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Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Titel: Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordi Punti
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Jacke auszogst, und plötzlich wurde dieses Gesicht eines von der Kälte müden Jungen überschattet von Trostlosigkeit. Es war nur ein kurzer Moment, in dem du dich so einsam fühltest, aber wie er brannte! Es kam aus dir selbst, und es starb in deinem Spiegelbild. Was hätten wir drum gegeben, dieses Spiegelbild eintauschen zu können gegen einen Bruder, der einem geholfen hätte, die Stille zu brechen!«
    »Wenn du mich früher aus meiner Gefangenschaft in der Kiste befreit hättest, hättest du dir all das ersparen können.«
    »Ich habe dir schon eine Million Mal gesagt, dass es mir leidtut«, erwidert Christof mit gedämpfter Stimme. »Ich will es nicht auch noch vor unsern Brüdern wiederholen. Lass mich jetzt bitte vom Vater sprechen, deswegen sind wir ja hier.«
    »Va bene«, sagt Cristoffini in herablassendem Ton. Er schließt die Augen und bewegt bestätigend den Kopf, wie ein Priester im Begriff, eine Beichte abzunehmen. »Wo willst du beginnen?«
    »Ich könnte zum Beispiel erzählen, dass ich meinen Vater zum ersten Mal sah, als ich schon über ein Jahr alt war, und dass er bis dahin gar nicht gewusst hatte, dass es mich gibt. Sein Erscheinen muss mich sehr beeindruckt haben, jedenfalls belegt es einen der vordersten Ränge unter meinen frühkindlichen Erinnerungen. Wir befinden uns im Hauseingang, und dieser große, schlanke Mann nimmt mich mit ungeübten Händen auf den Arm. Ich suche mit dem Blick die Mutter, um mich zu beruhigen, doch sie ist so schockiert, dass ich sie nicht wiedererkenne, und ich fange an zu brüllen.«
    »Momentchen, Momentchen. Spul weiter zurück, bis in den Bauch deiner Mutter bitte. Wenn nötig, auch noch weiter, bis in die coglioni di tuo padre. Wir wollen es genau wissen.«
    Das scheint Christof zu gefallen. »Nun gut, wenn du darauf bestehst – so muss ich am 15. Januar 1965 einsetzen, bei einem La-Ibérica-Umzug mit dem Ziel Bonn. Im Diebesgutkatalog trägt die Reise die Nummer 47, glaube ich, und unter den Beutestücken ragt eine Sammlung von Zarzuelas-Platten heraus. Gegen zwei Uhr mittags, nachdem sie ihre Fracht in der Bundeshauptstadt abgeladen hatten, traten Gabriel, Bundó und Petroli die Heimfahrt an, doch auf der Höhe von Koblenz hüllte sich der Himmel in etwas, was wie eine dicke weiße Überdecke aussah. Keine zehn Kilometer später fanden sie sich inmitten eines Schneesturms von biblischen Ausmaßen wieder.« – Christoffini bekreuzigt sich. – »Ähnliche Fährnisse hatten sie durchaus schon durchgemacht, aber diesmal erwischte es sie auf dem Rückweg. Mit leerem Laderaum schlitterte der Lastwagen über den Asphalt wie ein Elefant auf der Eisbahn. Sie fuhren trotzdem noch eine Weile auf der Autobahn, am Rhein entlang, und hofften, das bedrohliche Weiß des Himmels würde sich abschwächen, aber kurz vor Mainz und Wiesbaden gaben sie auf. Es dunkelte schon, und was sie durch das Schneegestöber noch von der Landschaft erkennen konnten, flößte ihnen ein sehr germanisches Unbehagen ein. Bundó mit seinem sechsten Sinn für gute Übernachtungsmöglichkeiten fiel ein, wie ihm ein paar deutsche Fernfahrer einmal von einem Gasthof in der Nähe von Mainz vorgeschwärmt hatten. Damals kannte er Carolina-Muriel noch nicht und tauschte sich an den Raststätten gerne mit Kollegen über die besten Motels und Bordelle an den europäischen Transportrouten aus. Und weil er in solchen Dingen gewissenhaft war, markierte er sie anschließend mit roten Kreuzchen im Straßenatlas und schrieb die Namen daneben …«
    »Halt mal kurz den Rand, Christof«, unterbricht Cristoffini. »Ein Gasthof in der Nähe von Mainz? Du meinst nicht etwas das Herz-As, dieses Loch, in dem du mich vor ein paar Monaten, auf dem Rückweg von einem Auftritt, zwangst, mit dir ein Bier zu trinken?« – Christof nickt resigniert. – »Das dachte ich mir. Was für ein Verfall! Was für ein Gestank nach verschüttetem Bier! Auf diesen Holzbänken und -wänden überlagern sich die Kotzspuren von Fernfahrern aus mindestens drei Jahrzehnten, darunter die unseres Vaters und seiner Freunde. Und die Damen, die uns an der Theke schöne Augen machten (mir mehr als dir), Madonna!, die sind auch schon über drei Jahrzehnte im Geschäft.« Er verstummt kurz und wackelt nachdenklich mit dem Kopf. »Das heißt also, um auf damals zurückzukommen, ein kleiner Schneeschauer bot den drei Herren die Entschuldigung, die sie brauchten, um sich unter die gut angewärmten Überdecken dieser meretrici zu flüchten. Und

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