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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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langsam laufenden Tonband wabert und verfettet das Wort in Billys Ohren zu schschSCHTOOOlllzzz. Undgenauso Courage, kkkUUURRRaaasche. Dienst, dddIIIIenSSSttt. OOOOOpppFFFeRRR. EEEEEEhhhRRRe. kkkkAAAAmpFFFbeRRREEIIIItschafTTTT.
    »Sind ja auch aus Texas«, sagt Norm, und die Worte klingen zerkaut, als wäre sein Gaumen leicht geschwollen vom Druck von einer dieser Zahnspangen. »Aus Stovall, korrekt? Vom Ölrevier draußen?« Er bemerkt die Orden auf Billys Brust und beteuert, auf ihn besonders stolz zu sein, »unter uns Texanern«, aber gewundert habe ihn das nicht, nein, überhaupt nicht, sei doch ganz normal, dass ein geborener Texaner sich beim Militärdienst hervortue.
    »Allgemein bekannt, Texaner sind die besten Kämpfer«, fährt Norm fort, und dazu lächelt er, dabei war das gar kein Witz, eher eine neckische Version texanischer Angeberei. »Audie Murphy, die Helden von Alamo, Sie stehen da in einer berühmten Tradition, wussten Sie das?«
    »So habe ich das noch gar nicht gesehen, Sir.« Anscheinend war das die passende Antwort, denn es ergießt sich ein Schwall warmes Gelächter, ja, die ganze Menge guckt zu, die Gesichter bilden einen fischaugenartig verbogenen, eierartig gewölbten Rahmen um die Blase aus Kameralampen. In Billys Kopf kreischt das Adrenalin wie eine Motorsäge. Norm spricht. Norm hält eine komplette kleine Rede. Er ist zwanzig, dreißig Zentimeter größer als Billy, ein fitter Fünfundsechzigjähriger mit Stiernacken, pfirsichgelb getönten Haaren und Trapezkopf, unten breit, dann über die Schläfen bis zum platt gebügelten Haarplateau obendrauf fast spitz zulaufend. Die Augen sind gespenstisch blau wie eine kalte Kernspaltung, und das Gesicht erst, erschreckend und faszinierend zugleich, ein wahres Testgelände, Norms berühmte Visage, gerafft, gestrafft, getackert, aufgepolstert, exfoliiert, seit Jahren Fundus der lokalen und regionalen Nachrichtenmedien, Norms kosmetische Selbstoptimierung ist eine Saga mit flächendeckenderVerbreitung. Deren Ergebnis bis dato ist so unwiderstehlich knallig wie die Auslagen bei einer Schnäppchenmesse für wiederaufgemöbelte Jahrmarktskarusselle. Der Mund wirkt wie ein paar Schraubenwindungen zu fest gezurrt. Die leicht asiatische Faltung gibt den Augenrändern eine verführerische, ja feminine Sensibilität, als wäre sie nach einer illustrierten Sexyversion des Pocahontas-Mythos modelliert. Der Teint hat das rot geschrubbte Rosa eines alten Ketchupflecks. Insgesamt macht der ganze Aufwand weder einen guten noch einen schlechten, sondern schlicht einen teueren Eindruck, und Billy wird später zu dem Schluss kommen, dass es in etwa dasselbe bringen würde, sich das Gesicht mit Tausend-Dollar-Scheinen zu pflastern.
    »Sie haben Amerika seinen Stolz wiedergegeben«, sagt Norm gerade, und in Billys Hirn zerfällt die Mitteilung in viele bitzelnde Bläschen. Amerika? Wirklich? Dem ganzen verdammten Land? Aber die Leute klatschen, und Billy wagt keinen Widerspruch, außerdem wird er jetzt mit Mrs Norm bekannt gemacht, einer gut erhaltenen Dame in einem gewissen Alter mit einer pouffeartigen dunklen Haarwolke. Durchaus hübsch. Die dunkelvioletten Augen sind nicht ganz scharf gestellt. Sie lächelt, es ist ein reines Showlächeln, das nichts von ihr preisgibt, entweder, beschließt Billy, steht sie unter Medikamenten, oder sie ist eine fanatische Energiesparerin. Von ihm aus dürfte auch bloß Snobismus dahinterstecken, denn welche Frau hätte mehr Anspruch auf das Privileg, das blasierte Luder zu geben, als die First Lady der Dallas Cowboys? Das Luderhafte an ihr sorgt doch tatsächlich für eine leichte Versteifung – Du, Kumpel , denkt er, runter mit dir, die könnte deine Mutter sein – , aber zum Glück stürzt sich jetzt der Rest des Clans auf ihn, Norms Kinder samt Gatten und Gattinnen, dann die wuselige Enkelschar, ausnahmslos alle gesegnet mit dem Oglesbyschen Trapezschädel, und kaum sind die durch, kollabiert die Empfangsparade in eine Art gehobenenRave. Alle sind aufgedreht, die Nähe zum Team Bravo pumpt alle mit prickelnder Hochstimmung voll, selbst Leute wie die hier, die Berühmten und die Betuchten, flippen wegen der Bravos praktisch aus. Kann es sein, dass sie Blut riechen? Fremde Menschen halten sich an Billys jungem Körper schadlos, kneten seine Arme und Schultern, umklammern seine Handgelenke, hauen ihm kerlig auf den Rücken. Sie schäumen über. Sie schwören Treue und ewige Dankbarkeit. Eine majestätische ältere Dame will

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