Die italienischen Momente im Leben
sich das ganze Jahr über keinen Zentimeter von dort weg. Er wartet immer noch auf den Teufel, der nur kurz mit dem Bischof sprechen wollte und nie mehr zurückkehrte.
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Es ist Sommer, und das große Kino macht Ferien. Also eigentlich stimmt das ja so nicht, ganz im Gegenteil: Alle Filmleute sind an der Arbeit, denn in dieser Zeit wird auf Hochtouren gedreht. Im Sommer kommen nur keine Blockbuster heraus, sondern erst wieder im Herbst und in der Vorweihnachtszeit. Denn im Sommer zählt für uns Italiener nur das Meer. Ja sicher, wir sind, wie es so schön heißt, ein Volk von Heiligen, Seefahrern, Dichtern und Leuten, die besser als der Trainer der Nationalmannschaft wissen, welche Spieler auf den Platz gehören, doch bei Hitze stellen wir jegliche Aktivität ein. Drei Monate Ferien, in denen wir keinen Finger krumm machen. Das glauben Sie nicht? Dann fragen Sie doch mal, wie es denen geht, die im Sommer keinen Urlaub bekommen.
Die Städte leeren sich, aber der Müll bleibt, alte Menschen werden in die Krankenhäuser abgeschoben und Hunde ausgesetzt, Kinos schließen genau wie die Theater, die schon etwas länger Sommerpause haben, und alle Italiener ziehen in ihre Ferienwohnungen, oft nur wenige Kilometer von den Hauptwohnsitzen entfernt, und widmen sich dem absoluten Nichtstun. Also keinerlei Kultur in Form von Kino, Theater oder Fernsehen, höchstens ein Schmöker unter dem Sonnenschirm. Aber es muss leichte Lektüre sein, zusätzliches Gewicht ruiniert die Bikini-Figur. Also schließt sich das Kino dem allgemeinen Trend an: Es geht ebenfalls in Urlaub.
Früher gab es wenigstens die Freiluftkinos, wo man im Sommer all die Filme nachholen konnte, die man verpasst hatte. Vielleicht waren auf den Filmrollen ein paar Kratzer, und manchmal zitterte das Bild, aber das wurde tausendmal wettgemacht durch das Vergnügen, einen Film unter funkelndem Sternenhimmel zu sehen.
Mein Vater verehrte James Bond. Und ich habe diese Verehrung von ihm geerbt, genau wie seine Leidenschaft für Bücher. War für andere Sherlock Holmes das Idol, für meinen Vater war es Sean Connery. Ich habe schon als kleiner Junge James Bond jagt Dr. No gesehen und sofort beschlossen: Wenn ich groß bin, möchte ich genauso sein wie er. Na ja, ich wollte mich nicht gerade mit Verbrechern prügeln oder die Welt retten, aber coole Drinks und attraktive Girls waren ganz nach meinem Geschmack. Gibt es einen Jungen, der nicht wenigstens einmal davon geträumt hat, so zu sein wie James Bond? Nach Definition englischer Boulevardmagazine will jeder Mann so sein wie er und jede Frau mit ihm ins Bett. Vielleicht ist er ja auch deswegen unsterblich.
Und jetzt sind wir hier. Heute können wir James Bond mitten auf der Piazza del Campo in Siena bestaunen. Der Regisseur Marc Forster hat beschlossen, hier auf dem historischen muschelförmigen Platz einige der Schlüsselszenen des neuesten Films Ein Quantum Trost aus der berühmten Agentensaga mit Daniel Craig in der Hauptrolle zu drehen.
Dank kräftiger Fürsprache (ich habe Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt und einen meiner Freunde, der sich um die Logistik des Films kümmert, mit Telefonaten regelrecht bombardiert) habe ich eine Sondergenehmigung erhalten, bei den Dreharbeiten zusehen zu dürfen. Ich logiere im Royal Demeure Grand Hotel Continental, das zu dieser Gelegenheit ein »James-Bond-Siena-Paket« mit einer Besichtigung der attraktivsten Originalschauplätze anbietet, darunter eine Führung durch die Bottini , die mittelalterlichen Kanäle zur Speisung der vielen öffentlichen Brunnen, die man unterirdisch in den Tuffstein gegraben hat und wo eine der schwierigsten Szenen gedreht wird.Auf Nachfrage kann man auch einen luxuriösen Aston Martin V6 mieten, um damit durch die toskanischen Hügel zu brausen.
Die übrigen Szenen werden ganz in der Nähe zwischen der Via di Salicotto und der Via di Pantaneto gedreht. An der Kreuzung von Via del Rialto und dem Vicolo del Vannello haben sie sogar zwei täuschend echte »Häuser« aufgebaut, deren Fassaden aus bemalten Kulissenwänden bestehen. Außerdem hat man einige Balkone instand gesetzt, um genügend Sicherheit für die Stunts zu gewährleisten. Um eine Atmosphäre wie beim Palio zu schaffen – diesem berühmten Pferderennen, bei dem im Sommer die Stadtviertel gegeneinander antreten –, hat man auf einem Teil des Platzes sogar noch einmal sandige Erde (den sogenannten tufo ) aufgeschüttet und eine riesige Tribüne mit einer Hundertschaft
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