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Die Jäger des Lichts (German Edition)

Die Jäger des Lichts (German Edition)

Titel: Die Jäger des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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steht vor dir.«
    Einen Moment lang mustert sie mich verwirrt von oben bis unten. »Wo …?« Ihre Stimme verliert sich. Sie schüttelt den Kopf und setzt ihre Wollmütze auf. »Du verschwendestmeine Zeit. Wenn du darüber bloß Witze machen willst, dann …«
    »Nein! Das ist mein Ernst!«
    »Es ist unmöglich, dass …«
    »Clair! Ich sage dir, was ich weiß«, beteure ich mit flehender Geste. »Ich wette, mein Vater hat angedeutet, dass der Ursprung etwas mit Schriftzeichen, Typografie oder dergleichen zu tun hat. Das hat er doch, oder?«
    Sie sieht mich ängstlich an.
    » Gene «, sage ich. »Es ist völlig offenkundig, aber jeder sieht darüber hinweg. Es ist genau die Art Hinweis, wie sie mein Vater gibt, er baumelt einem direkt vor der Nase. Offensichtlich und doch nicht zu erkennen.«
    »Hör auf!«
    »Nein, ich meine es ernst. Es ist in meinen Genen. Ich bin es. Ich bin der Ursprung!«
    Sie mustert mich eindringlich, meinen Hals, meine Brust, meine Arme. Sie spricht stumm die Worte der Ursprung , ihr blasses Gesicht wird noch fahler.
    »Und jetzt sag mir«, dränge ich, »wo ist mein Vater?«
    Verärgerung blitzt in ihren Augen auf. »Das soll ich dir nur sagen, wenn ich absolut sicher bin, dass du den Ursprung hast. Und das bin ich nicht. Aber für Gewissheiten bleibt keine Zeit.«
    »Kapiert. Und jetzt sag mir, wo er ist.«
    »Im Osten.«
    »Im Osten? Östlich von hier ist nichts.« Ich starre dasschweigende Publikum der Hängegleiter und das seltsame elfenhafte Mädchen mit dem bleichen weißen Haar an. »Weißt du was? Warum sollte ich dir glauben? Nichts, was du sagst, ergibt einen Sinn. Woher weiß ich, dass du dir das alles nicht ausgedacht hast?«
    »Dein Vater hat gesagt, dass du mir vielleicht nicht glauben würdest. Deswegen soll ich dir etwas zeigen.« Sie klappt den Deckel einer kleiner Holztruhe in der Ecke auf. Als sie sich wieder umdreht, hat sie ein kleines Modellflugzeug in der Hand.
    Meine Brust zieht sich zusammen und drückt auf meine Lungen. Ich erkenne das Flugzeug. Es ist das ferngesteuerte Modell, das mein Vater mich auf dem Dach seines Arbeitsplatzes, dem höchsten Wolkenkratzer in der Schatter-Metropole, hat fliegen lassen. Es ist kleiner, als ich es in Erinnerung habe, die matt gewordene Chromoberfläche ist zerdellt, doch bei näherem Hinsehen ist es unbestreitbar dasselbe Flugzeug.
    »Er hat mir erzählt, dass er ein bestimmtes Ziel einprogrammiert hat«, sagt Clair. »Er wusste genau, wo es landen würde. Und als er Jahre später in die Mission zurückkehrte, fand er es tatsächlich; zerbrochen, zerbeult und verrostet in einem Baum, aber keine hundert Meter von dem Punkt entfernt, an dem es landen sollte.«
    Ich drehe das Flugzeug in den Händen. Es ist repariert und neu lackiert worden. Und dann entdecke ich auf der Unterseite der beiden Flügel die unverwechselbare kursiveHandschrift, die ich aus der Lektüre der Notizbücher meines Vaters kenne. Es sind nur fünf Worte.
    »›Folge dem Fluss nach Osten‹«, flüstere ich.
    »Du musst nach Osten fliegen«, sagt Clair leise. » Wir werden nach Osten fliegen. Mit einem Hängegleiter. Ich werde uns mit dem Zweier-Modell dorthin fliegen.« Sie schlägt mit eigenartig schuldbewusster Miene die Augen nieder. »Wir folgen dem Fluss. Er kommt auf der anderen Seite wieder aus dem Berg. Und dann immer weiter nach Osten.«
    »Dort ist nichts. Nur ödes, karges Land.«
    »Dort ist dein Vater. An einem Ort, den er das Land von Milch und Honig, Obst und Sonnenschein genannt hat.«
    Noch einmal drehe ich das Flugzeug in meinen Händen, spüre das kalte Metall an meiner Haut. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
    »Es ist der Sinn und Zweck deines Lebens, Gene. Das hat dein Vater mir erklärt. Dein ganzes Leben ist auf diesen Punkt reduziert: mit dem Ursprung nach Osten fliegen. Alles andere ist ohne Bedeutung. Du wurdest geboren, um genau das zu tun. Es ist deine Mission.«
    Von draußen hört man Stimmen, viel näher als vorher, fast an der Festungsmauer.
    Sie spricht im Telegrammstil weiter. »Wir müssen heute Nacht aufbrechen. Aber nicht jetzt. Nicht mit den Älteren im Nacken. Außerdem muss ich noch einmal zurück in mein Zimmer. Die Tasche mit Vorräten holen, die ich versteckt habe. Die Reise wird ein paar Tage dauern. Wir treffen uns hier in einer Stunde wieder.«
    »Was ist mit meinen Freunden? Ich kann sie nicht einfach zurücklassen.«
    Sie zögert, und ihr Blick trübt sich mit demselben schuldbewussten Ausdruck, den ich

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