Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)
wurde und wirbelte herum. Es war Mister Meyers, dessen journalistische Neugierde ihn hervorgelockt hatte. „Ich schätze, jetzt sind auch noch Ihre letzten Zweifel ausgelöscht worden, oder?“, bemerkte ich sarkastisch.
Er nickte nur. In den Händen drehte er nervös seinen Hut und starrte das Ding auf dem Boden an. Er konnte seine Augen gar nicht von ihm lösen. Ich kannte das nur zu gut. Bei meinem ersten Mal war es für mich wie bei einem Unfall gewesen. Man kann nicht hinsehen, aber wegsehen geht auch nicht.
Die Kreatur war so hoch wie breit. Der Buckel in seinem Nacken ragte über seinen dicken Kopf. Die Augen lagen schräg im Gesicht. Anstelle einer Nase, hatte es nur zwei Löcher. Der Mund zog sich von einer Seite zur anderen und grüner Schleim hing in den Mundwinkeln und tropfte auf den Asphalt. Aber nicht der Anblick war für mich das Schlimmste. Es war der Gestank. Ich hätte kotzen können! Und der Gesichtsfarbe des Reporters nach zu urteilen, war es bei ihm auch fast so weit.
Ich zückte mein Mobiltelefon und wählte die Nummer des Paters. Schon nach dem ersten Klingeln nahm er den Hörer ab. „Bist du in Ordnung? Geht es dir gut? Was ist passiert?“, sprudelte er sofort los, ohne dass ich auch nur ein Wort gesagt hatte. Anscheinend hatte er schon auf meinen Anruf gelauert.
Ich wollte gar nicht näher darauf eingehen, was passiert war, sondern versuchte einfach nur, ihn zu beruhigen. „Es war ein einfacher Fall. Aber wir brauchen hier ein Aufräumteam.“ Damit war das Gespräch beendet. Der Reporter sah mich verständnislos an. „Na ja, das kann ja hier nicht einfach so liegenbleiben,“ erklärte ich ihm mit einem Schulterzucken.
Er nickte nur und starrte dann wieder mit offenem Mund auf die tote Leiche. Ich musste ihn regelrecht in sein Wohnhaus schieben, damit er sich erinnerte, wieso er eigentlich hier war. Sonst hätte er wohl die ganze Nacht dort gestanden.
Ich kehrte danach noch nicht gleich in die Kirche zurück, sondern wartete noch auf die fleißigen Helfer und behielt die Gegend im Auge. Anschließend lief ich noch eine Patrouille durch das Wohnviertel des Reporters. Es war aber erstaunlich ruhig. Bis auf meine Blase, die mich schon seit einer Weile nervte. Ich wollte aber nicht in ein Gebüsch springen, also kniff ich die Beine zusammen und machte mich auf den Heimweg. Als ich in die Kirche eintrat, entdeckte ich sofort den Pater und wie er vor dem Altar auf und ab ging. Was machte er nur hier? In letzter Zeit fand ich ihn des Öfteren hier oben an, wenn ich nach meinen Patrouillen zurückkam. Ich fühlte mich ein bisschen wie in einer Ehe, in der man nach einem harten Arbeitstag zur Tür hereinkommt und die lieblichen Worte schallen einem entgegen: „Na, Schatz, wie war dein Tag?“
Es dauerte nicht lang, und er sah mich in der Tür stehen. Für einen Moment leuchteten seine Augen auf. Dann verzog sich sein Gesicht. Ich merkte sofort, dass er verärgert war.
„Wo warst du?“
„Och, es ist so eine schöne Nacht, da dachte ich, ich gehe noch etwas spazieren,“ scherzte ich.
„Das ist nicht komisch, Ada!“, fuhr er mich an.
Für Humor war im Moment kein Platz. Schade.
„Tut mir leid. Du hast Recht.“
Ich hörte ihn seufzen. Dann ertönten seine Schritte auf dem Stein, und er stürmte den Gang entlang auf mich zu. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie er mich in seine Arme zog. „Ich wusste, dass es keine gute Idee war, diesen Reporter zu begleiten. Das musste ja passieren,“ murmelte er mir in die Haare. In der letzten Zeit machte er sich viel häufiger Sorgen um mich. Was war los mit ihm?
Ich schob ihn ein Stück von mir weg und sah zu ihm auf. „Es ist alles in Ordnung. Es war wirklich nicht schlimm. Es geht mir gut. Ich muss nur ziemlich dringend wohin,“ sagte ich und hüpfte von einem Bein aufs andere.
Pater Michael nickte und lächelte mich kurz an. Doch dann wurde er wieder ernst. Er umfasste mein Gesicht und sah mich eindringlich an, als müsse er sich nochmals vergewissern, dass ich wirklich gesund und munter vor ihm stand. „Jedes Mal, wenn du hinaus in die Nacht gehst, sterbe ich aufs Neue,“ flüsterte er mir zu. „Ich sterbe vor Angst. Ich sterbe vor Sorge. Ich fühle mich hilflos, wenn ich hier zurückbleiben muss. Ich kann dir nicht helfen; dich nicht beschützen, wenn es nötig ist.“ Erneut zog er mich in seine Arme und drückte mich an seine Brust.
Meine Nase wurde platt gedrückt, und ich bekam kaum Luft. Ich stemmte meine
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