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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Mulde, in der sie sich befanden, wies keine Stufen auf, aber hier und da sah man einen verdächtig glatt geschliffenen, rot oder blau gefärbten Stein. Die Säule befand sich am Abhang und war unter einem Steinschlag halb begraben worden. Die Symbole darauf waren nicht mehr klar zu erkennen; sie waren von Wind und Wasser verwittert. Und alles sah ganz real aus. Die Farben wirkten kräftig, der Granit war von einem glänzenden Grau, die Sträucher glänzten grün und braun. Nach diesem anderen Ort schien alles beinahe zu lebhaft.
    »Zu Hause«, hauchte Rand, und dann lachte auch er. »Wir sind zu Hause.« Loials Gelächter klang nach dem Brüllen eines Stiers. Hurin tanzte umher.
    »Ihr habt es geschafft«, sagte Selene. Sie näherte sich ihm, bis ihr Gesicht Rands Sicht füllte. »Ich wusste, Ihr könnt das!«
    Rands Lachen erstarb. »Ich … ich schätze, ja.« Er sah den umgestürzten Portalstein an und brachte ein schwaches Lachen zustande. »Aber ich kann nicht erklären, was ich eigentlich getan habe.«
    Selene sah ihm tief in die Augen. »Vielleicht wisst Ihr es eines Tages«, sagte sie leise. »Ihr seid ganz sicher zu Großem bestimmt.«
    Ihre Augen schienen ihm so dunkel und tief wie die Nacht, so weich wie Samt. Ihr Mund … Wenn ich sie nun küsste … Er blinzelte und trat hastig einen Schritt zurück, wobei er sich räusperte. »Selene, erzählt bitte niemandem davon. Von dem Portalstein und mir. Ich verstehe es schon nicht, und ein anderer wird es erst recht nicht verstehen. Ihr wisst, wie die Leute auf Ereignisse reagieren, die sie nicht verstehen.«
    Ihr Gesicht blieb ausdruckslos. Plötzlich wünschte er sich so sehr, Mat und Perrin wären hier. Perrin wusste, wie man mit Mädchen zu sprechen hatte, und Mat konnte lügen, ohne mit der Wimper zu zucken. Er beherrschte beides nicht so gut.
    Da lächelte Selene und knickste spöttisch. »Ich werde Euer Geheimnis bewahren, Lord Rand al’Thor.«
    Rand blickte sie an und räusperte sich wieder. Ist sie jetzt böse auf mich? Sie wäre sicher böse, wenn ich versuchte, sie zu küssen. Glaube ich. Zu allem Überfluss sah sie ihn so an, als kenne sie seine Gedanken. »Hurin, kann es sein, dass Schattenfreunde diesen Stein vor uns benutzten?«
    Der Schnüffler schüttelte bedauernd den Kopf. »Sie ritten von hier aus in westlicher Richtung, Lord Rand. Wenn die Portalsteine nicht sehr viel häufiger sind, als ich annehme, sind sie immer noch in dieser anderen Welt. Aber ich brauche kaum eine Stunde, um das zu überprüfen. Das Land ist ja das gleiche wie hier. Ich könnte die Stelle finden, an der ich dort die Spur verloren habe, falls Ihr wisst, was ich meine, und nachschauen, ob sie bereits dort vorbeigekommen sind.«
    Rand blickte zum Himmel auf. Die Sonne – eine wunderbar kräftige Sonne, überhaupt nicht blass – stand niedrig im Westen. Ihre Schatten erstreckten sich bereits aus der Mulde hinaus. In einer weiteren Stunde würde schon Dämmerung herrschen. »Am Morgen«, sagte er. »Aber ich fürchte, wir haben die Spur verloren.« Wir dürfen diesen Dolch nicht aufgeben! Auf keinen Fall! »Selene, falls es wirklich so sein sollte, werden wir Euch am Morgen nach Hause bringen. Wohnt Ihr in der Stadt Cairhien selbst oder …?«
    »Ihr habt vielleicht das Horn von Valere noch nicht verloren«, sagte Selene bedächtig. »Wie Ihr wisst, weiß ich ein paar Dinge über diese Welten.«
    »Spiegel des Rads« , sagte Loial.
    Sie sah ihn kurz an und nickte. »Ja, genau. Diese Welten sind auf gewisse Art wirklich Spiegelbilder, besonders diejenigen, auf denen es keine Menschen gibt. Einige spiegeln ausschließlich große Ereignisse aus der wirklichen Welt wider, aber in einigen werfen diese Ereignisse bereits einen Schatten voraus, bevor sie überhaupt geschehen sind. Das Kommen des Horns von Valere wäre sicherlich ein solch großes Ereignis. Spiegelbilder dessen, was sein wird, sind schwächer als die von Ereignissen, die geschehen oder bereits geschehen sind, genauso wie Hurin sagt, die Spur, der er folgte, sei schwach ausgeprägt gewesen.«
    Hurin machte ein ungläubiges Gesicht. »Wollt Ihr damit sagen, Lady Selene, dass ich gerochen habe, wo diese Schattenfreunde sein werden? Licht, hilf mir, das hätte ich nicht gern. Es ist schon schlimm genug, wenn man Gewalt riechen muss, wo sie angewandt wurde , ohne auch noch riechen zu müssen, wo sie angewandt werden wird. Es kann nicht viele Orte geben, an denen nicht manchmal der eine oder andere Gewaltakt

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