Die Jaegerin
nämlich auf dem Weg zum Haddington House , um dort in aller Ruhe ein Ale zu trinken.«
Es war eine Lüge, noch dazu eine schlecht verpackte. »Sie sind ein Vampyr! Sie essen und trinken nicht!« Er hätte nichts weiter tun müssen, als die Macht seines Blickes einzusetzen, um sie davon zu überzeugen, dass er tatsächlich ein Ale trinken wollte! Warum griff er stattdessen auf ein derartig schlechtes Schauspiel zurück? Die Antwort darauf fand sie in seinen amüsiert funkelnden Augen. Er neckte sie! Einmal mehr eine erstaunlich menschliche Eigenschaft.
»Hören Sie auf damit!«, fuhr sie ihn an. »Und hören Sie auch auf, mir wie ein Schatten zu folgen!«
Schlagartig erlosch das Vergnügen in seinem Blick und machte derselben Ernsthaftigkeit Platz, die sie schon zuvor an ihm gesehen hatte. »Sie sind in Gefahr. Sie brauchen –«
»Ich brauche was?«, unterbrach sie ihn erneut. » Sie? Ganz sicher nicht! Jedes Mal, wenn ich Sie sehe, bleibt mir fast das Herz stehen, weil ich nie weiß, ob Sie es sind oder … oder er .«
Alexandra zuckte zusammen, als Lucian nach ihren Schultern griff. »Sehen Sie mich an, Alexandra, und sagen Sie mir, ob wir uns tatsächlich so ähnlich sind!«
Lucian Mondragon war das perfekte Abbild seines Bruders. Einzig die Grausamkeit fehlte in seinen Augen. Das hätte sie in der Dunkelheit unmöglich erkennen können. Dennoch hatte sie gewusst , dass Lucian es war und nicht der Unendliche, der sich in den Schatten verbarg. Und doch ließ sein Anblick sie jedes Mal zusammenzucken. »Sie sind Zwillinge ! Wie sollte ich da einen Unterschied feststellen?«
Lucian zog sie näher heran. »Dann sehen Sie genauer hin!«
Tatsächlich konnte sie nichts weiter tun, als ihn anzustarren. Diese Augen … Jeden Moment würde sie darin ertrinken. Ihre Knie wurden weich und in ihrem Innersten entflammte ein schmerzhaft loderndes Feuer. Unwillkürlich streckte sie eine Hand aus und berührte ihn vorsichtig am Oberkörper, als wolle sie sich vergewissern, dass er wirklich war. Sie spürte keinen Herzschlag unter dem Stoff seines Hemdes, dennoch war er so wahrhaftig, wie ein Mann es nur sein konnte. Lucian griff nach ihrer Hand und drückte sie gegen seine Brust.
»Würde mein Herz schlagen«, sagte er leise, »täte es das nur für Sie.«
Wie konnte ein Paar Augen derart atemberaubend sein? Mit einem Mal hatte sie das Gefühl, dass sie es nicht ertragen würde, wenn er sie jetzt losließe. Sie wollte … Ehe sie sich darüber klar werden konnte, was genau sie wollte, schlang er die Arme um sie. Seine Lippen berührten die ihren. Sanft und beinahe zögernd, als wolle er sie um Erlaubnis bitten. Obwohl seine Berührung kühl war, spürte Alexandra ein heißes Knistern, das sich rasend schnell in ihrem Innersten ausbreitete, als stünde ihr Leib in Flammen. Das war der Augenblick, in dem die Starre von ihr abfiel. Als wäre sie soeben aus einer Trance erwacht, fuhr sie zurück.
Noch immer ruhten seine Augen auf ihr. »Sagen Sie nicht, dass Sie sich nicht zu mir hingezogen fühlen.«
Tatsächlich schlug ihr das Herz bis zum Halse und seinem Blick nach zu urteilen, wusste er das sehr genau. Zweifelsohne konnte er es spüren. Sie sah den Hunger in seinen Augen. Einen Hunger, der nichts mit dem Wunsch nach ihrem Blut zu tun hatte. Alexandra wich noch einen Schritt zurück. »Ich weiß, über welche Macht Sie verfügen!« Es fiel ihr schwer, ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen. »Ist es nicht bitter zu wissen, dass Sie der Hilfe dieser Macht bedürfen, um sich einen Menschen …« Sie hatte gefügig zu machen sagen wollen, entschied sich jedoch anders. »… gewogen zu stimmen? Zauberwerk! Wie armselig!«
»Sie fühlen sich also zu mir hingezogen«, stellte er fest.
»Lassen Sie mich einfach in Ruhe!«
»Ich werde nicht zulassen, dass Ihnen etwas zustößt.«
»Natürlich nur, solange Sie dadurch Ihre Tarnung nicht gefährden«, fügte sie beißend hinzu. Lucian hatte ihr deutlich genug erklärt, dass er nichts tun würde, was bei seinem Bruder den Verdacht wecken könnte, er stünde nicht länger auf dessen Seite. Sie wollte mehr sagen, doch sie kämpfte noch immer gegen die Empfindungen an, die seine Berührung in ihr geweckt hatte. Dieser verdammte Blick! Seine Nähe verwirrte sie. Zugleich ließ seine Gegenwart sie zornig reagieren. Das Wissen, dass er versucht hatte sie zu beeinflussen, machte es nicht besser.
Ehe sie wusste, wie ihr geschah, packte er sie erneut beim Arm und zog sie zu
Weitere Kostenlose Bücher