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Die Jaeger der Nacht

Die Jaeger der Nacht

Titel: Die Jaeger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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rechtzeitig fertig werden würden, haben wir die Hepra als Aushilfen eingesetzt. Sie haben zwei Tage hintereinander gearbeitet. Zur Belohnung haben sie zusätzliche Nahrung bekommen. Für ihr Fressen machen die Dinger alles.«
    »Wer hat sie beaufsichtigt? Wer könnte überhaupt … Sie haben sie einfach frei herumlaufen lassen?«
    Mein Begleiter schüttelt den Kopf und bedenkt mich mit einem Du-musst-noch-viel-lernen-Kleiner-Blick.
    Er öffnet die Tür und betritt das Gebäude. Im Innern ist es überraschend luftig und geräumig, aber die Umwandlung von einer Bibliothek in ein Gästezimmer ist unvollendet geblieben. Im Grunde ist es nach wie vor eine Bibliothek; der einzige »Umbau« besteht in einem Paar Schlafhalter, das an der Decke montiert worden ist. Ansonsten sieht der Raum praktisch unverändert aus: Regale, in denen sich immer noch Bücher aneinanderreihen, alte vergilbte Zeitungen, die in Kirschholzhaltern hängen, und dazwischen in gleichmäßigen Abständen verteilte Lesetische. Über allem hängt ein muffiger Geruch.
    »Die Schlafhalter«, sagt er mit einem Blick zur Decke, »wurden erst gestern angebracht.«
    »Hepra?«
    Er schüttelt den Kopf. »Das haben wir gemacht. Hepra würden nie hier reinkommen. Zu viel Angst, es könnte eine Falle sein. Sie sind dumm, aber nicht blöd, wenn du verstehst, was ich meine.«
    In halsbrecherischem Tempo führt er mich durch die Unterkunft, zeigt mir die Abteilung mit den Nachschlagewerken, die Schalter für die Quecksilberlampen und einen Schrank mit Kleidung für mich. Die Fensterläden werden durch Lichtsensoren automatisch gesteuert, erklärt er. »Sie sind superleise. Davon wirst du bestimmt nicht gestört.« Er spricht hastig, offensichtlich mit etwas anderem beschäftigt. »Möchtest du die Schlafhalter ausprobieren? Wir sollten sie anprobieren, um sicherzugehen, dass sie passen.«
    »Die passen bestimmt prima. Was das angeht, bin ich nicht pingelig.«
    »Gut«, sagt er. »Und jetzt komm mit, das wird dir gefallen.«
    Er eilt eifrig durch einen schmalen Gang, biegt dann scharf ab und führt mich zur Rückseite der Bibliothek. Auf einem Schreibtisch neben einem kleinen rechteckigen Fenster liegt ein Fernglas. Er nimmt es und guckt damit aus dem Fenster, während sich in seinem Mund hörbar der Sabber sammelt. »Ich zeige dir, wie man dieses Fernglas benutzt, weil du mich darum gebeten hast. Ich komme nur deiner Bitte nach«, sagt er mechanisch und dreht mit dem Zeigefinger an der Schärfeeinstellung. »Bloß, weil du mich gefragt hast.«
    »Hey«, sage ich, »lassen Sie mal sehen.«
    Er reagiert nicht, sondern späht nur weiter intensiv durch den Feldstecher. Seine Augenbrauen sind gewölbt wie die Flügel eines Adlers.
    »Mit diesem Rädchen kannst du den Zoom einstellen«, murmelt er. »Nah und fern, nah und fern, nah und …« Seine Stimme verliert sich.
    »Hey!«, wiederhole ich lauter.
    »Und auf der anderen Seite ist die Schärfeeinstellung«, murmelt er und lässt seine schlanken Finger über den Regler gleiten. »Ich erklär dir, wie es funktioniert. Weil du gefragt hast. Es ist kompliziert, deshalb erkläre ich es dir besser gründlich. Das könnte eine Weile dauern.«
    Schließlich reiße ich ihm das Fernglas aus den Händen.
    Er packt mit einer Hand meinen Unterarm, so schnell, dass ich es nicht kommen sehe. Seine Nägel bohren sich in meine Haut, und einen entsetzlichen Moment lang fürchte ich, er könnte mich blutig gekratzt haben. Er lässt natürlich sofort los und macht sogar ein oder zwei Schritte zurück. Sein Blick ist nach wie vor glasig und verschleiert, wird jedoch schnell wieder klar.
    Auf meinem Handgelenk sieht man die Abdrücke seiner Nägel, gefährlich tief. Aber kein Blut.
    »Verzeihung«, sagt er.
    »Kein Problem.« Ich halte den Arm hinter den Rücken und taste mit der anderen Hand über die Abdrücke. Immer noch keine Feuchtigkeit, immer noch kein Blut. Wenn auch nur der kleinste Tropfen durchgesickert wäre, hätte er sich längst auf mich gestürzt.
    »Habe ich es dir gut genug erklärt?«, fragt er flehend. »Weißt du jetzt, wie man dieses Fernglas benutzt?«
    »Ich denke, ich kann es versuchen.«
    »Eine weitere Vorführung würde vielleicht …«
    »Nein. Ich komme schon klar.« Ich halte das Fernglas hinter den Rücken und drehe mich zum Fenster. Die Mondsichel leuchtet blass hinter einem Wolkenvorhang, ihr mattes Licht fällt auf den Boden. »Was soll ich mir denn angucken?«
    Er antwortet nicht, sodass ich mich zu

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