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Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)

Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)

Titel: Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Losbohm
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die der Reporter im Moment nicht hatte. Aber zum Glück hatte er das Tonbandgerät dabei, das ihm später beim Auseinanderklamüsern behilflich sein würde. Aber für den Augenblick gab er es auf, den Durchblick zu behalten und nickte mir zu, damit ich weiter erzählte.
     
    Meine Ausbildung hatte ein ganzes Jahr gedauert, so wie bei jedem Jäger. Es war eine harte Zeit gewesen und der Pater hatte wirklich gute Arbeit geleistet. Wie gesagt, geht er beim ersten Mal immer mit, auch wenn es nur für sechzig Minuten ist. Als wir durch die Straßen zogen und nach meinem ersten Monster suchten, fragte ich den Pater nebenbei über das Ritual aus. „Vielleicht haben Sie mich ja mit einem Fluch belegt, und ich habe es nicht einmal mitbekommen,“ meinte ich.
    Er lachte über meine Überlegung. Aber er erklärte mir dann, dass er, einfach ausgedrückt, Gott um Schutz und Kraft für mich gebeten hatte.
    „Aha! Das steckte also hinter diesem ganzen lateinischen Gefasel. Tja, da ich diese tote Sprache nicht verstehe, muss ich mich wohl oder übel darauf verlassen, was Sie mir erzählen,“ meinte ich und sah zu ihm auf.
    Diese Bemerkung nutzte er gleich, um Unterricht in Latein für Anfänger abzuhalten.
    „ „Deus“ bedeutet „Gott“.“
    Ich erinnerte mich daran, dass ich dieses Wort zwischendurch herausgehört hatte.
    „ „Tutela“ heißt „Schutz“ und „robur“ ist das lateinische Wort für „Kraft“. Ich habe außerdem darum gebeten, dass der Herr Ihnen stets dabei helfen möge, Ihren Weg zurück nach Hause zu finden. Vielleicht können Sie sich daran erinnern, dass ich „iter“ sagte, was „Weg“ bedeutet?“, fragte er mich.
    Ich nickte. „Und was ist mit „invenire“?“
    „ „Invenire“ bedeutet „finden“ und „domum“ heißt… ,“ begann er.
    „ „nach Hause“?“, unterbrach ich ihn.
    Mit einem Lächeln nickte er. „Und was haben Sie noch herausgehört?“, wollte er wissen.
    Ich brauchte nicht lange zu überlegen. „ „Amen“,“ rief ich freudig aus. Es gab aber keinen Grund darauf stolz zu sein. Schließlich hätten es wohl alle Menschen sofort erkannt.
    Pater Michael nickte erneut und fügte hinzu: „Ich sagte „Deo iuvante, amen“, was so viel bedeutet, wie „Mit Gottes Hilfe, Amen“. Sie sehen also, Miss Ada, so schwer ist das gar nicht.“
    Pfft! Nein, gar nicht! Ist total easy! Manchmal konnte er doch ein kleiner Angeber sein, der gute Pater.
     
    „Als es dann soweit war und vor mir mein Versuchskaninchen, also ein Monster, saß, konnte ich von Glück sagen, dass Pater Michael bei mir war und aufpasste. An jenem Abend war das auch wirklich nötig,“ meinte ich.
    Der Reporter sah mich erstaunt an.
    „Na ja, ich hatte im falschen Moment Zweifel an meiner Aufgabe bekommen und zögerte beim ersten Mal, als ich töten sollte. Der Pater hatte absolut Recht gehabt, als er sagte, dass es etwas anderes ist, über etwas zu hören, als es tatsächlich zu sehen. Wir hatten uns an ein Monster herangeschlichen. Es hockte mit dem Rücken zu uns in einer Ecke. Es hatte nicht einmal bemerkt, dass wir dort waren. Als mir Pater Michael den Befehl gab, es zu töten, konnte ich es nicht. Es hatte nichts getan. Noch nicht. Aber ich sollte es dennoch töten. Ich musste es töten. Der Pater bläute mir das schon seit Minuten ein. Und als das Monster uns irgendwann doch bemerkte und auf uns zustürzte, stand ich wie versteinert da. Ich fragte mich plötzlich, was ich hier tat. Wieso musste ausgerechnet ich eine Jägerin sein? Meine Beine wollten sich nicht bewegen und mein Arm sich nicht heben, um mit dem Schwert zuzustechen. Auf einmal wog es eine ganze Tonne. Ich hatte Glück, dass Pater Michael bei mir war, rechtzeitig eingreifen konnte und mir das Leben rettete, indem er mir das Schwert aus der Hand riss und sich beherzt zwischen mich und das heranrasende Monster stellte. Ohne zu zögern tötete er es. Hinterher erklärte er mir ruhig, dass ich mich immer an die Opfer erinnern müsse; dass ich daran denken müsse, dass ich diese Kreaturen töte, um menschliches Leben zu retten. Ich hatte eher mit einem Anschnauzer gerechnet, aber nicht damit, dass er verständnisvoll sein würde nachdem, was ich mir soeben geleistet hatte. Und es fiel mir immer noch schwer zu begreifen, wie Pater Michael, ein Mann der Kirche, so leicht hatte töten können. Aber er hatte es nicht deswegen getan, weil er herzlos oder grausam war. Er musste es tun. So waren die Regeln, und ich musste sie mir ein für

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