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Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)

Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)

Titel: Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Losbohm
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besonders in diesem Kleid und mit deiner Frisur,“ fügte er hinzu.
    Unwillkürlich fing ich an, an dem Stoff und meinen Haaren herumzufummeln. „Was ist eigentlich aus ihr geworden?“, fragte ich ihn.
    Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Der Besuch bei ihren Verwandten war irgendwann beendet, und sie ist weitergezogen. Aber vermutlich hat sie glücklich und zufrieden bis an ihr Ende gelebt.“
    Ich beobachtete ihn eingehend und fragte mich, wie es für ihn gewesen war. „Und Sie, Pater? Haben Sie glücklich und zufrieden gelebt? Sind Sie glücklich und zufrieden?“
    Erstaunt über meine Frage starrte er mich an und schwieg für eine Weile. „Ja,“ sagte er dann. Doch sein Zögern verriet mir die wirkliche Antwort. Er trauerte ihr noch immer nach. Nach all den Jahrhunderten! Es war einfach unglaublich! Aber ich wusste auch, wie es war, wenn man jemanden liebte, der einen nicht wollte. Mit mir hatte man auch gespielt, und es war mir auch bekannt, wie sehr es weh tat, mit ansehen zu müssen, wie der geliebte Mensch ein neues, ein besseres Glück fand und all das hatte, wonach man sich selbst so sehr sehnte. Dann fühlte man sich plötzlich innerlich leer, und nichts konnte dieses Gefühl verschwinden lassen. Nur die Zeit machte es etwas erträglicher.
    Ich musterte ihn eindringlich und machte mir meine eigenen Gedanken. Ich schreckte daher zusammen, als die Stuhlbeine über den Küchenboden schabten und ein unangenehmes Geräusch erzeugten, das mir einen Schauer über den Rücken jagte. Plötzlich hatte sich der Ausdruck auf seinem Gesicht und in seinen Augen verändert. Als wäre er nicht hier, sondern ganz woanders. In einer anderen Zeit; an einem anderen Ort.
     
    „Ich hätte nicht gedacht, dass es mir zweimal passieren würde, dass ich mich als Priester in eine Frau verliebe, und es macht mir Angst. Ich hatte damals dagegen ankämpfen müssen, und ich musste es jetzt tun. Aber ich bin das Kämpfen leid. Ich kann nicht mehr stark sein, Ada. Ich kann mich nicht mehr zurückhalten.“
    Im ersten Moment dachte ich, ich hätte mich verhört und sah ihn nur mit großen Augen an. Aber als er einen Schritt auf mich zutrat und seine Hand nach mir ausstreckte, wusste ich, dass das alles wirklich passierte. „Du musst dich auch nicht zurückhalten. Es geht mir genauso. Nun ja, vielleicht nicht genauso, aber so ähnlich. Du weißt schon…ich meine….,“ stotterte ich herum. Ich konnte es nicht genau beschreiben, und zuerst hatte mich diese Erkenntnis erschreckt und verwirrt. Klar, ich fand ihn äußerlich wahnsinnig anziehend, aber da war noch etwas anderes, was mich zu ihm hinzog. Ich kann die Faszination, die ich für ihn vom ersten Tag an empfand, nicht in Worte fassen. Es war einfach etwas Magisches. So etwas kann man nicht wirklich erklären. Man muss es fühlen. Ich holte tief Luft und versuchte es erneut. „Ich wollte sagen, dass auch ich mich zu dir hingezogen fühle, und mir ist es auch oft schwer gefallen, mich zusammenzunehmen. Ich weiß also, wie schmerzhaft es sein kann, gegen seine Sehnsucht anzukämpfen.“
    Pater Michael sah mich nachdenklich an. Seine Stirn runzelte sich. Seine schwarzen Augen aber blickten traurig zu mir herüber. Da wusste ich, dass man unsere stillen Kämpfe gegen unsere Gefühle nicht miteinander vergleichen konnte. Für ihn war es weitaus schwieriger, als für mich. Er stand schon seit Jahrhunderten im Dienst der Kirche. Er hatte seinen Glauben, und er hatte ein Gelübde abgelegt, niemals eine Frau zu berühren, und dann war ich in sein Leben getreten und brachte die Mauern, die er sich um sein Herz aufgebaut hatte, zum Einsturz. Der Kampf in seinem Innern spiegelte sich in seinem Gesicht wider. Er trat noch einen Schritt auf mich zu, hielt dann inne und ging unentschlossen drei Schritte zurück. Er trommelte mit den Fingern auf der Arbeitsplatte des Küchenschranks und starrte mich unentwegt an. Ich wagte nicht, mich zu bewegen, weil ich befürchtete, ihn noch mehr zu verunsichern. Er leckte sich nervös mit der Zunge über die Lippen. Erneut machte er einen Schritt nach vorn. Dieser war größer als der davor, und mir stockte der Atem, weil er mir so nahe war. Aber dann wich er wieder zurück, und ich atmete aus. Er wandte sich ab und tigerte auf und ab. Leise murmelte er etwas vor sich hin. Er war hin und hergerissen zwischen seinem Versprechen der Kirche gegenüber und dem Verlangen nach mir. Das meiste, das er von sich gab, war für mich unverständlich,

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