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Die Jäger des Lichts (German Edition)

Die Jäger des Lichts (German Edition)

Titel: Die Jäger des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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schon eben bei ihr gesehen habe. »Vielleicht nur Sissy …«, setzt sie an und schüttelt dann den Kopf. »Nein, auf dem Hängegleiter ist nur Platz für dich und mich«, sagt sie nervös.
    »Wir müssen die anderen mitnehmen.« Ich schüttle den Kopf. »Was sage ich da? Ich habe noch zu viele Fragen …«
    »Wenn wir erst mal in der Luft sind, haben wir jede Menge Zeit.« Sie zieht mich durch die Tür und lässt die verblassenden GlühBrenns zurück. Im Dunkeln schiebt sie die Kartons und Kisten wieder vor die Tür und schleicht zu einem schmalen Fenster. »Sie kommen jetzt nach oben.« Sie dreht sich zu mir um. »Ich klettere durch das Fenster und dann weiter über die Mauer. Du bist zu groß, du passt nicht durch. Du gehst die Treppe wieder runter. Wenn du ihnen in die Arme läufst, sagst du einfach, du hättest dich umgesehen.« Sie schlägt die Kapuze über den Kopf. »Wir treffen uns wie verabredet in einer Stunde wieder hier. Und erzähl keinem davon. Okay?«
    »Nein. Es ist nicht okay.«
    Aber es ist, als hätte sie mich nicht gehört. Einen Fuß schon im Fensterschlitz hält sie noch einmal inne. »Dein Vater hat mir noch etwas erzählt. Manchmal ist er zurSchatter-Metropole geflogen. Der Flug dorthin und zurück dauerte einen ganzen Tag. Aber er wollte dich sehen. Selbst wenn er es nur von Weitem und hoch am Himmel tun konnte.«
    Ich packe ihren Arm. »Warum bist du geblieben? Wenn dort draußen wirklich das Land von Milch und Honig, Obst und Sonnenschein ist, wieso bist du nicht allein weggeflogen?«
    Sie reißt sich los und schiebt sich durchs Fenster, bis sie auf dem Fenstersims kauert, den Körper schon halb draußen. »Weil dein Vater mich gebeten hat, zu bleiben und auf dich zu warten.« Sie sieht mir direkt in die Augen. »Er war ein guter Mann. Ich würde alles tun, worum er mich bittet.« Und damit springt sie hinaus in die Nacht und rennt über die Festungsmauer davon.

35
    Sie entdecken mich, als ich die Treppe herunterkomme, zwei Ältere, mit vor Trunkenheit oder Anstrengung roten Gesichtern. Oder beidem. Wortlos packen sie meine Arme. Ich schüttle sie ab, und nachdem sie begriffen haben, dass ich nicht versuche zu fliehen, bleiben sie mir einfach dicht auf den Fersen. Wir wechseln kein einziges Wort. Und kaum sind wir wieder auf dem kopfsteingepflasterten Pfad, sind sie plötzlich verschwunden. In einem Moment gehen sie noch hinter mir, im nächsten sind sie weg.
    Merkwürdig, dass sie mich nicht zu meiner Hütte begleiten. Ich versuche, mir nicht zu viel dabei zu denken, trotzdem macht sich Unbehagen in mir breit. Ich bleibe stehen und lausche auf ihre verklingenden Schritte, doch ich höre nur das dünne Pfeifen des Windes.
    Ein Tropfen fällt mir ins Gesicht, fett, kalt und direkt. Sekunden später platschen mir weitere Tropfen auf Wangen und Stirn, und dann fängt es plötzlich in Strömen an zu gießen.
    Von Furcht getrieben mache ich mich eilig über das eisig glitschige Kopfsteinpflaster auf den Weg zurück zu meiner Hütte. Ich stelle mir vor, wie ich in das Schlafzimmer stürme und alle wach rüttle. Epap, David, Ben, Jacob und Sissy. Ich erkläre ihnen, dass wir sofort aufbrechen müssen, nicht nur weil ich jetzt weiß, dass das Land von Milch und Honig, Obst und Sonnenschein im Osten liegt; nicht nur weil ich weiß, dass mein Vater dort lebt, atmet und auf mich wartet; sondern auch weil ich spüre, dass unsere Zeit in der Mission abgelaufen ist. Die letzten Sandkörner sind durch das Glas gerieselt und haben nur Lachen von schrecklicher Leere und ätzender Schwärze zurückgelassen. Ich male mir aus, wie wir unsere Taschen nehmen und in den dunklen Wald schleichen, während ich noch schneller laufe und versuche, das Gefühl zu verdrängen, dass es bereits zu spät ist.
    Ich platze durch die Haustür und will gerade die Treppe hochstürmen, als mir etwas ins Auge fällt. Im Esszimmer tanzt der Widerschein des Feuers an der Wand, klein und züngelnd. Doch es ist nicht das Licht, das meine Aufmerksamkeit erregt.
    Es ist David.
    Er sieht mich nicht, sondern steht in einer Ecke und starrt die Wand an, die Hände hinter dem Rücken gefaltet, wie ein stramm stehender Soldat. Nur dass er zittert.
    »David?«
    Das flackernde Licht stammt von einer Kerze auf dem Esstisch. Am Tisch sitzt Epap, das Gesicht hell erleuchtet,und löffelt roboterartig Suppe aus einer Schale in seinen Mund, so schnell und grob, dass sie über den Tisch und sein Hemd kleckert.
    Als er aufblickt, sind seine Augen

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