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Die italienischen Momente im Leben

Die italienischen Momente im Leben

Titel: Die italienischen Momente im Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Maccallini
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bestimmt Glück. Meinen Kaffee zum Mittag trinke ich im Restaurant Tric Trac . Für mich gibt es keinen intensiveren Moment des Dolce Vita italiana als einen Espresso, den man an einem Tischchen im Freien serviert bekommt, um einen herum neidisch blickende Touristen, und die Sonne scheint einem ins Gesicht. Wenn sich dann das berauschende Aroma des Kaffees in die warme Luft erhebt, der Dampf Arabesken malt und sich mit meinem seligen »Aaah« vermischt … Und dieses Glücksgefühl dehnt sich aus, zieht sich in die Länge wie die Schatten der Sonnenschirme auf dem Pflaster. Ich weiß, ich berausche mich gerade an ganz alltäglichen Dingen: Aber jeder Stein im Pflaster und in den Stadtmauern kann eine Geschichte erzählen, genau wie die Straßen, auf denen sich die Menschen begegnen, die Dächer, die sich gegen den Himmel abzeichnen. Ich bezahle und gehe weiter zur Piazza della Signoria hinab. Dann biege ich in die Via dei Duchi ein und komme zur Piazza del Mercato. Gleich neben dem schönen Barockbrunnen gibt es einen Laden wie aus alter Zeit, in dem ich gerne einkehre, um verschiedene Käse zu probieren oder ein ganz spezielles feines Olivenöl extravergine . Er ist etwas Besonderes.
    In der ehemaligen Kirche begrüßt mich jeder der Wachleute oder Techniker mit Handschlag. Ich habe nur ein Problem, ich kann mir einfach keine Gesichter merken. Ich erinnere michauch selten an Namen, und fällt mir doch einer ein, kann ich ihn nicht der richtigen Person zuordnen. Heute denke ich allerdings, dass ich mit einigen » Ciao bello « über die Runden komme, das funktioniert eigentlich immer. Es herrscht eine entspannte Atmosphäre, alles ist bereit für den großen Moment. Der Bühnentechniker und der Beleuchter kochen sich hinter den Kulissen ein paar Maccheroni mit Pfeffer und Käse. Der Tontechniker sitzt an einem Tischchen neben dem Mischpult und schmettert gefühlvoll einen beliebten Schlager aus den Vierzigern, den auch gern berühmte Tenöre zum Besten geben. Seine Stimmgewalt könnte Pavarotti glatt vor Neid erblassen lassen. Er sieht aus wie ein gutmütiger Riese, stellt ruhig und gekonnt die Tonanlage ein und singt dabei:
    »Voglio vivere così
    col sole in fronte
    e felice canto
    beatamente …
    Voglio vivere così
    l’aria del monte
    perché questo incanto
    non costa niente.«
    Auch er bekommt ein » Ciao bello « und dazu ein »Weißt du eigentlich, dass du wirklich klasse singst?«.
    Der große Augenblick ist da. Ab morgen werden wir alle arbeitslos sein, aber immerhin Schauspieler mit Diplom. Die Minuten vor dem Auftritt sind immer spannungsgeladen und das Lampenfieber steigt. Ich spähe aus der Kulisse zum Eingang und erkenne meine Freunde, die gekommen sind, um mir zu applaudieren. Die Kirche ist bis auf den letzten Platz gefüllt, der Ton ist in Ordnung, dennoch habe ich das Gefühl, die Anlage könnte uns noch einige üble Überraschungen bereiten. In der ersten Reihe sitzen unsere Eltern.
    Die Lichter gehen aus, die Eingangsmusik beginnt. O nein, die Akustik stimmt überhaupt nicht, da ist zu viel Hall drin. Na ja, wenigstens passt sie zum Spielort – es klingt wie in einer Kathedrale.
    Am Ende der Vorstellung sind die Leute glücklich, sie applaudieren mehr als zehn Minuten. Danach, schließlich ist es fast Mitternacht, sind wir hungrig und gehen alle zusammen etwas essen. Am Tisch beugt sich meine Mutter beim Muschelessen in ihrer bewundernswerten Naivität zu mir herüber und meint:
    »Du warst gut, aber warum hat der Regisseur dir diese Rolle gegeben? Und warum hast du so merkwürdige Sachen angehabt?«
    »Was willst du, Mama … manchmal müssen Schauspieler etwas spielen, was ihnen gar nicht gefällt. Die Bühne ist wie das echte Leben, oft werden die Rollen schlecht verteilt … Aber habe ich dir gefallen?«
    »Ich habe zwar nicht verstanden, worum es ging … aber du warst gut.«

7.
    FLORENZ
    2005
    Dante Alighieri gelang es mit seinen berühmten Versen auf einzigartige Weise, das Labyrinth der italienischen Verwaltungsbehörden treffend zu beschreiben, obwohl er es gar nicht kannte: »Ihr, die eintretet, lasst alle Hoffnung fahren.«
    Es ist ja bekannt, dass italienische Beamte jede Art von Bürokratie lieben, und man könnte den Eindruck gewinnen, sie würden gerade deshalb immer wieder neue offizielle Formulare und Steuermarken für jeden möglichen Zweck ersinnen. Allein das richtige Büro zu finden, das für einen zuständig ist, stellt schon eine enorme Herausforderung dar, und hat man

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