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Die italienischen Momente im Leben

Die italienischen Momente im Leben

Titel: Die italienischen Momente im Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Maccallini
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dem »Alten Hafen«. Hier legen heute nur noch Yachten an, die frisch renovierten Baumwollmagazine beherbergen neben einem Konferenzzentrum eine Vielzahl von Geschäften und Bars, und von den alten Docks starten sogar Meeresexkursionen zur Walbeobachtung. Wow! Jetztwollen wir Genua aber mal von oben sehen, also ab zum Bigo . Diese merkwürdige Riesenkonstruktion erinnert an einen alten Lastkran zum Be- und Entladen der Schiffe – genau das bezeichnete das alte Wort im Genueser Dialekt auch –, jetzt hängt daran ein Panoramaaufzug. Aus dieser Perspektive habe ich eine Stadt noch nie gesehen – und zugegeben: Wir hatten alle einen Riesenspaß.
    Man könnte jetzt auch noch die riesige Glaskugel besichtigen, die auf dem Wasser zu schwimmen scheint, in diesem »Biosphärenpark« kann man jede Menge exotische Pflanzen und Tiere sehen, noch mehr natürlich im Aquarium, dem zweitgrößten Europas, aber darauf verzichten wir heute.
    Wir setzen lieber unsere Entdeckungstour der Schätze Genuas fort und schlendern nun über die großzügigen Alleen, die es ebenfalls in der Altstadt gibt. Nehmen wir uns noch die Zeit, durch die exklusive Einkaufsstraße Galleria Mazzini zu bummeln? Nein, unsere Mägen knurren zu sehr, und deshalb machen wir in einer der vielen Osterien in den Altstadtgassen halt, denn besser als hier isst man nirgends. Wenn man traditionelle Gerichte und uriges Ambiente liebt, ist die Osteria da Maria ein Muss – die Speisen werden auf handgeschriebenen Schildern angepriesen, und an den langen Holztischen drängt sich ein bunt gemischtes Publikum (ich empfehle Ihnen die berühmten Ravioli und den Stockfisch). Und wenn man einen Hund im Schlepptau hat, tut es auch ein schnelles Essen auf die Hand aus dem Fischimbiss in der Sottoripa , einer anderen Zone der Altstadt: frittierter Fisch mit Pommes frites oder Polenta mit Stockfisch, von der farinata , einer Art salziger Kuchen aus Kichererbsenmehl mal ganz zu schweigen.
    Aber es bieten sich auch zahllose andere Restaurants und Osterien an, um die typischen Gerichte der ligurischen Küche zu probieren. Nur von einem muss dringend abgeraten werden, sollte man mit kleinen Kindern unterwegs sein: Geht ja nicht zu McDonald’s .
    Etwas Süßes darf selbstverständlich auch nicht fehlen, und Genua ist bekannt für jede Menge süßer Köstlichkeiten: pandolce , torta-rosa und die traditionelle panera , das Kaffeesorbet, umwerfend ist das im Guarino in der Spianata Castelletto (bequem zu erreichen mit dem Lift von der Piazza Portello – Aufzüge zwischen Straßenebenen, noch so eine Genueser Eigenheit). Von hier oben hat man den schönsten Blick auf die Altstadt. In Genua gibt es so vieles, was lecker ist und dick macht – himmlisch zum Beispiel die Focaccia mit Nutella! Danach hat sich sogar Joy das Maul geleckt! Aber manchmal muss man auch einfach mal die Kalorienzählerei vergessen und die guten Seiten des Lebens genießen.
    Es ist fast dunkel, wir machen wir uns allmählich auf den Rückweg, und nach der Besichtigung des wohl nicht originalen Geburtshauses von Christoph Columbus geht es durch die carrugi wieder zurück zur Pension.
    Plötzlich fragt mich unsere Tochter Martina: »Papa, warum steht die Frau da mit nackten Brüsten am Fenster?«
    Zu dieser Stunde verändert die Via del Campo ihr Gesicht, wie beim Meer unten am Hafen gibt es auch hier Gezeiten, die normalen Leute ziehen sich zurück und überlassen einer anderen Klientel das Feld. Sollte ich Martina besser schleunigst von hier fortbringen? Aber doch nicht jetzt, wo wir wieder in der Straße von Fabrizio De André sind.
    Der irische Dichter Brendan Behan hat einmal geschrieben, der große Unterschied zwischen bezahltem Sex und kostenlosem Sex sei der, dass bezahlter Sex bedeutend weniger kostet: Vielleicht hat auch unser berühmter Cantautore aus Genua dasselbe gedacht, als er in den Fünfziger- und Sechzigerjahren dort heimlich diesen von Huren, Dieben, Säufern und Drogensüchtigen bewohnten Kosmos aufsuchte. Dem er seine Stimme lieh, als Sänger der vom Schicksal Vergessenen und er scheute sich keineswegs, mit Huren Umgang zu pflegen. »Als De André zwanzig Jahre alt war, war er mit Anna zusammen, einer Graziosa, wie dieProstituierten genannt wurden, die wegen ihrer dichten Körperbehaarung den Spitznamen ›Gorilla‹ trug: Sie arbeitete in der Via XX Settembre, und gegenüber von dem Bürgersteig, auf dem sie auf und ab lief, lag die Bar Olimpia«, schreibt einer seiner besten Biografen, Luigi

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