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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Er musste sich nicht fragen, ob er gedämpft werden sollte, bevor noch der Tag vorüber war, oder gar noch Schlimmeres. Rand fühlte sich, als sei ihm etwas im Hals stecken geblieben; er konnte nicht schlucken, so sehr er sich auch bemühte.
    In den Korridoren herrschte reger Betrieb: Diener, die ihre morgendlichen Aufträge erfüllten, und Krieger, die über die Morgenmäntel Schwerter gegürtet hatten. Ein paar kleine Jungen mit Übungsschwertern in den Händen hielten sich dicht an den Erwachsenen, die sie begleiteten, und ahmten deren Gang nach. Kein Zeichen des Kampfes war mehr zu sehen, aber selbst die Kinder schienen wachsam. Die erwachsenen Männer wirkten wie Katzen, die auf ein Rudel Ratten warteten.
    Ingtar warf Rand und Lan einen eigenartigen Blick zu, fast besorgt, und öffnete den Mund, sagte aber nichts, als sie an ihm vorbeigingen. Kajin, groß und hager und blass, schwenkte die Fäuste über dem Kopf und rief: »Tai’shar Malkier! Tai’shar Manetheren!« Das wahre Blut von Malkier. Das wahre Blut von Manetheren.
    Rand fuhr zusammen. Licht, warum hat er das gesagt? Sei kein Narr , sagte er sich dann. Hier kennen alle Manetheren. Sie kennen jede alte Geschichte, falls darin Kämpfe vorkommen. Licht noch mal, ich muss mich zusammenreißen.
    Lan hob die Fäuste zur Antwort. »Tai’shar Shienar!«
    Falls er jetzt losrannte, könnte er dann lange genug in der Menge untertauchen, um sein Pferd zu erreichen? Wenn sie mir Kundschafter nachschickt … Mit jedem Schritt wuchs seine innere Anspannung.
    Als sie sich den Frauenquartieren näherten, bellte Lan plötzlich: »Die Katze läuft über den Hof!«
    Überrascht nahm Rand ganz instinktiv die Haltung beim Gehen ein, die ihm Lan beigebracht hatte, mit geradem Rücken, aber entspannten Muskeln, als hinge er mit dem Kopf an einem Draht. Es war ein entspanntes, beinahe überhebliches Schreiten. Entspannt allerdings nur äußerlich; innen sah es anders aus. Er hatte keine Zeit, sich seiner eigenen Haltung bewusst zu werden. Sie kamen im Gleichschritt um die letzte Ecke.
    Die Frauen am Eingang der Frauenquartiere blickten ruhig auf, als sie sich näherten. Einige saßen hinter schräg gekippten Tischen, blätterten in Folianten herum und machten gelegentlich Einträge. Andere strickten oder arbeiteten mit Nadeln und Stickhaken. Damen in Seide hielten hier Wache, genau wie livrierte Dienerinnen. Die großen Torflügel standen offen, lediglich von den Frauen bewacht. Mehr war nicht nötig. Kein Shienarer würde uneingeladen eintreten, aber jeder shienarische Mann war bereit, das Tor zu verteidigen, wenn es nötig war, aber die Notwendigkeit würde ihn erschrecken.
    Rands Magen brannte. Es stieß ihm sauer auf. Sie werden einen Blick auf unsere Schwerter werfen und uns wieder wegschicken. Aber das ist mir doch gerade recht, oder? Wenn sie uns wegschicken, kann ich vielleicht immer noch fliehen. Falls sie nicht die Wachen rufen. Er hielt sich an Lans Instruktionen wie an einen schwimmenden Ast in der Flut. Das war das Einzige, was ihn davon abhielt, sich umzudrehen und wegzurennen.
    Eine der Hofdamen Lady Amalisas, Nisura, eine Frau mit rundem Gesicht, legte ihr Stickzeug zur Seite und stand auf, als sie stehen blieben. Ihr Blick huschte über ihre Schwerter, und ihre Mundpartie spannte sich, doch sie sagte nichts. Alle Frauen hielten in ihren Tätigkeiten inne und beobachteten sie schweigend und gespannt. »Ehre Euch beiden«, sagte Nisura mit einem leichten Nicken. Sie sah Rand an, aber so flüchtig, dass er kaum sicher sein konnte, es wirklich bemerkt zu haben. Das erinnerte ihn an Perrins Worte. »Die Amyrlin erwartet Euch.« Sie machte eine Bewegung, und zwei andere Damen – keine Dienerinnen; man ehrte sie wirklich – traten vor, um sie zu begleiten. Die Frauen verbeugten sich eine Idee tiefer als vorher Nisura und bedeuteten ihnen, durch das Tor einzutreten. Beide sahen Rand aus den Augenwinkeln an, und dann beachteten sie ihn nicht weiter.
    Suchten sie nach uns allen oder nur nach mir? Warum nach uns allen?
    Drinnen erregten sie das von Rand erwartete Aufsehen – zwei Männer in den Frauenquartieren, wo Männer so selten zu sehen waren –, und ihre Schwerter verursachten einiges Stirnrunzeln, doch keine der Frauen sagte ein Wort. Hinter sich ließen die beiden Männer angeregte Unterhaltungen zurück, leises Gemurmel, zu leise, als dass Rand es hätte verstehen können. Lan schritt weiter, als bemerke er es nicht. Rand lief hinter ihren Begleiterinnen

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