Die Jaegerin
Blutes darunter. Ihr Haar war zur Seite gerutscht und offenbarte die Wunde an ihrer Schläfe. Daeron verschloss seine Sinne. »Halten Sie endlich still! Ich will Ihnen nichts tun!« Tatsächlich stellte sie ihre Gegenwehr ein. Dass sie plötzlich ruhig wurde, täuschte jedoch nicht über das Misstrauen in ihren Augen hinweg. Daeron war überzeugt, dass sie nur stillhielt in der Hoffnung, einen Ausweg zu finden. »Wenn ich Sie töten wollte, hätte ich es längst getan.« Sein Blick hing unverändert an ihren Augen. »Werden Sie uns anhören?«
Eine Ewigkeit erwiderte sie starr seinen Blick. Schließlich nickte sie. Da gab er sie frei und trat einen Schritt zurück. Ihm war bewusst, dass er erneute Gegenwehr riskierte, dennoch würde sie ihm niemals vertrauen, wenn er ihr keinen Grund dazu gab. Sie nicht länger zu bedrohen, war ein Anfang. Abgesehen davon hoffte er dem durchdringenden Blutgeruch zu entgehen, der sie so verführerisch umgab.
»Entschuldigen Sie die Fesseln«, sagte er ruhig. »Aber Sie werden sicher verstehen, dass Sie eine Bedrohung für uns sind.«
»Im Augenblick«, erwiderte sie zu seinem Erstaunen trocken, »fühle ich mich nicht sonderlich bedrohlich.« Ihr Blick glitt an ihm vorbei und streifte durch den Raum.
»Es ist nicht nötig zu fliehen«, fuhr Daeron fort. »Hören Sie uns an und dann entscheiden Sie, ob Sie uns vertrauen oder lieber gehen wollen.«
Die Jägerin runzelte die Stirn. »Vertrauen oder gehen?«, echote sie.
Daeron nickte. Für einen Moment glitt sein Blick zu Catherine, die noch immer vor dem Kamin stand. Ihre Augen waren unverändert auf die Jägerin geheftet. Ihre Miene offenbarte deutlich, dass die Jägerin nicht die Einzige war, die er von den Vorteilen überzeugen musste, einander zu vertrauen. Womöglich hat Catherine recht und ich bin ein Narr, weil ich meine Hoffnungen in diese Jägerin setze! Bald würde er es wissen. Seine Aufmerksamkeit kehrte zur Jägerin zurück. »Wie heißen Sie?« Als sie nicht antwortete, stellte er sich und Catherine vor. »Jetzt sind Sie an der Reihe«, versuchte er es noch einmal.
»Alexandra Boroi.«
»Wo kommen Sie her, Alexandra?«
Die Verwirrung in den Zügen der Jägerin wuchs mit jedem verstreichenden Augenblick. Daeron bezweifelte, dass sie sich je mit einem Vampyr unterhalten hatte. Sie jagt und tötet unseresgleichen. Wenn er an jene Vampyre zurückdachte, die ihm bisher begegnet waren, konnte er ihr das nicht einmal verdenken.
»Was soll das?«, fragte sie schließlich. »Ist das eine Art Spiel? Wenn ja, hören Sie auf damit und bringen Sie es hinter sich!«
»Sie haben mir nicht zugehört«, erwiderte Daeron scharf. Er konnte ihre Ablehnung verstehen, dennoch verlor er allmählich die Geduld. Jedes Wort betonend fuhr er fort: »Wir sind auf Ihrer Seite!«
Die Jägerin stieß ein bitteres Lachen aus. Sie wollte etwas erwidern, da sprang Daeron vor, packte sie bei den Schultern und zwang sie ihn anzusehen. »Das ist kein Scherz, Alexandra! Haben Sie die Aufzeichnungen auf dem Tisch gesehen? Sie stammen von Catherine. Über Jahre hinweg hat sie Nachforschungen über den Unendlichen angestellt und darüber, wie man ihn vernichten kann!« Obwohl sich der Blick der Jägerin veränderte und der Spott darin offenem Erstaunen wich, gab er sie nicht frei. »Wir haben einen Weg gefunden, doch wir können ihn nicht ohne die Hilfe eines Menschen beschreiten. Sie sollen dieser Mensch sein! Helfen Sie uns, den Unendlichen zu vernichten!«
»Auch wir waren einmal Menschen«, erklang Catherines ruhige Stimme neben ihm. »Dann … traf uns dieser Fluch. Bei Gott, wenn ich die Wahl hätte, wäre ich lieber tot! Aber das würde nichts ändern. Nur wenn der Unendliche stirbt, findet der Schrecken, den er über die Menschheit bringt, endlich ein Ende. Mit seiner Vernichtung wären alle Vampyre, die er oder eine seiner Kreaturen jemals erschaffen hat, ebenfalls zerstört.«
Daeron sah die Jägerin noch immer an. »Wollen Sie sich diese Gelegenheit wirklich entgehen lassen?«
Die Jägerin setzte zu einer Antwort an. In diesem Augenblick klopfte es an der Tür. »Still«, zischte er Alexandra zu und legte ihr eine Hand über den Mund. Er wollte den späten Besuch ignorieren und warten, bis er verschwunden war. Da erklang das Klopfen erneut. Diesmal lauter.
Eine aufgeregte Stimme erhob sich von draußen. »Ist jemand zu Hause?« Wieder ein Hämmern gegen die Tür. »Wenn nicht augenblicklich jemand antwortet, werde ich einen Konstabler
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