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Die Jaeger der Nacht

Die Jaeger der Nacht

Titel: Die Jaeger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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mir jetzt?«, frage ich leise.
    Keiner sagt etwas. Schließlich tritt David vor. »Ich weiß nicht, wem ich glauben soll, dir oder diesem Brief. Aber nach der Karte in dem Brief ist der Schutzraum in Reichweite. Und wo wir jetzt eine Kutsche haben, schaffen wir die Strecke im Handumdrehen. Wenn wir nichts finden, kehren wir zur Kuppel zurück.«
    »Die Karte ist eine List. Es gibt keinen Schutz!«
    Es wird plötzlich dunkel. Ich blicke zur Sonne. Sie ist von einer dünnen Wolke verschleiert.
    Sei schnell.
    »Kommt, lasst uns fahren!«, sage ich lauter.
    »Nein!«, sagt Epap.
    »Dann guckt euch meine Karten an! Die in dem Notizbuch. Es gibt dort keinen Schutz. Die Karte verzeichnet die gesamte Flora und Fauna, jeden Stein und Felsen. Kommt es euch nicht seltsam vor, dass der Forscher etwas so Offensichtliches wie einen Schutzraum übersehen haben sollte? Ihr könnt fahren, wenn ihr wollt, ich habe lange genug mit euch diskutiert. Dieser Schutzraum ist nichts als eine Täuschung.« Es ist der reine Bluff. Sie müssen mit mir umkehren, aber mir gehen langsam die Argumente aus.
    Sissy hebt den Kopf von der Karte in dem Notizbuch. »Wir machen, was David gesagt hat. Wir suchen den Unterschlupf und kehren um, wenn wir ihn nicht finden. Auf diese Weise …«
    »Dafür bleibt keine Zeit!«, rufe ich. »Wir müssen uns beeilen. Seht ihr diese Wolken? In einer Stunde ist es stockfinster. Und ich muss euch nicht erklären, was das bedeutet.« Das ist kein Bluff. Unheilvolle dunkle Wolkenbänder jagen am Himmel dahin, Dunkelheit droht sich Stunden vor Sonnenuntergang viel zu früh über das Land zu senken.
    »Du hältst dein Maul!«, ruft Epap mit hochrotem Gesicht. »Du hast hier gar nichts zu sagen!« Er geht auf mich zu, die knochigen Arme steif und an den Ellbogen angewinkelt.
    »Ganz ruhig«, ermahne ich ihn.
    Aber er kommt weiter auf mich zu. »Wir brauchen dich gar nicht.« Er wirft den anderen Hepra einen Blick zu und winkt mit dem Arm. »Kommt, wir nehmen ihm die Kutsche einfach ab.«
    Ich will ihn aufhalten, doch er stößt meinen Arm beiseite.
    »Schluss jetzt.« Die Worte sind leise, aber mit Autorität gesprochen. »Wir bleiben zusammen. Alle.« Sissy blickt an uns vorbei nach Westen in Richtung des Instituts.
    »Wir können ihm nicht vertrauen«, sagt Epap.
    »Doch, das können und werden wir. Er hat Recht. Uns bleibt keine Zeit mehr. Diese Wolken sind ernst zu nehmen.«
    Epap spuckt auf den Boden. »Warum glaubst du ihm so bereitwillig?«
    Sie sieht ihn lange an, als wollte sie ihm Gelegenheit geben, selbst auf die offensichtliche Antwort zu kommen. »Weil er«, sagt sie und geht zur Kutsche, »nicht hierherkommen musste, oder?«
    Ben sitzt neben mir auf dem Kutschbock, die anderen vier haben sich in die Kabine gequetscht, als wir zum Institut zurückrasen. Sissy hat die Nase tief in das Notizbuch gesteckt und studiert es eingehend.
    »Wie heißt das Pferd?«, fragt Ben.
    »Ich weiß nicht.«
    »Wir beide können uns einen Namen ausdenken.«
    »Ich glaube nicht. Sei einfach still, okay?«, sage ich angespannt. Mir ist nicht nach reden. Wenn man einen kleinen Jungen in den sicheren Tod führt, bringt das jedes Gespräch zum Erliegen.
    Aber er schweigt nur kurz. »Ich bin so froh, dass du gekommen bist. Sobald ich die Staubwolke gesehen habe, wusste ich, dass du es sein musst. Alle anderen sind ausgerastet, weil sie dachten, es wäre einer von ihnen. Ich wusste, dass das nicht sein kann, nicht wenn die Sonne scheint.« Er betrachtet voller Bewunderung das Pferd. »Super, dass du mit einem Pferd gekommen bist. Wir haben schon seit Urzeiten versucht, ein Pferd aus dem Stall zu stehlen.«
    Das macht mich unwillkürlich neugierig. »Wieso?«
    »Sissy will weg. Sie hasst die Kuppel. Sie sagt, es ist ein Gefängnis.«
    »Warum seid ihr nicht alle schon vor Jahren geflohen? Die Wände der Kuppel senken sich, und ihr könntet gehen, so weit weg wie möglich.«
    Ben schüttelt den Kopf mit einer Schwermut, die nicht zu seinem Alter passt. »Wir würden es nicht weit genug schaffen. Selbst im Sommer, wenn die Sonne vierzehn Stunden scheint, würden wir höchstens vierzig Meilen weit kommen. Und sobald es dunkel wird, würden sie nur drei Stunden brauchen, um diese Entfernung zurückzulegen. Außerdem gibt es nichts, wohin man gehen könnte. Da draußen ist nur offenes, endloses Land.«
    Der Wind ist wieder aufgefrischt und hat dunkle Wolken aufgetürmt. Weitere Sandwehen treiben über die Ebene wie Geister, die vor ihrem

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