Die Jagd beginnt
leiste er einen Eid.
»Dann gehen wir also zum Tor.«
Loial stand hastig auf, als sie im Schlepptau von Alar und Verin erschienen. Ingtar schickte Hurin im Laufschritt los, damit er Uno und die anderen Soldaten holte. Loial sah die Älteste misstrauisch an und reihte sich dann neben Rand ganz hinten in die Prozession ein. Die Ogierfrauen, die ihn vorher beobachtet hatten, waren verschwunden. »Haben die Ältesten etwas von mir erwähnt? Hat sie …?« Er betrachtete Alars breiten Rücken, während sie Juin bat, ihre Pferde bringen zu lassen. Sie ging mit Verin weiter und beugte sich zu der Aes Sedai hinunter, um leise mit ihr zu flüstern.
»Sie befahl Rand, er solle auf dich aufpassen«, sagte Mat zu Loial. Sie schritten den Frauen hinterher. »Er soll dich sicher wie ein Baby nach Hause geleiten. Ich sehe nicht ein, warum du nicht hier bleiben und heiraten kannst.«
»Sie meinte, du könntest mitkommen.« Rand funkelte Mat an, der leise vor sich hin lachte. Es klang eigenartig bei diesem eingefallenen Gesicht. Loial zwirbelte den Stiel eines Vergissmeinnichts zwischen den breiten Fingern. »Hast du Blumen gepflückt?«, fragte Rand.
»Erith hat sie mir gegeben.« Loial betrachtete die sich wegdrehenden Blütenblätter. »Sie ist wirklich sehr hübsch, auch wenn Mat das nicht sieht.«
»Soll das heißen, dass du nun doch nicht mitkommen willst?«
Loial fuhr auf. »Was? O nein! Ich meine – ja. Ich will mitkommen. Sie hat mir doch nur eine Blume gegeben. Nur eine Blume.« Aber er nahm nun ein Buch aus der Tasche und legte die Blume hinein. Während er das Buch zurücksteckte, murmelte er so leise, damit nur Rand ihn verstehen konnte: »Und sie fand mich auch gut aussehend.« Mat ächzte, krümmte sich und hielt sich die Seiten. Loials Wangen liefen rot an. »Also … das hat sie gesagt, nicht ich.«
Perrin versetzte Mat tadelnd eine Kopfnuss. »Keine hat jemals gesagt, dass Mat gut aussähe. Er ist einfach eifersüchtig.«
»Das stimmt nicht«, protestierte Mat, und er richtete sich stolz auf. »Neysa Ayellin hält mich für gut aussehend. Das hat sie mir mehr als einmal versichert.«
»Ist Neysa hübsch?«, fragte Loial.
»Sie hat ein Gesicht wie eine Ziege«, sagte Perrin trocken. Mat erstickte fast an seinem Protest.
Rand musste unwillkürlich grinsen. Neysa Ayellin war fast so hübsch wie Egwene. Und das war jetzt auch beinahe ein Gefühl wie in alten Zeiten, zu Hause, die freundschaftlichen Kabbeleien, und nichts auf der Welt war wichtiger, als den anderen zu zwicken und sich vor Lachen auszuschütten.
Als sie so durch die Stadt gingen, grüßten die Ogier ihre Ältesten mit Verbeugungen und Knicksen und musterten interessiert die menschlichen Besucher. Doch Alars entschlossene Miene hielt alle davon ab, stehen zu bleiben und eine Unterhaltung anzufangen. Das einzige Merkmal, an dem sie sehen konnten, dass sie die Stadt verließen, war das Fehlen der Erhebungen. Ogier gab es auch hier noch genug. Einige untersuchten Bäume oder bearbeiteten sie mit Pech und Axt und Säge, wo abgestorbene Äste vorhanden waren oder einem Baum das Sonnenlicht fehlte. Sie taten alles sehr sanft und rücksichtsvoll.
Juin stieß wieder zu ihnen. Er führte ihre Pferde am Zügel. Hurin ritt mit Uno und den anderen Soldaten und den Packpferden herbei, und im nächsten Moment deutete Alar auf etwas und sagte: »Dort drüben ist es.« Das freundschaftliche Geplänkel erstarb.
Rand war einen Augenblick lang überrascht. Das Tor musste sich ja außerhalb des Stedding befinden. Die Wege waren mithilfe der Einen Macht angelegt worden, also konnten die Tore nicht innerhalb liegen. Es wies jedoch nichts darauf hin, dass sie die Grenzlinie überschritten hatten. Dann merkte er den Unterschied: Das Gefühl eines Verlusts, das er seit dem Betreten des Stedding nicht mehr losgeworden war, war wie weggeblasen. Das ließ ihn nun abermals schaudern. Saidin war wieder da und wartete.
Alar führte sie an einer mächtigen Eiche vorbei, und da, auf einer kleinen Lichtung, stand die große Steinplatte des Tors. Ihre Vorderseite war in Form von Blättern und Ranken hundert verschiedener Pflanzen bearbeitet. Um die Lichtung herum hatten die Ogier eine niedrige Steinumrandung gefertigt, die wirkte, als wäre sie dort gewachsen, und die einen Ring von Wurzeln andeutete. Der Anblick machte Rand nervös. Er brauchte einen Moment, um festzustellen, dass es die Wurzeln von Brombeersträuchern und Heckenrosen, von Brennblattbäumchen und
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