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Die Jaegerin

Die Jaegerin

Titel: Die Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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Häuser hinter ihnen lagen, würden sie erst wieder im Schatten des kleinen Pfarrhauses Deckung finden. Alexandra sah zu Lucian. Sein Blick wanderte über die Umgebung, prüfte jedes Haus, jeden Strauch und jeden Schatten, ehe er sich auf Alexandra richtete.
    »Scheint niemand da zu sein«, sagte er leise.
    »Irgendwelche Vorschläge?«
    »Lassen Sie uns erst einmal zusehen, dass wir näher herankommen.« Einmal mehr zuckte sein Blick zwischen Kirche und Himmel hin und her, ehe er sich erneut Alexandra zuwandte. »Sobald die Wolken wieder den Mond verdunkeln, laufen wir los – in die Deckung des Pfarrhauses.«
    Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als sich eine große Wolkenfront vor den Mond schob. Kaum erstarb das silberne Licht, sprang er auf. Alexandra fürchtete schon, er würde einfach loslaufen und sie müsste sich mühsam ihren Weg durch die Nacht suchen, doch Lucian griff sofort nach ihrer Hand. Geduckt huschten sie am Rande des Weges entlang. Lucian lenkte ihren Schritt sicher um jedes Hindernis herum, sodass sie ohne Schwierigkeiten die der Kirche abgewandte Seite des Pfarrhauses erreichten. Das Gebäude befand sich in einem erbärmlichen Zustand. Die Fenster waren zerstört und das Dach größtenteils eingestürzt. Aus den Fugen zwischen den Mauersteinen quollen Moos und Unkraut, im stetigen Kampf mit den hellen Flechten, die einen Großteil des Gesteins einem Teppich gleich überzogen. Büsche und hohes Gras umschlossen das Haus wie eine Mauer. Als wollte sich die Natur zurückerobern, was einst ihr gehörte. An die Wand gedrückt schlich Alexandra hinter Lucian bis zur Ecke. Erst jetzt gab er ihre Hand frei und bedeutete ihr zu warten, während er vorsichtig um die Mauerkante spähte.
    Nach einer Weile zog er den Kopf zurück und wandte sich Alexandra zu. »Der Weg vor uns führt geradewegs zum Seiteneingang der Kirche. Das sind etwa sechzig Meter«, erklärte er leise. »Sie warten hier, ich sehe mich genauer um.«
    »Ich komme mit.«
    Lucian schüttelte den Kopf. »Im Gegensatz zu Ihnen kann ich im Dunkeln gut sehen. Wenn Gefahr droht, bin ich imstande schneller zu reagieren.«
    Der Gedanke, zurückzubleiben und sich zu verstecken, anstatt etwas zu tun, gefiel ihr nicht. »Warum gehen Sie dann nicht gleich und holen Ihr verdammtes Kreuz allein«, knurrte sie.
    »Glauben Sie etwa, ich würde Sie in Gefahr bringen, wenn es nicht nötig ist?« Er rückte ein Stück näher und sah ihr fest in die Augen. »Wenn es nach mir ginge, würden Sie jetzt in Ihrem Bett liegen und schlafen. Erschöpft genug sehen Sie dafür jedenfalls aus. Es gibt nur einen einzigen Grund, warum ich Sie überhaupt mitgenommen habe: Ich werde vermutlich ein Problem haben, dieses Kreuz zu berühren.«
    Das war ein Argument, dem sie sich nicht verschließen konnte. »Also gut. Ich warte hier.«
    Einen Moment noch ruhten seine Augen auf ihr, schließlich nickte er, schob sich an ihr vorbei und entschwand um die Ecke. Alexandra ließ sich auf dem Boden nieder, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und wartete. Feuchte Kälte kroch aus dem Mauerwerk hervor, fraß sich durch ihren Mantel und drang in ihre Knochen. Ein unangenehmes Gefühl, dennoch veränderte sie ihre Position nicht, denn solange sie die Kälte spürte, blieb die Müdigkeit fern. Alexandra starrte in den Himmel. Während sie beobachtete, wie die Wolken dahinzogen, lauschte sie angestrengt in die Umgebung und versuchte herauszufinden, wo Lucian sich gerade befand. Wären die Jäger an seiner statt hier gewesen, hätte sie die Männer vermutlich gehört. Kleine, unauffällige Geräusche, verursacht von ihren Schritten. Lucian hingegen bewegte sich vollkommen lautlos. Anfangs war sie darüber erleichtert. Niemand würde seine Anwesenheit bemerken. Je mehr Zeit jedoch verstrich, desto unruhiger wurde sie. Umgeben sein von der Dunkelheit, in der sie kaum etwas erkennen konnte, und dabei nicht wissen, wo Lucian war und ob er womöglich Schwierigkeiten vorgefunden hatte, ließ ihre Anspannung ins Unermessliche wachsen. Sie konnte ja nicht einmal die Kirche sehen! Bald würde es hell werden. Was, wenn sie es nicht rechtzeitig schafften? Dann wäre Lucian gezwungen, sich bis zum erneuten Einbruch der Dunkelheit zu verbergen. Wie lange ist er schon fort?
    Schließlich hielt sie es nicht länger aus. Sie musste einfach wissen, was vor sich ging. Zumindest wollte sie sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass alles in Ordnung war – sofern sie das in der Dunkelheit zu

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