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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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zum Tod. Also wirst du daran denken müssen, dass du niemals eine Sul’dam in irgendeiner Form schlagen darfst und dass du deine Sul’dam noch besser beschützen musst als dich selbst. Ich heiße Renna. Wie wirst du genannt?«
    »Ich bin nicht … nicht, was Ihr sagt«, ächzte Egwene. Sie zog wieder an dem Kragen, doch er gab genauso wenig nach wie zuvor. Sie überlegte, ob sie die Frau niederschlagen und versuchen sollte, ihr das Armband vom Handgelenk zu ziehen, doch sie verwarf den Gedanken. Selbst wenn die Soldaten nichts dagegen unternähmen – im Moment schenkten sie Renna und ihr keinerlei Beachtung –, hatte sie doch das unangenehme Gefühl, die Frau habe die Wahrheit gesagt. Wenn sie ihr linkes Auge berührte, durchfuhr sie der Schmerz, aber es fühlte sich nicht geschwollen an. Also bekam sie wohl nicht solch ein blaues Auge wie Renna. Aber es tat weh. Ihr linkes Auge und Rennas linkes Auge. Sie erhob die Stimme: »Liandrin Sedai? Warum lasst Ihr das zu?« Liandrin klopfte sich den Staub von den Händen und blickte nicht einmal in ihre Richtung.
    »Das allererste, was du lernen musst«, sagte Renna, »ist, genau das zu tun, was man dir sagt, und zwar ohne zu zögern.«
    Egwene schnappte nach Luft. Plötzlich brannte ihre Haut, als hätte sie sich in Brennesseln gewälzt – von den Fußsohlen bis hinauf zur Kopfhaut. Sie drehte den Kopf hin und her, als sich das Brennen noch verstärkte.
    »Viele Sul’dam «, fuhr Renna in diesem beinahe freundlichen Ton fort, »sind nicht der Meinung, dass man einer Damane ihren eigenen Namen lassen sollte; sie wollen ihnen einen neuen Namen geben. Aber da ich es war, die dich gefangen hat, leite ich auch deine Ausbildung, und ich werde dir gestatten, deinen Namen beizubehalten. Wenn du mich nicht zu sehr enttäuscht. Ich ärgere mich gerade ein bisschen über dich. Willst du so weitermachen, bis ich wirklich zornig bin?«
    Bebend knirschte Egwene mit den Zähnen. Sie grub die Fingernägel in die Handflächen und musste sich zurückhalten, damit sie sich nicht auch noch wild kratzte. Idiotin! Es geht doch nur um deinen Namen! »Egwene«, brachte sie schließlich heraus. »Ich heiße Egwene al’Vere.« Sofort war das Brennen vorbei. Sie machte einen tiefen, zittrigen Atemzug.
    »Egwene«, sagte Renna. »Das ist ein guter Name.« Und zu Egwenes Entsetzen tätschelte sie ihr den Kopf, wie man es bei einem Hund macht.
    Und das war es auch gewesen, erkannte sie in diesem Moment, was sie an dem Tonfall der Frau festgestellt hatte: die Freundlichkeit, wie man sie einem Hund gegenüber bei der Dressur aufbringt, aber nicht die Art von Freundlichkeit, die man einem anderen Menschen gegenüber zeigt.
    Renna schmunzelte. »Nun bist du noch wütender. Wenn du vorhast, mich noch einmal zu schlagen, dann mach es nur leicht, denn für dich wird es der doppelte Schmerz. Versuche nicht, die Macht zu benützen; das wirst du ohne meinen ausdrücklichen Befehl niemals tun!«
    Egwenes Auge pulsierte. Sie rappelte sich hoch und bemühte sich, Renna zu ignorieren, jedenfalls, so weit es möglich war, jemanden zu ignorieren, der einen an einer Leine hielt. Ihre Wangen glühten, als die Frau leise lachte. Sie wollte hinüber zu Min gehen, doch die von Renna gehaltene Leine ließ das nicht zu – sie war einfach zu kurz. So rief sie leise: »Min, geht es dir besser?«
    Min nickte, während sie sich zu einer hockenden Stellung aufrichtete. Dann fasste sie sich an die Stirn, als bereue sie, den Kopf bewegt zu haben.
    Ein greller Blitz zuckte über den klaren Himmel und schlug zwischen den Bäumen in einiger Entfernung ein. Egwene fuhr zusammen und lächelte dann plötzlich. Nynaeve und Elayne waren immer noch frei. Wenn irgendjemand sie und Min befreien konnte, dann war es Nynaeve. Ihr Lächeln verflog, und sie blickte Liandrin hasserfüllt an. Was für einen Grund die Aes Sedai auch immer gehabt haben mochte, sie zu verraten, sie würde dafür bezahlen. Eines Tages. Irgendwie. Der Blick bewirkte nichts; Liandrin sah nur die Sänfte an.
    Die Männer mit nacktem Oberkörper knieten nieder und senkten die Sänfte langsam zu Boden. Suroth trat heraus, zupfte sorgfältig ihre Robe zurecht und ging auf leisen, von weichen Pantoffeln bedeckten Sohlen zu Liandrin. Die beiden Frauen waren fast gleich groß. Braune Augen blickten gelassen in schwarze. »Ihr hättet mir zwei bringen sollen«, sagte Suroth. »Stattdessen habe ich nur eine, und zwei weitere laufen frei herum. Eine davon ist auch noch

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