Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)
Fäustchen in die Eingeweide boxte. Bei Pater Michaels Worten war eine unglaubliche Last von mir gefallen. Eine erneute Zurückweisung hätte ich nicht durchgestanden.
Pater Michael löste sich von mir. Er ergriff meine Hände und sah mich mit seinen schwarzen Augen eindringlich an. Sie sprühten vor Zuneigung und Wärme. „Geht es dir jetzt besser?“, wollte er wissen und lächelte mich an.
Ich nickte. „Oh ja!“, rief ich aus und musste lachen.
Er erwiderte es und zog mich an sich. Nach einer Weile ließ er mich los und meinte, dass er noch etwas arbeiten müsse und wollte wissen, was ich für heute geplant hatte. „Ich glaube, ich backe einen Kuchen. Irgendwie ist mir danach,“ sagte ich und erhob mich vom Bett.
Wir verließen gemeinsam das Zimmer. An der Küchentür trennten wir uns. Doch dann fiel mir noch etwas ein. „Darf ich dich noch etwas fragen?“, rief ich ihm zu, als er schon auf der Treppe nach oben stand. Er nickte.
„Darf ich dich Mike nennen?“, fragte ich und grinste breit. „Oder Mikey?“
Pater Michael sah mich mit großen Augen an. Ein Schmunzeln spielte um seine Lippen. Er kratzte sich am Kinn und dachte nach. „Du darfst mich Michael nennen,“ antwortete er mir schließlich und lief die paar Stufen wieder hinunter, um mir einen schnellen Kuss aufzudrücken.
Ich zog einen Flunsch und gab vor, beleidigt zu sein. Aber eigentlich hatte ich auch nicht damit gerechnet, dass er damit einverstanden sein würde. Und abgesehen davon, gefiel mir sein Name besser als jede Verniedlichung. Pater Michael gab mir noch einen Kuss. Na gut. Das stimmte mich gnädig.
Der Padre drehte sich um und lief die Treppe hinauf. Bevor er jedoch durch die Tür in sein Büro verschwand, musste ich ihm noch hinterher rufen: „Bis später, Mikey.“
Er wirbelte herum und sah mich finster an. Ich winkte ihm grinsend zu. Bevor er aber die Tür schloss, sah ich noch sein Lächeln.
32. Möchtest du, dass ich bleibe?
Trotz unseres Gesprächs, fiel es mir schwer einfach das zu tun, was jedem normalen Menschen in einer Beziehung leicht fällt zu tun. Aber bei uns war nichts normal. Der Pater war ein Pater. Ha! Ja, logisch. Und ich war eine Monsterjägerin.
Wir hatten den Tag über viel Zeit im Labor verbracht und still vor uns hingearbeitet. Der Raum war zweigeteilt. Im vorderen Bereich sah es aus wie in einem richtigen Labor. Metallregale reihten sich an den Wänden aneinander. In ihnen standen mehrere Packungen Schutzhandschuhe, Bechergläser in den verschiedensten Größen, Reagenzgläser, Petrischalen, Schutzbrillen, Pipetten und Pinzetten, Kellen, Löffel, Trichter, Rührspatel und diverse Kanister mit irgendwelchen Chemikalien, von denen ich nicht wissen wollte, was der Pater damit anstellte. Abgesehen davon interessierte mich die Chemie auch nicht. Ich hatte das Fach schon in der Schule hassen gelernt. Der Labortisch aus Edelstahl funkelte unter dem grellen Licht wie ein Juwel. Obwohl Pater Michael gerade daran saß und arbeitete, wirkte der Tisch aufgeräumt und sauber. Der Padre achtete stets genauestens darauf, dass alles seine Ordnung hatte. Vor ihm standen die Gussformen für unsere Silberkugeln, und er wartete darauf, dass ich mit dem Schmelzen des Metalls fertig wurde. Auch wenn ich für einige Zeit nicht mehr durch die Straßen hetzen würde, Silberkugeln konnte man nie genug haben.
So hell wie das Labor erleuchtet war, so dunkel war es im hinteren Teil des Raumes. Dort im Schatten lag eine kleine Werkstatt. Ein massiver Holztisch nahm den meisten Platz ein, dessen Arbeitsfläche ziemlich mitgenommen aussah. Auf ihm lagen kleine Sägen, Messerchen, Feilen, Klebstoff, Schmirgelpapier, Schnur und Schleifer. Ein Glas war bis unter den Deckel mit Pfeilspitzen gefüllt. Es gab Ständer, aus denen die gefiederten Enden der Pfeile herausragten, die mir schon mehr als einmal das Leben gerettet hatten. Daneben lag das Rohmaterial, Eschenholz, aus dem meine fliegenden Freunde bestanden. Vor dem Tisch stand eine Kiste. Darin lagen ordentlich übereinander gestapelt Holzkruzifixe. Auch mein Schwert war hier untergebracht. Der gläserne Safe war mit rotem Samt ausgekleidet, und darauf befestigt war eine Halterung aus Metall, in der mein Schmuckstück ruhte, wenn ich es nicht benötigte. Darunter war eine Schublade, in der meine Pistole mit den Silberkugeln in einer prachtvollen, silbernen Schatulle aufbewahrt wurde, deren Deckel mit roten Rubinen und weiß schimmernden Kristallen
Weitere Kostenlose Bücher