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Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Titel: Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordi Punti
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nicht mitbringen, das sei nicht nötig und Manubens würde sich nur erschrecken.‹«
    Wir vier Christofs waren uns einig: Der Kellner hatte uns auf die heißeste Spur dieser letzten Monate gebracht. Nun war die große Frage, was wohl die Methode Delacruz sein mochte, von der sich Miguélez so überzeugt zeigte. Handelte es sich bloß um einen Trick, den sie von unserm Vater gelernt hatten (jeder Meister bringt abscheuliche Schüler hervor), oder sollte es, aufgrund irgendwelcher undenkbaren Sympathien, tatsächlich er persönlich sein, der da Karten spielte? Sosehr wir uns anstrengten: Uns kam keine leuchtende Eingebung. Unsere Portion Hellsichtigkeit in Sachen Gabriel hatten wir restlos aufgebraucht. Die einzige Möglichkeit, es zu erfahren, war also, selbst dabei zu sein. Der Kellner hatte Cristòfol zum Abschied gesagt, das große Spiel werde abends um elf beginnen. Wir brauchten eine Strategie.
    Um vier Uhr, nach dem Mittagessen, brachte uns ein Taxi zum Triumphbogen. Dort trennten wir uns, weil wir der Nachbarin misstrauten, und begaben uns auf verschiedenen Wegen zum Carrer Nàpols, sodass wir im Abstand von jeweils vier Minuten in der Wohnung eintrafen. Der Plan war, einzeln und lautlos durchs Treppenhaus zu gehen, damit sie nicht merkte, dass wir dort waren. Cristòfol, der die Schlüssel hatte, kam als Erster an und ließ die Tür einen Spaltbreit offen. Und dann, ebenso vorsichtig, einer nach dem anderen. Chris hatte eine Flasche schottischen Whisky mitgebracht, und wir beschlossen, uns ein Gläschen zu genehmigen. Es waren noch sieben Stunden, ehe wir in Aktion treten würden, und wenn wir bis dahin den Alkohol vorsichtig dosierten, würde er uns zum nötigen Selbstbewusstsein und Wagemut für die Nacht verhelfen. Wir setzten uns um den Esstisch und besprachen, was zu tun war. Wir machten wenig Worte, wie es sich bei einer Verschwörung gehört. Christophe, der die Gelegenheit nutzte, um Klausuren zu korrigieren, setzte sich für ein konservatives Vorgehen ein: Eine Stunde vor dem Termin sollten wir beginnen, den Eingang der Bar zu überwachen. So könnten wir zunächst klären, ob Gabriel bei der Kartenrunde mitmischte oder nicht. Chris bot an, sich in die Kneipe zu setzen – ihn kannten sie dort ja nicht – und die Geschehnisse in der Höhle des Löwen selbst zu verfolgen. Cristòfol notierte alle Vorschläge, als wäre er der Protokollführer unserer Sitzung, und mahnte uns noch einmal zur Vorsicht. Wir wussten ja von dem Kellner, dass diese Typen gefährlich werden konnten. Christof zeichnete einen Plan von der Umgebung der Bar, um darauf zu markieren, wo wir Stellung beziehen würden, und lauschte dabei auf Geräusche von draußen. Sollte irgendein noch so unbedeutendes Schaben vom Treppenabsatz her zu hören sein, würde er auf Zehenspitzen zur Tür huschen und durch den Spion blicken.
    Wir saßen mitten in unserm Konzil, da schreckte uns ein Knarren von altem Holz auf, das sich gleich darauf in eine Art Poltern verwandelte, so wie wenn ein Tier sich an der Gatterpforte scheuert. Es kam aus dem Schlafzimmer. Uns vieren war der Schreck durch alle Glieder gefahren. Chris erhob sich ganz langsam, griff nach seinem Glas und leerte es in einem Zug. Wir anderen folgten seinem Beispiel. Dann spähten wir ganz vorsichtig ins Schlafzimmer, doch niemand war zu sehen. Wir schlichen hinein. Mit einer aus Fernsehkrimis erlernten Kopfbewegung wies Christof auf das halb offene Fenster hin, und wir nickten alle. Anscheinend kamen die Geräusche von da draußen. Wer sie auch verursachte, wir würden ihn in flagranti ertappen. Lautlos inspizierten wir den hochgezogenen Rollladen, die vom Windhauch bewegten Gardinen. Wir stellten fest, dass die Geräusche doch nicht vom Fenster her kamen. Sie drangen aus der Wand selbst oder aus dem Boden, wie ein Geysir kurz vor der Eruption. Und gerade als uns klar wurde, dass sie aus dem Innern des Wandschranks erklangen, verstummten sie.
    Diese neue Stille war so bedeutungsschwer und angespannt, dass wir schier versteinerten. Und als wir nun herumstanden wie vier Statuen, in Erwartung von Jahren, Jahrhunderten, die verstreichen würden, ereignete sich das Unerhörte. Die Schranktür tat sich auf, und ins Zimmer trat, als kehrte sie gerade aus dem Höllenschlund zurück, die Señora Giuditta.
    Einmal, in Paris, war eine Frau in einen Schrank von Gabriel hineingestiegen. Jetzt, in Barcelona, stieg eine andere Frau aus seinem Schrank.
    Sie tat dies mit solcher

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