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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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doch nette Leute.«
    Mr Jones lacht wieder auf, diesmal barscher. »Ja klar, gar keine Frage. Und alle hingerissen, euch Jungs kennenzulernen. Ihr seid eine beeindruckende Truppe.«
    »Danke sehr.« Billy entdeckt eine Ausbuchtung neben Mr Jones’ Achsel. Dieser Typ trägt eine Knarre. Billy widersteht einem kurzen, aber heftigen Drang, ihm die Gurgel einzudrücken bis durch zum Genick und ihn zu entwaffnen, einfach sicherheitshalber.
    »Kriegsgegner werden Sie kaum finden hier. Die sind alle heftig dafür, heftig für Amerika. Haben auch nicht die geringste Scheu, ihre Meinung zu sagen.«
    »Ja, Sir.«
    »Also ich bin ja auch nicht unpolitischer als andere, aber ich unterhalte mich allemal lieber über Football als über Politik. Sie auch?«
    »Ich unterhalte mich über alles Mögliche lieber als über Politik, Sir.«
    Mr Jones lacht kurz und hart auf. Billy scheint bisher immer das Richtige zu sagen, aber ausruhen will er sich lieber nicht darauf.
    »Sie sind der aus Texas?«
    »Ja, Sir.«
    »Und – Cowboys-Fan?«
    »Mein Leben lang.« Billy gibt noch einen Seufzer dazu, einfach schmeichelhalber.
    »Das hör ich doch gern. Wir sehen zu, dass Sie heute einen Sieg mitnehmen können. Harold«, sagt er zu dem schwarzen Barmann, »wir hätten gern eine eiskalte Cola für unsern jungen Freund. Mit irgendwas drin?« Er wirft Billy einen verschmitzten Blick zu.
    »Ein kleiner Schuss Jack Daniel’s wäre nett. Obwohl ich eigentlich nicht darf.«
    »Keine Bange, das halten wir doch unter der Decke. Kann ich sonst noch was für Sie tun?«
    Billy überlegt, warum Mr Jones sich seinetwegen solche Umstände macht. »Na ja, ehrlich gesagt, Sir, ich hab etwas Kopfschmerzen. Ibuprofen oder so was wäre nett.«
    »Moment.« Mr Jones zückt sein Handy und tippt schneller als gedacht angesichts seiner plumpen Finger, gleich an zweien prangen Super-Bowl-Ringe. Zwei klobige Krustazeen der Juwelierskunst, die Billy nicht anzustarren versucht. Er nimmt seinen Colabecher und dreht sich zum Raum. Irgendwo im Menschenknäuel ist Mango und wirft ihm einen heiter-verblüfften Blick zu, kurz danach ist die Blickachse verstopft, aber irgendwie gehört das wohl zum Gag. Am dichtesten ist die Menge bei Norm, ein Bienenschwarm um ihn herumschwirrender Leiber, hier kann man richtig was lernen, findet Billy, das ist die Chance, einen Meister-Schleimer in Großaufnahme zu erleben.
    Norm hat ein legendäres Talent, einen ganzen Raum für sich einzunehmen. Charisma, Charme, Führungsstärke, er kann alles auf einmal mit einem Lächeln und einem persönlichen Wort, die er jedwedem Gast widmet, in Anschlag bringen, er ist der unumstrittene Dreh- und Angelpunkt, das Zentrum des Raums, wie geschickt Norm alles dirigiert, kann Billy gut erkennen, und trotzdem, trotzdem ... Er steht so unter Strom , der Norm. Er strengt sich so an. Er macht nichts falsch, aber jede Bewegung verrät die Art Stress, unter dem ein Autoverkäufer steht oder ein schlechter Schauspieler, der zwar keinen Einsatz verpatzt, aber dauerverkrampft wirkt, weil der Kragen klemmt oder seine Unterhose sich verwurschtelt hat. Norm ist absolut selbstsicher, geradezu der König des Selbstwertgefühls, aber es ist eine Selbstsicherheit aus Selbsthilfekassetten und Motivationsmantras, eine einstudierte Selbstsicherheit, erlernbar wie eine Fremdsprache, Norms Körpersprache hat sozusagen einen Akzent,da ist ein feines arthritisches Knarzen in jedem Lächeln, jeder Geste.
    Es tut weh, ihn zu beobachten, ihm fehlt eine elementare Würde – daher vielleicht seine andauernden Respektlosigkeiten? Es gibt Gerüchte zuhauf über merkwürdige Zusammenstöße – im schicken South Beach sollen sie massenhaft die Hose runtergelassen und ihm den Arsch gezeigt haben, in Churchill Downs genauso, und dann hat ihn im Herrenklo des »21« in New York City auch noch eine Gang kindischer junger Hedgefondsmanager aufgemischt. Aber er ist der Besitzer der Cowboys, irgendwie muss das also trotzdem funktionieren. Billy lässt den Blick über den Oglesby-Clan schweifen, die anderen Mitglieder sind genauso angestrengt zugange wie Norm, lauter Klaviertasten, die am selben stromführenden Draht hängen, klimpernd, aber verstimmt in all ihrer dreisten, protzenden, gleisnerischen Vertreterhaftigkeit, und er versucht sich vorzustellen, wie es sich lebt, so geladen, so dauer-angeknipst, immer im Rampenlicht, alle Energie auf das Publikum richtend.
    Lieber Herr Jesus, das sieht nach verdammt harter Arbeit aus. Nicht dass er

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