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Die Jaegerin

Die Jaegerin

Titel: Die Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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vernichten?«
    »Weil ich Ihnen mein Wort gegeben habe«, sagte sie schlicht.
    Daeron sah sie sehr lange an. Sein Blick tastete über ihr Gesicht und blieb letztlich an ihren Augen hängen. Er suchte nach einem Anzeichen von Verrat, einer Spur von Hinterhalt. Doch Alexandra erwiderte seinen Blick offen. Dass sie nicht versuchte weitere Erklärungen oder Ausflüchte anzubringen, überzeugte ihn schließlich. Er trat zur Seite und gab ihr den Weg frei.
     
    *
     
    Alexandra nahm eine Droschke. Während der Fahrt lud sie ihre Pistole und verstaute sie erneut neben dem Silberdolch hinten im Hosenbund. Auf der High Street ließ sie den Kutscher anhalten und stieg aus. Den Rest des Weges wollte sie zu Fuß zurücklegen. Sie brauchte die kalte Nachtluft, um ein wenig Klarheit in ihre Gedanken zu bringen. Abgesehen davon hielt die Kälte die Müdigkeit fern. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, wann sie zuletzt richtig geschlafen hatte. Es musste zwei oder drei Nächte her sein, bevor Lucian in ihrer Unterkunft erschienen war und die albtraumhaften Erinnerungen an den Tod ihrer Familie heraufbeschworen hatte. Seither hatte sie kaum noch Schlaf gefunden – selbst im Keller konnten es kaum mehr als eine oder zwei Stunden gewesen sein. Sie bezweifelte, dass sie diese Nacht mehr Ruhe finden würde. Nicht in einem Haus, in dem sich zwei Vampyre aufhielten. Daran würde auch der Stechginster wenig ändern.
    Mit strammen Schritten folgte sie der verlassenen Straße. Eine Windbö jagte heulend um eine Ecke, fuhr über sie hinweg und ließ sie frösteln. Unwillkürlich zog sie ihren Mantel enger. Seit sie in Edinburgh angekommen war, bekam Alexandra mehr und mehr das Gefühl, dass ihr die Dinge entglitten. Die Jäger erschienen ihr weiter entfernt denn je. Stattdessen hatte sie plötzlich neue Verbündete an ihrer Seite, von denen sie nicht wusste, ob sie ihnen wirklich vertrauen konnte. Bis vor wenigen Tagen wäre sie nicht einmal im Traum auf den Gedanken gekommen, dass ein Bündnis mit Vampyren überhaupt denkbar sei. Sie war sich noch immer nicht sicher, ob es tatsächlich funktionieren würde. Dennoch war es einen Versuch wert.
    Wenigstens für einen Moment wollte sie sich keine Sorgen machen und einfach den Kopf freibekommen. Sie schob alle Gedanken an Bündnisse, Freunde und Feinde von sich und konzentrierte sich auf das Geräusch ihrer Absätze. Ein steter Widerhall, der vom Kopfsteinpflaster aufgenommen wurde. Vor ihr zeichnete die Nacht dunkle Schatten auf den Weg. Leiser Nieselregen setzte ein. Fluchend schlug sie den Mantelkragen hoch und zog den Kopf ein.
    Mit einem Mal hatte sie das Gefühl, nicht länger allein zu sein. Da war nichts Bedrohliches, sie spürte lediglich eine auf seltsame Art vertraute Präsenz .»Das darf doch nicht wahr sein!« Alexandra blieb stehen und wandte sich um. Tatsächlich! Da verbarg sich eine Gestalt im Schatten einer Hauswand – keine zwanzig Schritt von ihr entfernt. Glaubt er etwa, ich würde ihn nicht bemerken? »Verfolgen Sie mich?«
    Lucian Mondragon trat aus der Dunkelheit heraus, in das milchige Licht einer Straßenlaterne. »Natürlich nicht«, behauptete er und kam näher.
    »Ach, und wie würden Sie es dann nennen?«
    »Zweifelsohne würde ich zunächst einmal Ihren für einen Menschen erstaunlich scharfen Sinnen die Schuld daran geben, dass Sie mich überhaupt bemerkt haben«, gab er mit unbewegter Miene zurück. »Aber die Wahrheit ist wohl, dass uns die Bestimmung zueinandergeführt hat und uns nur der Tod jetzt noch trennen kann.«
    Aber bestimmt nicht meiner. Alexandra ging nicht näher auf seine Worte ein. Sie wollte keine weiteren rätselhaften Andeutungen über Schicksal und Träume hören. Ohne Zweifel war er ihr gefolgt. Allerdings fragte sie sich, ob er tatsächlich nicht beabsichtigt hatte entdeckt zu werden. War es wirklich nur ihrer Aufmerksamkeit zu verdanken, dass sie ihn bemerkt hatte? Aber sie hatte ihn weder gesehen noch gehört. Vielmehr hatte sie gespürt, dass er da war, lange bevor sie ihn gesehen hatte. »Ich werde meinen Weg jetzt fortsetzen«, sagte Alexandra. »Und Sie werden in eine andere Richtung gehen!«
    Lucian sah sie an. »Das kann ich nicht, denn –«
    »Halt!«, fiel sie ihm ins Wort. »Jetzt erzählen Sie mir nicht wieder diesen ›Sie sind mein Schicksal‹-Mist!«
    Er schüttelte den Kopf. »Das hatte ich nicht vor. Tatsache ist, dass mich mein Weg über die High Street führt, in dieselbe Richtung, die auch Sie nehmen werden. Ich bin

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