ich glaube, ich habe mich schon jetzt verliebt.«
»Liebe!«, spottete John Campbell. »Wir wissen doch alle, dass es so etwas nicht gibt. Liebe ist ein närrisches Phantasiegebilde, mit dem sich nur Frauen abgeben.«
»Es wird doch in Dublin nicht alles streng und förmlich ablaufen, oder?«, fragte Henry Campbell besorgt.
»Ich fürchte, es ist dem englischen Hof in St. James genau nachempfunden.« Wills Lider senkten sich zu einem Zwinkern. »Doch da Vaters vizekönigliche Amtszeit als irischer Regent zu Ende ist, wird er in seiner letzten Nacht ein Auge zudrücken. Champagner wird fließen und ein Saturnalienfest soll Glück für die nächste Amtszeit bringen.«
»Gott sei Dank! Ich würde meine letzte Nacht in Irland wirklich nicht gern in einem kalten Bett verbringen«, scherzte Henry.
»Du wirst freie Auswahl zwischen attraktiven Matronen oder den hübschen Töchtern von Anwälten und Ärzten von niederem sozialem Rang haben, aber die Debütantinnen, die dieses Jahr in die Gesellschaft eingeführt werden, sind absolut tabu für Tändeleien. Sie dürfen nur Heiratsanträge annehmen«, warnte John Campbell seinen jüngeren Bruder.
»Mutter würde wahnsinnig werden und Vater mich enterben, wenn ich auch nur daran dächte, eine irische Braut nach Hause zu bringen. Angesichts der Tatsache, dass du der Erbe bist, ist das in deinem Fall sogar noch schlimmer, John. Manchmal befürchte ich, dass sie wohl nichts unter königlichem Rang als passend zum Hause Argyll anerkennen werden.«
»Ha, du glaubst doch wohl nicht, dass hannoveranisches Blut den Erwartungen des Herzogs genügen würde, oder? Schotten und Deutsche können vielleicht ein Schlachtfeld teilen, aber bestimmt kein Ehebett, das kann ich dir versichern.«
»Meine Schwester Rachel hat eine geheime Schwäche für dich, John. Du weißt, sie wäre gar nicht so schlecht für dich - als die älteste Tochter wird sie eine ganze Menge Geld und Gut mit in die Ehe bringen«, stellte Will Cavendish fest.
»Als ich das letzte Mal in London war, wurde Lady Rachel von Lord Orford der Hof gemacht«, gab John Campbell zurück.
»Na ja, sie kann ja nicht ewig warten, bis du dich ihr erklärst«, neckte ihn William.
»Unsere Mutter hat eine ganze Schar von adligen Damen im Auge, die sie für würdig hält, eventuell Johns Frau zu werden. Zum Beispiel Mary Montagu, die Tochter des Herzogs von Buccleuch, Dorothy Howard, die Tochter des Grafen von Carlisle, und Henrietta Neville, der Nachwuchs vom Grafen von Westmorland.«
Als seine Freunde die Augenbrauen hoben und ihn fragten, ob es eine Favoritin für ihn gäbe, lachte John und schüttelte den Kopf. »Gott sei Dank sind es so viele Damen, da wird ja wohl eine Akzeptable dabei sein!« Obwohl er Witze machte, wusste er, dass es seine Pflicht war, sich standesgemäß zu verheiraten. Seine Familie bedrängte ihn schon, das nicht länger vor sich herzuschieben. Selbst Will gewöhnte sich an den Gedanken, dass er bald heiraten und Erben zeugen müsste. Die Pflicht der Familie gegenüber war das Allerwichtigste.
Will stand auf und streckte sich. »Wenn wir morgen früh genug loskommen, sollten wir es bis zum Wirtshaus Schwarzer Stier schaffen. Die haben einen großen Kutschenhof und eine Menge Leute, um sich um unsere Pferde zu kümmern.«
»Ich bin auch für den Schwarzen Stier«, stimmte Michael zu. »Die haben einen guten Weinkeller und braten uns auch unser eigenes Wild, wenn man sie entsprechend besticht.«
Dank der sorgsamen Arbeit ihrer Bediensteten brachen die vier Reisenden am Morgen früh genug auf und saßen schon vor sieben Uhr im Sattel. Im Galopp ritten sie ihren Kutschen voraus.
Als die Gunnings am
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