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Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Titel: Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordi Punti
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so ein gestandenes Weibsbild vor mir sah, freute ich mich wie ein kleines Kind. Oft war der Traum dann binnen einer halben Minute aus, wenn ich meine Fragen stellte und nur einsilbige Antworten bekam. Aber manchmal blieb ein Hoffnungsschimmer. Dann zog ich alle Register. Mit den Haushälterinnen, Gouvernanten oder nicht mehr ganz jungen Dienstmädchen hatte ich es schwer. Die waren viel zu hochnäsig, um mit mir zu reden, und viel zu empört darüber, dass sie ein paar Fremde in den Palast lassen mussten, die nach Schweiß stanken und bei der Arbeit vor sich hin pfiffen. Dagegen die Hausherrinnen … Fast immer reich und bürgerlich, gut geübt darin, zwischen Anschein und Wirklichkeit zu unterscheiden. Ihre Ehemänner – Politiker oder Bankiers, jedenfalls stocksteife Franquisten – waren das eine Extrem, wir waren das andere. Auch die Kulisse half. Der ganze Haushalt in Kisten verpackt, die Möbel abgebaut und gestapelt, da fühlte sich manche Señora plötzlich obdachlos, verloren, unvollständig. Und dann kam ihr in den Sinn, dass diese Stunden im Niemandsland wie ein kleines Geschenk von Freiheit waren, das sie nutzen sollte. Zumal sie in einem Alter war, in dem ihr nicht mehr alle Tage jemand schöne Augen machte. Ihr braucht euch jetzt keine großen Affären oder Verwicklungen vorzustellen, aber – Ángeles, Schatz, halt dir bitte die Ohren zu – mehr als eine Dame aus besseren Kreisen habe ich flachgelegt, auf einer alten Matratze oder einem Teppich, der beim Umzug nicht mehr mitkam. Es geschah immer am Ende des Arbeitstages, wenn Bundó und Gabriel unten die Ladung verschnürten. Die Damen strebten unweigerlich in ihr Schlafzimmer – Macht der Gewohnheit –, wo sich die Silhouetten der Möbel und des Kruzifixes noch hell an den Wänden abzeichneten. Unser Keuchen hallte dort so unheimlich wider, als sollte es sich in ein Geistergeräusch verwandeln und künftige Bewohner erschrecken. Manchmal war es allerdings auch schon nach ein bisschen Geknutsche vorbei mit der Versuchung. Und manchmal spürte ich, dass sie sich zu dem perversen Quickie zwingen mussten und es nur deshalb taten, damit sie nachher ein ganz geheimes Geheimnis mit sich herumtragen konnten, als eine Art Impfung gegen das eintönige Leben in der Fremde, das sie erwartete. Selbstredend spielte auch die verschwitzte, klebrige Arbeitskleidung eine wichtige Rolle. Und oft hatte das kleine Abenteuer mit der feinen Dame auch bei mir eine ungeplante Nebenwirkung zur Folge: etwas, was man wohl gemeinhin Arbeiterstolz nennt.
    Ich weiß nicht, was Gabriel und Bundó von meinen Abstechern in die Oberschicht hielten. Beschwert haben sie sich nicht, vielleicht aber nur deshalb nicht, weil Herr Casellas mich am Anfang ja sozusagen zu ihrem Chef bestimmt hatte. Für ein gutes Vorbild werden sie mich kaum gehalten haben. In Liebesdingen kämpfte jeder von uns für sich allein. Die beiden erlebten auch ihre süßen Momente, wenn wir wieder vor einer neuen Tür standen, wobei ich ihre Gründe eher abwegig fand. Sobald Bundó im Haus war, hatte er nur noch Augen für die Sachen, die in den Laster sollten. Für jede Kiste, jedes Gerät, jedes Möbelstück fühlte er sich zuständig, er prüfte, ob die Kartons richtig verschlossen waren, und er bestimmte die Reihenfolge, in der wir alles hinuntertrugen und verstauten, sodass sich das Gewicht gleichmäßig im Laderaum verteilte. Diese Phase des Organisierens (während ich die Dame des Hauses mit meinen ersten Fragen umgarnte) nahm ihn auf eine erstaunliche Weise gefangen. Unter dem Vorwand, wir müssten schauen, ob sich noch Platz sparen ließe, öffnete er Kisten und Koffer, nur um seine Nase hineinzustecken und etwas umzuordnen. Halb war es die Gier und halb die Liebe, die ihn antrieb. Im Grunde hatte er einen Schuss, aber so lange Zeit danach haben wir kein Recht, ihm das vorzuhalten, oder, Jungs? Gabriel und ich mussten immer auf der Hut sein, dass er nicht die Regeln unseres Beutespiels verletzte. Wir hatten alle drei zusammen festgelegt, dass wir die Kiste, das Paket oder den Koffer ganz zufällig und ganz zum Schluss auswählten und ohne etwas über den Inhalt zu wissen. Es kam nicht infrage, sich vorab zu merken, wo etwas Wertvolles drinsteckte oder etwas, was wir gut gebrauchen konnten. Außerdem mussten wir ja unauffällig bleiben. Bundós Starrköpfigkeit wurde allerdings mit den Jahren immer schlimmer und hat uns öfters in Schwierigkeiten gebracht. Der Auslöser dafür trägt den Namen einer Frau:

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