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Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)

Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)

Titel: Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Losbohm
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vertreiben können. Es fiel mir weiterhin schwer, sie abzulegen. Gestern Nacht war es einfach gewesen, aber heute? Heute war ich wieder unsicher. Ich wollte ihm so viel sagen; so viel tun, aber ich wusste einfach nicht, ob es für ihn in Ordnung war. Für gewöhnlich überließ ich es ihm, den ersten Schritt zu machen. Die Berührungen, die Küsse waren stets von ihm ausgegangen. Ich wollte mich ihm nicht aufdrängen. Schließlich gehört es sich nicht, sich einfach an einen Priester heranzuschmeißen. Ich dachte, dass es ihm vielleicht unangenehm sein könnte. Woher kamen nur plötzlich diese Zweifel? Warum war ich jetzt so zurückhaltend und er war so …na eben nicht zurückhaltend?
    „Geht es dir wirklich gut, Ada? Du wirkst sehr nachdenklich,“ hörte ich seine Stimme sagen.
    Ich blickte auf und sah, dass er mich besorgt musterte. „Mach dir keine Sorgen. Es ist alles in Ordnung,“ meinte ich wenig überzeugend und kaute auf meiner Unterlippe herum. Eine Eigenart, die immer dann ans Tageslicht kam, wenn ich aufs Äußerste nervös war.
    Plötzlich spürte ich Pater Michaels Hand in meiner. Er hielt sie fest umschlossen und führte mich zu seinem Bett. Wir setzten uns hin, und er lehnte sich zu mir. „Ist es wegen gestern Nacht?“, fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Habe ich dir wehgetan?“
    Erneutes Kopfschütteln.
    „Was ist es dann? Tut es dir leid, dass du mich nicht weggeschickt hast?“
    Ich sah ihn erschrocken an. „Nein!“, rief ich aus. „Es tut mir nicht leid. Tut es dir denn leid?“
    Pater Michael setzte sich zurück und dachte einen Moment darüber nach. Dann sah er mich ernst an und schüttelte den Kopf. „Bevor wir…nun ja…du weißt schon, da hatte ich Zweifel, und ich wollte tatsächlich aufstehen und gehen. Aber dann sah ich in deine Augen, und ich konnte es nicht. Ich wollte es nicht, Ada! Ich hatte angenommen, dass es mir heute leidtun würde. Aber als ich neben dir erwachte und du das Erste warst, was meine Augen erblickten, tat es mir nicht leid, dass ich geblieben war. Aber wenn ich dich jetzt so ansehe, sollte es mir vielleicht doch leidtun. Dich quält doch irgendetwas,“ meinte er, und in seine Augen trat wieder diese Traurigkeit, die mich seinen Schmerz ebenfalls fühlen ließ.
     
    Ich seufzte und gab mich geschlagen. Er würde sowieso keine Ruhe geben. „Ich möchte nicht, dass es dir leidtut. Ich wollte dich nicht wegschicken, also tut mir auch nichts leid. Es ist nur so, dass ich…naja,“ begann ich und zögerte erneut.
    Pater Michael wartete geduldig.
    Ich holte tief Luft und begann zu sprechen: „Es gibt so viel, was ich dir gern sagen würde. Und so viel, was ich gern tun würde. Aber ich habe Angst davor. Ich war ja vorher noch nie mit einem Priester zusammen. Ich weiß nicht, wie ich mich dir gegenüber verhalten soll.“ So, jetzt war es raus!
    Der Pater starrte mich an, doch dann verzog sich sein Gesicht zu einem liebevollen Lächeln. „Du sollst dich mir gegenüber ganz normal verhalten, Ada. Und du kannst mir alles sagen, was du möchtest und auch tun, was du möchtest,“ meinte er.
    Schüchtern schaute ich zu Boden und dachte über seine Worte nach. „Weißt du, nach unserer ersten gemeinsamen Nacht, warst du …nun, du hast mir gleich zu verstehen gegeben, dass du nicht weiter darüber reden wolltest, und ich dachte, du würdest es bereuen. Es tat mir für dich leid, weil ich wusste, dass es für dich ein großer Gewissenskonflikt war. Für mich war die Sache damit klar, und ich redete auch nicht darüber. Aber was ist jetzt?“, fragte ich ihn.
    „Ada, sieh mich bitte an,“ sagte Pater Michael sanft.
    Ich tat ihm den Gefallen nur zögerlich. Aber als ich ihn schließlich ansah, versetzte es mir einen unangenehmen Stich ins Herz. Tiefe Sorgenfalten hatten sich auf seiner Stirn gebildet, und seine Augen blickten mich traurig an. „Ich weiß, dass mein Verhalten dir damals sehr wehgetan hat, Ada, und ich weiß, ich war oft genug streng zu dir und habe Dinge gesagt, die ich schnell bereute. Wenn ich sage, dass es mir leid tut, glaubst du mir dann?“, fragte er mich.
    Ich musste schwer schlucken bei seinen Worten. Wie konnte ich ihm nicht glauben, wenn er so mit mir sprach und mich anblickte, als könnte er meinen Schmerz von damals spüren? Ich nickte und sah ihn mit großen Augen an. Die Erleichterung über meine Antwort stand ihm umgehend ins Gesicht geschrieben. Er nahm meine Hand und führte sie zu seinem Mund. Dankbar küsste er sie.

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