Die Jagd beginnt
überhaupt wissen kannst. Wähle deine Männer schnell aus. Geh jetzt! Stelle mir keine Fragen mehr. Und möge das Licht mit dir reiten.«
Jetzt richtete sich Bornhald im Sattel auf und bemühte sich, eine Verspannung in seinem Rücken wegzureiben. Ich werde alt , dachte er. Ein Tag und eine Nacht im Sattel mit zwei Pausen, um die Pferde zu tränken, und er fühlte jedes graue Haar auf seinem Kopf. Vor ein paar Jahren hätte ihm das noch nichts ausgemacht. Wenigstens habe ich keine Unschuldigen getötet. Er ging mit Schattenfreunden ebenso hart um wie jeder Mann, der den Eid auf das Licht geleistet hatte – Schattenfreunde mussten eliminiert werden, bevor sie die ganze Welt dem Schatten unterwarfen –, aber er wollte erst einmal sichergehen, dass sie auch wirklich Schattenfreunde waren. Es war schwierig gewesen, bei so vielen Männern eine Entdeckung durch die Taraboner selbst im Hinterland zu vermeiden, aber er hatte es geschafft. Er musste keine Zungen zum Schweigen bringen.
Die Kundschafter, die er vorausgeschickt hatte, kamen zurückgeritten, und hinter ihnen folgten noch mehr Männer in weißen Mänteln. Einige von ihnen trugen Fackeln und störten die Nachtsicht aller, die an der Spitze der Kolonne ritten. Mit einem leisen Fluch befahl Bornhald anzuhalten, während er die Ankömmlinge musterte.
Auf den Vorderseiten ihrer Umhänge waren die gleichen goldenen Sonnenaufgänge wie bei ihm zu sehen, die gleichen wie bei allen Kindern des Lichts, und ihr Anführer trug sogar die goldenen Offiziersknoten darunter, die ihn als Bornhald im Rang gleichgestellt auswiesen. Aber hinter den Sonnenstrahlen befanden sich rote Hirtenstäbe. Zweifler. Mit glühenden Eisen und Zangen und tropfendem Wasser erzwangen die Zweifler Geständnisse und Reue von Schattenfreunden, aber viele behaupteten, über die Schuld sei schon entschieden, bevor sie auch nur mit der Folter begannen. Geofram Bornhald war einer von denen, die das behaupteten.
Man hat mich hierher gesandt, um Zweifler zu treffen?
»Wir haben auf Euch gewartet, Lordhauptmann Bornhald«, sagte der Anführer mit rauer Stimme. Es war ein hoch gewachsener Mann mit einer Hakennase und dem Glitzern absoluter Überzeugung in den Augen, das man bei allen Zweiflern sah. »Ihr habt Euch Zeit gelassen. Ich bin Einor Saren, der Stellvertreter von Jaichim Carridin, der die Hand des Lichts in Tarabon befehligt.« Die Hand des Lichts – die Hand, die die Wahrheit herausquälte, sagte man. Sie hörten die Bezeichnung Zweifler nicht gern. »Es gibt im Dorf eine Brücke. Führt Eure Männer darüber. Wir werden uns in der Schenke unterhalten. Sie ist überraschend bequem eingerichtet.«
»Mir wurde vom Kommandeur aufgetragen, jede Entdeckung zu vermeiden.«
»Das Dorf wurde … befriedet. Führt nun Eure Männer weiter. Ich übernehme jetzt das Kommando. Ich habe Befehle mit dem Siegel des Kommandeurs, falls Ihr an der Berechtigung zweifelt.«
Bornhald unterdrückte das Grollen, das in ihm aufstieg. Befriedet. Er fragte sich, ob man die Leichen außerhalb des Dorfes aufgestapelt oder in den Fluss geworfen hatte. Das würde den Zweiflern ähnlich sehen: kaltschnäuzig genug, um der Geheimhaltung wegen ein ganzes Dorf zu ermorden, und dumm genug, die Leichen in den Fluss zu werfen, wo sie flussabwärts trieben und ihre Untat von Alcruna bis Tanchico hinausposaunten. »Was ich mich frage, ist, warum ich mit zweitausend Männern in Tarabon bin, Zweifler.«
Sarens Gesicht spannte sich, und seine Stimme klang wiederum hart und fordernd: »Das ist einfach, Lordhauptmann. Es gibt auf der Ebene von Almoth Städte und Dörfer, die niemanden über sich anerkennen außer ihrem Bürgermeister oder dem Dorfrat. Es ist höchste Zeit, dass sie zum Licht gebracht werden. Es wird an solchen Orten viele Schattenfreunde geben.«
Bornhalds Pferd stampfte auf. »Wollt Ihr damit sagen, Saren, dass ich eine ganze Legion heimlich durch den größten Teil Tarabons führen musste, nur um ein paar Schattenfreunde aus einigen schäbigen Dörfern herauszuholen?«
»Ihr seid hier, wie es Euch befohlen wurde, Bornhald. Um für das Licht zu arbeiten. Oder gleitet Ihr aus dem Licht hinaus?« Sarens Lächeln glich einer Grimasse. »Falls Ihr den Kampf sucht, könnt Ihr Gelegenheit dazu bekommen. Die Fremden haben eine große Streitmacht auf der Toman-Halbinsel, mehr Soldaten, als Tarabon und Arad Doman gemeinsam aufhalten können, auch wenn sie ihre ewigen Streitereien mal vergessen und zusammenstehen. Falls
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