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Die Jäger des Lichts (German Edition)

Die Jäger des Lichts (German Edition)

Titel: Die Jäger des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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schwarze Haar und streiche zögernd über die seidigen Strähnen. Immer wieder kämmen meine Finger durch das nach wie vor feuchte Haar, bis das Schatter-Mädchen still ist, bis es verschwunden ist, bis außer seinem Haar nichts mehr von ihm übrig ist.

38
    Wir rennen durch das Dorf. Das morgendliche Leben ist in Gang gekommen, Mädchen strömen auf die Straßen. Sissy und ich geben die Hoffnung auf, unentdeckt zu bleiben, und nehmen den direktesten Weg über die Hauptstraße. Die Mädchen wenden die Köpfe und sehen uns nach, als wir an ihnen vorbeilaufen.
    Leise betreten wir meine Hütte und sehen uns um. Das Esszimmer ist leer. Die knarrenden Stufen meidend steigen wir die Treppe hinauf. Die Schlafzimmertür ist angelehnt, und ich spähe vorsichtig durch den Spalt. Alle Jungen sind auf dem Bett, ihre Hände an die Bettpfosten gefesselt. Nur David sieht mich und reißt die Augen auf. Ich lege einen Finger auf die Lippen. Er blinzelt heftig und weist mit dem Kinn in eine uneinsehbare Ecke des Zimmers.
    Sie haben einen Wächter postiert.
    Einen großen, aber – was viel wichtiger ist – schlafenden Mann. Neben seinem Stuhlbein liegt eine leere Flasche Wein. Der Mund des Älteren steht weit offen, ein Schnarchen gurgelt in seinem Rachen, schafft es jedoch nicht ganz über seine Lippen. Offensichtlich haben sie weder mit Widerstand noch mit einem Befreiungsversuch gerechnet.
    Sissy schlüpft mit gezücktem Dolch ins Zimmer und fängt an, die Stricke durchzuschneiden. Alle Jungen sehen uns jetzt aus großen Augen an, sind jedoch klug genug, keinen Mucks zu machen. Ich stelle mich mit der Flasche in der Hand vor den Älteren. Beim ersten Anzeichen, dass er aufwacht, werde ich sie ihm über den Kopf ziehen.
    In weniger als einer Minute sind alle Jungen befreit. Unsere gepackten Taschen stehen noch neben der Tür. Wir nehmen sie, schleichen auf Zehenspitzen aus dem Zimmer, schließen die Tür hinter uns und lassen den betrunkenen Älteren ahnungslos zurück.
    Draußen laufen wir die Straße hinunter. Jetzt sind wir im Vorteil. In freiem Gelände können wir den Schmerbäuchen und Lotusfüßen mühelos entkommen. Unsere Flucht ist so gut wie gesichert. Wir rennen an einer Gruppe von Mädchen vorbei, die uns mit offenem Mund anstarren. Wir folgen dem gepflasterten Weg bis zu einem Lehmpfad. Die Mädchen, die auf dem Plateau am Fluss Wäsche waschen, halten inne, als wir vorbeikommen. Ich sehe, wie eine von ihnen aufsteht und eilig auf uns zutrippelt. Es ist das Mädchen mit den Sommersprossen. Sie hebt einen Arm, um uns aufzuhalten. Doch es bleibt keine Zeit, wir sausen an ihr vorbei, überqueren den Fluss und rennen in den Wald. Jetzt könnten ebenso gut hundert Meilen zwischenuns und ihnen liegen, sie können uns unmöglich noch einholen.
    Trotzdem laufen wir noch eine Viertelstunde weiter. Ein plätschernder Bach liefert uns einen Vorwand, stehen zu bleiben, und wir sind alle froh, zu Atem zu kommen. Sissy untersucht Bens Kopf, doch bis auf eine Beule wirkt er unversehrt. Epap hat ein paar Blutergüsse und Schrammen im Gesicht und an den Armen. Er sagt, er habe ein paar kräftige Schläge verteilt, bevor sie ihn überwältigt hätten.
    Dann hält er sich plötzlich den Magen und stolpert hinter einen Baum. Wir hören ihn würgen und trocken husten. Als er zurückkommt, ist sein Atem sauer und sein Gesicht blass. Er kniet am Bachufer und spritzt sich Wasser ins Gesicht.
    »Besser?«, fragt Sissy.
    »Mir ist immer noch ein bisschen schummrig. Von der Suppe, die ich essen musste. Sie haben mich unter Bedrohung der anderen gezwungen, die ganze Schale auszulöffeln. Sie haben gesagt, sie würden dich zurückbringen, wenn ich sie aufesse.« Er verzieht das Gesicht und schüttelt den Kopf. »Das Einzige, was es gebracht hat, war ein Ohnmachtsanfall. Aber das kalte Wasser hat gutgetan. Und das Schwitzen beim Laufen auch.« Er richtet sich auf. »Puh, das war doch zu schnell. Mir ist immer noch schwindelig. Gebt mir noch einen Moment.«
    Das tun wir. Derweil erzähle ich ihnen alles, was ich von Clair erfahren habe: über die Mission, meinen Vater undunser neues Ziel im Osten. Sie nicken ernst und blicken nervös in Richtung der Mission.
    Nur Jacob ist hin- und hergerissen. Er hebt langsam seine Tasche hoch und lässt sie dann wieder auf den Boden fallen. »Das heißt, jetzt sind wir wirklich auf uns allein gestellt.«
    Sissy wendet sich ihm zu. »Wir können es schaffen, Jacob. Wir bleiben zusammen, wir werden

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