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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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schließen, »aber damit können wir vielleicht unbemerkt entkommen.«
    Jetzt schob Egwene ihren Umhang zurück und glättete ihr goldverziertes, grünes Seidenkleid. Sie sah Elayne kurz an, die in Blau mit beigefarbenen Streifen gekleidet war. Sie konnte nur hoffen, dass Nynaeve Recht behielt. Bisher hatte man sie für adlige oder zumindest reiche Frauen gehalten, die hier Bittschriften abgeben wollten.
    Eine kleine Ansammlung von Bauersfrauen in dicken, dunklen Wollkleidern knickste, als sie vorbeischritten. Egwene blickte zu Min zurück, sobald sie weit genug entfernt waren. Min hatte wieder ihre Hosen und das bauschige Männerhemd an, und darüber den braunen Mantel und Umhang eines Jungen. Über ihr kurzes Haar hatte sie einen alten breitkrempigen Hut gestülpt. »Eine von uns muss den Diener spielen«, hatte sie lachend erklärt. »Frauen, die so angezogen sind wie ihr, haben immer mindestens einen dabei. Ihr werdet euch noch wünschen, meine Hosen zu tragen, wenn wir wegrennen müssen.« Sie schleppte vier Satteltaschen, die vor warmer Kleidung überquollen. Bevor sie zurückkehrten, würde es auf jeden Fall Winter. Auch Proviant hatten sie eingepackt, den sie aus der Küche entwendet hatten. Er würde reichen, bis sie sich wieder etwas kaufen konnten.
    »Bist du sicher, dass du mir nicht einen Teil des Gepäcks zum Tragen geben willst, Min?«, fragte Egwene leise.
    »Sie sind nur sperrig«, sagte Min grinsend, »aber nicht schwer.« Sie schien alles für ein Spiel zu halten oder tat zumindest so. »Und die Leute würden sich mit Sicherheit wundern, warum eine so feine Lady ihre eigenen Satteltaschen schleppen muss. Du kannst deine und meinetwegen auch meine dann tragen, wenn wir …« Ihr Grinsen verging, und sie flüsterte eindringlich: »Aes Sedai!«
    Egwene blickte rasch nach vorn. Eine Aes Sedai mit langem, glattem, schwarzem Haar und zu Elfenbein gealterter Haut kam durch den Korridor auf sie zu, wobei sie den Ausführungen einer Frau in grober Bauernkleidung und einem geflickten Umhang lauschte. Die Aes Sedai hatte sie noch nicht bemerkt, aber Egwene erkannte sie. Es war Takima, eine der Braunen Ajah, die ansonsten Geschichte der Weißen Burg und der Aes Sedai lehrte. Sie würde auf hundert Schritt Entfernung eine ihrer Schülerinnen erkennen.
    Nynaeve bog in einen Seitengang ein, ohne ihre Schritte zu verlangsamen, aber dort kam eine der Aufgenommenen an ihnen vorbei, eine schlaksige Frau mit ewig finsterer Miene, die eine Novizin mit rot angelaufenem Gesicht am Ohr hinter sich herzog.
    Egwene musste schlucken, bevor sie etwas sagen konnte: »Das waren Irella und Else. Haben sie uns bemerkt?« Sie brachte es nicht fertig, sich noch einmal umzublicken.
    »Nein«, sagte Min nach einem Moment. »Sie haben nur unsere Kleider bemerkt.« Egwene atmete vor Erleichterung tief durch. Auch von Nynaeve war ein Seufzer der Erleichterung zu hören.
    »Bevor wir die Ställe erreichen, bekomme ich noch einen Herzschlag«, murmelte Elayne. »Fühlt man sich bei einem Abenteuer die ganze Zeit so, Egwene? Das Herz in der Hose und der Magen in den Kniekehlen?«
    »Ich denke schon«, meinte Egwene bedächtig. Es war schwer zu verstehen, dass sie noch vor einiger Zeit ganz wild auf Abenteuer gewesen war und etwas Aufregendes anstellen wollte, so wie die Menschen in den Legenden. Jetzt war ihr klar, dass alles Erregende darin bestand, woran man sich erinnerte, und dass die Geschichten eine Menge unangenehmer Dinge nicht erwähnten. Das sagte sie auch Elayne.
    »Trotzdem«, meinte die Tochter-Erbin entschieden, »ich habe so etwas Aufregendes noch nie erlebt und hätte auch keine Gelegenheit dazu, wenn es nach meiner Mutter ginge. Und die hat mich am Gängelband, bis ich selbst einmal den Thron besteige.«
    »Seid jetzt ruhig, ihr beiden«, sagte Nynaeve. Zur Abwechslung einmal waren sie allein im Korridor. Nach beiden Seiten hin war niemand zu sehen. Sie zeigte auf eine enge Wendeltreppe, die nach unten führte. »Das ist genau das, was wir jetzt brauchen. Ich hoffe, ich habe bei den vielen Wendungen und Kurven, die wir beschrieben haben, nicht die Richtung verloren.«
    Sie begab sich sicheren Schritts zur Treppe, und die anderen folgten ihr. Und tatsächlich, die kleine Tür am Fuß der Treppe führte hinaus auf den staubigen Hof des Südstalls, wo die Pferde der Novizinnen eingestellt waren, soweit sie welche hatten. Gewöhnlich blieben sie dort, bis sie wieder gebraucht wurden, also bis sie zu Aufgenommenen gemacht oder

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